Meinung

6.800 Industrie-Jobs weg – OWL steckt mitten im Strukturwandel

Die deutsche Industrie – und mit ihr OWL – steht vor einer grundlegenden Neuordnung: Digitalisierung, Automatisierung, Fachkräftemangel und globale Lieferketten. All das verändert die Spielregeln, kommentiert unsere Autorin Andrea Rolfes.

In der Wirtschaft in OWL kriselt es weiter. Vor allem Industrie und Handel verzeichnen einen Negativtrend beim Konjunkturklima. | © picture alliance / dpa

Andrea Rolfes
31.10.2025 | 31.10.2025, 09:55

Bielefeld. Die Lage ist besorgniserregend. Ostwestfalen-Lippes Industrie steht unter Druck wie seit Jahren nicht mehr. Sinkende Umsätze, fehlende Aufträge, Kurzarbeit, Insolvenzen. Innerhalb von zwei Jahren sind laut IHK OWL fast 6.800 Industriearbeitsplätze verloren gegangen – das ist fast jeder 25. Arbeitsplatz in der Produktion.

Eine Region, die über Jahrzehnte von der Industrie geprägt wurde, verändert sich schleichend. Menschen, die ihren Job in der Industrie verloren haben, finden häufig schnell neue Arbeit – allerdings nicht mehr in der Industrie, sondern in anderen Branchen. Die Arbeitsagentur spricht von einer hohen Dynamik am Arbeitsmarkt.

Besonders stark wächst der Bereich Gesundheit, Pflege, Soziales und Bildung. Diese Jobs sind jedoch häufig schlechter bezahlt. Die Ursachen für die Krise der deutschen Industrie sind komplex. Fehlende Aufträge, steigende Kosten, Handelsstreit und eine schwache Nachfrage gehören dazu.

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Was hier in OWL passiert, ist mehr als eine Konjunkturdelle

Und die Konjunktur, die so lange stagnierte, zeigt noch keine klare Trendwende. Zwar spricht der Chefvolkswirt Robin Winkler von ersten Anzeichen einer Stabilisierung der deutschen Wirtschaft – aber die Industrie in OWL spürt davon bisher wenig.

Dennoch wäre es zu einfach, die aktuelle Krise als reinen Abschwung zu deuten. Was hier passiert, ist mehr als eine Konjunkturdelle. Es ist ein Strukturwandel. Die deutsche Industrie – und mit ihr OWL – steht vor einer grundlegenden Neuordnung: Digitalisierung, Automatisierung, Fachkräftemangel, globale Lieferketten, der demografische Wandel. All das verändert die Spielregeln.

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Aber es gibt Hoffnung. Sie liegt in der Fähigkeit der Unternehmen, sich neu zu erfinden. Die Region kann Wandel – wenn sie will. Netzwerke wie „it’s OWL“ zeigen, was möglich ist: Über 200 Partner arbeiten zusammen. Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen ziehen an einem Strang. Sie entwickeln KI-Lösungen für den Mittelstand, bringen Automatisierung und Digitalisierung in die Werkhallen, schaffen Wissenstransfer. Das ist Zukunft, made in OWL.

Region OWL hat Stärken, auf die sie bauen kann

Vieles hängt dennoch von der politischen Weichenstellung ab. Es braucht schnellere Genehmigungen und insgesamt weniger Bürokratie. An der ein oder anderen Stelle gelingen bereits gezielte Investitionsanreize. Die staatlichen Ausgaben dürften nun von Monat zu Monat kontinuierlich steigen. Das impliziert einen entschlossenen Ausbau der Infrastruktur.

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Trotzdem deutet einiges darauf hin, dass es noch etwas mehr Zeit braucht, bis die staatlichen Sondervermögen ihre Wirkung auf die Wirtschaft voll entfalten werden – wenn sie es denn wirklich tun. Aber die Region hat Stärken, auf die sie bauen kann.