Berlin (AFP). Die Zeit wird knapp im Deutschen Bundestag: Bis zur Bundestagswahl am 23. Februar wollen die Fraktionen noch einige Gesetze verabschieden. Allerdings tritt das Parlament bis zur Wahl nur noch zu insgesamt drei Plenarsitzungs-Wochen zusammen – und nur bei solchen Plenarsitzungen sind Gesetzesbeschlüsse möglich. Die Bundesregierung verfügt nach dem Ampel-Aus über keine Mehrheit mehr. Es folgt ein Überblick über die anstehenden Vorhaben:
Finanzielle Erleichterungen
Finden die Ampel-Fraktionen im Bundestag noch einmal für einen gemeinsamen Gesetzesbeschluss zusammen? Denkbar wäre dies bei einer Vorlage, die für die Bürgerinnen und Bürger willkommene Erleichterungen bringen soll: mehr Kindergeld, ein höherer Kinderfreibetrag, Steuererleichterungen durch ein Abschmelzen der sogenannten kalten Progression.
Festgeschrieben sind diese Maßnahmen im Steuerfortentwicklungsgesetz, das bereits im Sommer vom damaligen Ampel-Bundeskabinett beschlossen wurde. FDP-Chef Lindner will die früheren Koalitionspartner SPD und Grüne dazu bewegen, das Gesetz im Dezember zu verabschieden, damit es zum 1. Januar in Kraft treten kann. Auf CDU/CSU als Mehrheitsbeschafferin kann er dabei nicht setzen: Die Union will solche Erleichterungen erst nach der Wahl rückwirkend zum Jahresbeginn verabschieden.
Schutz des Bundesverfassungsgerichts
Ziemlich sicher scheint, dass der Bundestag vor der Neuwahl noch eine Grundgesetzänderung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts verabschiedet. Angesichts von Befürchtungen vor einer Aushöhlung von Demokratie und Rechtsstaat hatten sich die früheren Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP bereits mit der Union auf eine bessere Absicherung des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz verständigt. Damit wäre die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag gesichert. Da die Möglichkeit besteht, dass AfD und BSW nach den Wahlen eine Sperrminorität haben, wäre eine Verabschiedung davor womöglich die letzte Möglichkeit zum besseren Schutz des Gerichts.
Stärkung der Wirtschaft
Im Sommer hatte sich die damalige „Ampel“ auf ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Wirtschaft verständigt. Viele der 49 Punkte sind aber noch nicht im Bundestag verabschiedet, unter anderem die Aussetzung des Lieferkettengesetzes. Hierfür könnte sich noch eine Mehrheit finden: Die CDU/CSU-Fraktion würde eine Aussetzung des Gesetzes unterstützen, die FDP ist sowieso dafür, und auch in Teilen von SPD und Grünen gibt es Unterstützung. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen zur Prüfung von Menschenrechts- und Umweltverstößen entlang ihrer Lieferkette. Die Wirtschaft beklagt hohen bürokratischen Aufwand. Bei weiteren Gesetzen aus dem Wachstumspaket – etwa bei dem am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Zukunftsfinanzierungsgesetz – ist eine Zustimmung des Bundestags offen.
Was könnte der Bundestag sonst noch beschließen?
Die FDP will einen Antrag zur Abstimmung stellen, der die Bundesregierung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine auffordert. Rechnerisch könnte es im Bundestag eine Mehrheit dafür geben – mit den Stimmen von Union, Grünen und FDP. Die SPD ist allerdings dagegen, und es dürfte zu bezweifeln sein, dass die Grünen gegen den größeren Koalitionspartner stimmen.
Zudem könnte der Bundestag noch über zwei fraktionsübergreifende Anträge abstimmen: Einer sieht die Entkriminalisierung von Abtreibungen durch eine Abschaffung des Strafrechtsparagrafen 218 vor, der andere die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD. Die Initiatorinnen und Initiatoren beider Anträge machen Tempo – auch weil davon auszugehen ist, dass im künftigen Bundestag nach der Neuwahl weniger Abgeordnete sitzen werden, die diese Anliegen unterstützen.
Was wird auf der Strecke bleiben?
Keine Chance mehr haben die großen sozialpolitischen Reformvorhaben der „Ampel“ – die vor allem von den Grünen vorangetriebene Kindergrundsicherung sowie das Rentenpaket II, mit dem die Bundesregierung langfristig ein höheres Rentenniveau festlegen will. Die FDP hatte bereits in der Ampel-Koalition beide Projekte ausgebremst – unter anderem wegen befürchteter hoher Kosten. Und die Union ist auch nicht bereit, diesen Vorhaben zu einer Mehrheit im Bundestag zu verhelfen.