Kult

Französisches Baguette soll immaterielles Kulturerbe der Unesco werden

Frankreichs Bäckerinnung fordert, dass auch das landestypische Weißbrot Baguette zum UNESCO-Kulturerbe erklärt wird. Unterstützung erhält sie aus dem Elysée-Palast.

Laut überlieferter Tradition sollten zwischen dem Kneten des Teigs und dem Backen mindestens 24 Stunden liegen. | © Pixabay/ Philippe Ramakers

Peter Heusch
29.03.2021 | 25.01.2022, 10:28

Paris. Schon seit die neapolitanische Pizza im Jahr 2017 zum UNESCO-Kulturerbe erklärt wurde, klagt Frankreichs Bäckerinnung auch für sein weltberühmtes Baguette einen solchen Ritterschlag ein. Wobei die Bäcker beinahe postwendend Unterstützung aus dem Elysée-Palast erhielten.

Niemand geringerer als Staatspräsident Emmanuel Macron beeilte sich, dem Stangenweißbrot seine Wertschätzung auszudrücken, dessen „Exzellenz" es unbedingt zu bewahren gelte. Allein das Kultusministerium war offenbar schwerer zu überzeugen, da immerhin vier Jahre ins Land gingen, bevor es nun endlich einen entsprechenden Antrag bei der Kulturorganisation der UNO einreichte.

Verwunderlich ist das schon, denn beinahe alle Franzosen sehen das Baguette als ein Kulturgut an, welches die internationale Anerkennung längst verdient hat. Und unsere Nachbarn haben Recht. Wenn die Kunst des Pizzabackens ebenso zum immateriellen Kulturerbe der Welt gehört wie der deutsche Orgelbau, warum dann nicht das Baguette-Backen? Zum einen ist das Stangenbrot in Frankreich mindestens so identitätsstiftend wie die Baskenmütze oder der Eiffelturm. Und zum zweiten braucht es tatsächlich jede Menge Liebe und Geduld, um das stangenförmige Weißbrot mit seiner krossen Kruste so hinzubekommen, wie es sich gehört.

Die Verwendung des richtigen Mehls ist unabdingbar

Laut überlieferter Tradition sollten zwischen dem Kneten des Teigs und dem Backen mindestens 24 Stunden liegen. Auch die Verwendung des richtigen Mehls ist unabdingbar. Nur das echte Französische vom Typ T65 kann jene Großporigkeit erzeugen, für die das Baguette bekannt ist. Außen superknusprig und innen so beschaffen, dass Butter und Konfitüre durch seine Löcher fallen, lautet die alles andere als einfach zu realisierende Formel für ein echtes Baguette.

Vor den Bäckereien, deren Meister diese Vorgaben besonders gekonnt zu erfüllen wissen, pflegen sich in Paris jeden Tag lange Schlangen zu bilden. Denn für ein wirklich gutes Baguette ist so mancher Franzose bereit, meilenweit zu gehen. Und dass sich selbst der Präsident für die Weißbrotstange in die Bresche warf, ist keineswegs verwunderlich. Schließlich weiß er sehr genau, wie gut ein ausgezeichnetes Baguette schmeckt. Jedes Jahr aufs Neue pflegt eine Jury das beste Baguette von Paris zu küren und dessen Bäcker fällt neben der enormen Ehre auch die Pflicht zu, dem Elysée-Palast zwölf Monate lang als Hoflieferant zu dienen.

Die UNESCO hat ihren Sitz in Paris

Den Damen und Herren bei der UNESCO, deren Sitz in Paris liegt und die zudem eine französische Generalsekretärin haben, dürfte klar sein, dass sie dem Baguette kaum die erwünschte Anerkennung verweigern können. Es stünde ihnen viel zu viel Ärger ins Haus.

Wie ungemütlich die Franzosen werden können, wenn es um ihr Baguette geht, weiß man spätestens, seit eine durch Missernten bedingte Mehlknappheit und drastisch steigende Brotpreise die Große Revolution lostraten. Ganz zu schweigen von der alten transalpinen Rivalität zwischen Franzosen und Italienern um den ersten Platz auf der Rangliste von Geschmack und Raffinesse. Die Pizza zum Kulturerbe erklären und das Baguette außen vor lassen – nein, das geht gar nicht!