Mögliche Komplikationen

Deutschland impft weiter mit Astrazeneca - Stopp in mehreren Ländern

Bei Geimpften traten Gerinnungsstörungen auf. Ob ein Zusammenhang mit der Impfung besteht, ist nicht abschließend geklärt. Die dänische Regierung spricht von einer reinen Vorsichtsmaßnahme.

Der Impfstoff AstraZeneca. | © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild

12.03.2021 | 12.03.2021, 12:39

Kopenhagen/Oslo (dpa/AFP/rtr). In Dänemark wird vorübergehend niemand mehr mit dem Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens Astrazeneca geimpft. Grund dafür seien Berichte über schwere Fälle von Blutgerinnseln bei Personen, die mit dem Mittel gegen Covid-19 geimpft worden seien, teilte die dänische Gesundheitsverwaltung am Donnerstag mit. Norwegen, Rumänien, Bulgarien und Island folgten der Entscheidung Dänemarks inzwischen.

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Die europäischen Arzneimittelbehörden hätten vor dem Hintergrund eine Untersuchung des Impfstoffes eingeleitet. Ein Bericht beziehe sich auf einen Todesfall in Dänemark. Man könne jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststellen, ob ein Zusammenhang zwischen dem Vakzin und den Blutgerinnseln bestehe.

Regierungschefin Mette Frederiksen bestätigte vor Reportern vor einem Krankenhaus im dänischen Herlev, dass die Verabreichung des Astrazeneca-Impfstoffes pausiert werde. Diese Nachricht sei ärgerlich, da man unheimlich abhängig davon sei, dass alle geimpft würden. Gesundheitsminister Magnus Heunicke sprach ebenso wie die Gesundheitsverwaltung von einer Vorsichtsmaßnahme. Die Vorfälle sollten gründlich untersucht werden, schrieb er auf Twitter.

Pause von 14 Tagen

Nach Behördenangaben wird der Stopp zunächst 14 Tage dauern, danach wird geschaut, wie es weitergeht. Es sei wichtig, zu unterstreichen, dass man den Astrazeneca-Impfstoff nicht ablehne, sondern die Verabreichung pausiere. Es sei gut dokumentiert, dass das Mittel sowohl sicher als auch effektiv sei. Man müsse jedoch auf Berichte zu möglichen ernsthaften Nebenwirkungen reagieren.

Im EU-Land Dänemark mit seinen gut 5,8 Millionen Einwohnern haben bislang rund 560.000 Menschen ihre erste Corona-Impfdosis erhalten, knapp 220.000 auch ihre zweite. Bisher haben etwa 142.000 Menschen ihren ersten Stich mit dem Astrazeneca-Stoff bekommen. Bei mehr als 70 Prozent der bislang verabreichten Impfungen kam das Vakzin von Pfizer/Biontech zum Einsatz, in 4 Prozent das von Moderna. Die Impfkampagne ist in Dänemark zügiger als in Deutschland und den meisten anderen Ländern Europas angelaufen.

Deutschland impft weiter

Anders als Dänemark, Norwegen und Island setzen Deutschland und weitere EU-Länder Impfungen mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca nicht aus. Bislang gebe es keine Hinweise, dass der Todesfall in Dänemark mit dem Covid-19-Impfstoff von Astrazeneca in kausaler Verbindung stehe, teilte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) am Donnerstagabend in Langen mit. Nach einer ersten Prüfung halte auch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) „an der positiven Bewertung des zugelassenen Astrazeneca-Impfstoffs fest", hieß es.

Der Impfstoff von Astrazeneca wird bisher in Deutschland seltener eingesetzt als der von Biontech/Pfizer. Der jüngste Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts zählte bis 26. Februar 363.645 Impfungen mit dem Produkt von Astrazeneca. Dem stehen 5,4 Millionen Impfungen mit dem Präparat von Biontech/Pfizer gegenüber. Noch seltener sind Impfungen mit dem Präparat von Moderna (168.189 Impfungen).

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte am Abend in Berlin: „Nach jetzigem Stand gibt es keinen Hinweis, dass der Todesfall in Dänemark mit einer Corona-Impfung in kausalem Zusammenhang steht." Man nehme die Sache sehr ernst, es bleibe aber dabei, dass „wir mit Astrazeneca weiter impfen wie die allermeisten anderen europäischen Länder auch".

Mediziner: Entscheidung kann mehr schaden als nutzen

Nach Ansicht von Mathias Pletz, Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene der Universität Jena, kann die Entscheidung der dänischen Behörden mehr schaden als nutzen. Blutgerinnsel, die vereinzelt nach der Corona-Impfung registriert wurden, kämen bei schwerkranken Covid-19-Patienten sehr häufig vor, sagte der Mediziner. Durch das Aussetzen der Impfungen in Dänemark sei es sehr wahrscheinlich, dass nun mehr Menschen an Covid-19 erkranken als ohne diese Entscheidung - und etwa fünf Prozent davon sicher auch schwer. So könnten folglich auch mehr Thrombosen entstehen.

„Die Entscheidung verursacht wahrscheinlich mehr Schaden, als dass sie potenzielle Impfkomplikationen verhindert, von denen wir derzeit nicht einmal wissen, ob es überhaupt Impfkomplikationen sind", sagte Pletz. Das sei eine unangemessene Nutzen-Risiko-Abwägung gewesen.

Pletz kommt wie auch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA zu dem Schluss, dass die Rate der Thrombosekranken nach einer Impfung mit dem Astrazeneca-Präparat dem spontanen Auftreten dieser Erkrankung in der Normalbevölkerung entspricht. Bis 10. März hat die EMA 30 Fälle von „thromboembolischen Ereignissen" bei fast fünf Millionen mit dem Astrazeneca-Vakzin geimpften Menschen registriert.

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Italien verbietet Impfung bestimmte Chargen

Die italienische Medizin-Aufsichtsbehörde Aifa kündigte an, die Verwendung bestimmter Chargen des Impfstoffs zu verbieten. Bei der Partie mit der Kennung ABV 2856 habe es einige ernstzunehmende negative Auswirkungen gegeben. Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, da noch kein Zusammenhang zwischen den Vorkommnissen und den Impfungen festgestellt werden konnte.

Österreich hatte am Montag die Impfungen mit einer bestimmten Charge des Astrazeneca-Impfstoffs gestoppt, nachdem eine 49-jährige Krankenpflegerin wenige Tage nach ihrer Impfung gestorben war. Bei der Frau waren ebenfalls schwere Gerinnungsstörungen aufgetreten. Vier andere EU-Länder - Estland, Litauen, Lettland und Luxemburg - stoppten daraufhin ebenfalls die Impfungen mit dieser Charge, die insgesamt rund eine Million Impfdosen umfasste und an 17 europäische Länder verschickt worden war.