Infektionsschutzgesetz

Beschlossen: Die meisten Corona-Regeln fallen weg

Viele Länder Europas haben die meisten Corona-Vorschriften fallen gelassen. Künftig soll es auch hierzulande nur noch Basisregeln geben.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit, wirft im Bundestag in nach der Debatte zum Infektionsschutzgesetz seine Stimmkarte ein. | © dpa

18.03.2022 | 18.03.2022, 17:42

Berlin. Der Bundestag hat am Freitag dem neuen Infektionsschutzgesetz zugestimmt, mit dem die meisten Corona-Beschränkungen im öffentlichen Leben wegfallen sollen. Für die Vorlage der Ampel-Koalition stimmten 388 Abgeordnete, 277 waren dagegen, es gab zwei Enthaltungen. Am Nachmittag ließ der Bundesrat in einer Sondersitzung das Gesetz passieren.

Die neue Rechtsgrundlage soll von diesem Sonntag an gelten, da die jetzige am Samstag endet. Zahlreiche Bundesländer wollen aber noch eine vorgesehene Übergangsfrist nutzen und aktuell geltende Schutzregeln bis zum 2. April aufrechterhalten.

Zu den im neuen Gesetz vorgesehenen Basisregeln gehören zum Schutz besonders verletzlicher Menschen Tests und eine Maskenpflicht etwa in Pflegeheimen, Kliniken und Arztpraxen, nicht länger aber in Schulen, in Geschäften oder Innenräumen. Die Maskenpflicht im öffentlichen Personennah- und -fernverkehr bleibt in Kraft.

Für Gebiete, in denen sich eine gefährliche Corona-Variante ausbreitet oder in denen durch hohe Infektionszahlen eine Überlastung des Gesundheitswesens droht (Hotspots), können die Länderparlamente schärfere Regeln beschließen. Dazu zählen die bekannten 3G- und 2G-Nachweispflichten, erweiterte Maskenpflichten sowie Abstands- und Hygieneregeln - aber beispielsweise keine Begrenzung der Personenzahl für Veranstaltungen und auch keine Kontaktbeschränkungen mehr. Ein Hotspot kann auch ein ganzes Bundesland sein.

Auch am Arbeitsplatz werden die Regeln gelockert. Die 3G-Regel fällt weg. Betriebe können weiter das Tragen von Masken festlegen, müssen aber nicht mehr verpflichtend Corona-Tests zur Verfügung stellen und Homeoffice ermöglichen.

NRW entscheidet noch am Freitag

Die nordrhein-westfälische Landesregierung will noch am Freitag den weiteren Kurs bei den Corona-Auflagen abstecken. Zentral ist für NRW vor allem die Frage, ob die Maskenpflicht in Innenräumen und damit auch in Schulen verlängert wird.

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte sich für das Beibehalten der Maskenpflicht an Schulen bis zu den Osterferien ausgesprochen. Der letzte Schultag vor den Osterferien in NRW ist der 8. April. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte angekündigt, in den nächsten Wochen solle ein „behutsamer" Weg zurück in die Normalität verfolgt werden. Die FDP-Politikerin führte den Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) an. Demnach sollen spätestens bis Mai die Corona-Einschränkungen an den Schulen aufgehoben werden - Masken und Tests eingeschlossen.

"Gesetz erzeugt ein Wirrwarr"

Die Union im Bundestag forderte die Koalition zu Nachbesserungen am neuen Infektionsschutzgesetz aufgefordert. "Das Gesetz erzeugt ein Wirrwarr", sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge am Freitag im Bundestag. Die darin festgeschriebene Hotspot-Regelung sei zu unklar definiert, "die Bundesländer wissen nicht, wie sie das umsetzen sollen", sagte Sorge. "Das ist ein Chaos mit Ansage." Die Koalition müsse "dringend nacharbeiten", um Rechtssicherheit zu schaffen. Die Vorlage sei "handwerklich schlecht gemacht", kritisierte Sorge.

Kritik an der Vorlage kam auch von den Oppositionsfraktionen Linke und AfD. Die Koalition treibe Gesetze "im Schweinsgalopp" durch das Parlament, die handwerklich schlecht gemacht seien, sagte die Linken-Abgeordnete Susanne Ferschl. Angesichts der neuen Rekordwerte bei den Infektionen sende das Gesetz das falsche Signal: "Bei Höchstständen lockert man doch nicht von 100 auf nahezu null", sagte Ferschl. Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bedeute das Gesetz eine "politische Bankrotterklärung". Die AfD-Abgeordnete Christina Baum bemängelte rechtliche Unklarheiten in der Vorlage - und zog daraus den Schluss: "Die Corona-Maßnahmen müssen komplett vom Tisch."

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verteidigte die rechtlichen Neuregelungen. Es handele sich um einen „schweren Kompromiss", sagte der SPD-Politiker im Bundestag."Das ist nicht Freiheit gegen Vorsicht", betonte der Minister. Die Neuregelung gewährleiste vielmehr, "dass wir überhaupt noch zielgerichtet reagieren können". In seiner mehrfach von Zwischenrufen unterbrochenen Rede wandte sich Lauterbach erneut gegen eine generelle Abkehr von allen Corona-Maßnahmen. "Wir haben viel geschafft, aber wir sind noch nicht an einem Punkt, wo wir schon von einem Freedom Day sprechen können."

Der Änderung des Infektionsschutzgesetzes waren Spannungen innerhalb der Koalition vorausgegangen: Die FDP hatte darauf bestanden, künftig möglichst wenige Eingriffe im öffentlichen Leben im Namen der Pandemiebekämpfung zuzulassen. (dpa/AFP/epd)