
Die Welt hat am Wochenende mächtige Bilder aus den USA gesehen. Und sie stammten diesmal nicht aus dem Weißen Haus, sondern von Millionen friedlichen Demonstranten. Sie wollen Donald Trumps autoritären Trip nicht mitmachen. Nicht seinen menschenfeindlichen Umgang mit Migranten. Nicht seine Angriffe auf Medien und Justiz. Nicht die Entsendung der Nationalgarde in demokratische Hochburgen zum Zwecke der Einschüchterung. Hier zeigt sich das gute Amerika.
Hoffnungslose Optimisten und bedenkenlose Verharmloser hatten ja vor Trumps zweiter Machtübernahme gesagt, dass es so schlimm nicht kommen werde. Sie hatten auf seine erste Amtszeit verwiesen. Auch hatte es geheißen, dass die USA eine gefestigte Demokratie seien. Dabei war offenkundig, dass der Präsident diesmal sehr viel konkretere Pläne zur Schwächung, wenn nicht Beseitigung der Demokratie hatte.
In den letzten Monaten zeigte sich dann, dass Trump Ernst macht. Und dass die Institutionen nur so stark sind wie die Menschen, die sie tragen. Starke Menschen hat man hingegen lediglich vereinzelt gesehen. Weitaus sichtbarer war der erschreckende Opportunismus vieler Akteure in der Politik und noch mehr unter den Tech-Giganten der Wirtschaft. Selbst Menschen, die sich Widerspruch im wortwörtlichen Sinne „leisten“ könnten, haben darauf verzichtet. Das ist eine erschreckende Lehre über die USA hinaus. Der autoritäre Kurs hat auch außenpolitisch längst Folgen. Im Oval Office werden bloß noch Staatsoberhäupter oder Regierungschefs gehört, die Trump kein Kontra mehr geben.
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Trump höhlt die Institutionen jeden Tag weiter aus
Tatsächlich ist das, was wir in den USA erleben, noch kein Putsch im eigentlichen Sinne. Wir sehen ein allerdings unübersehbar schnelles Hinübergleiten in autoritäre Verhältnisse. Trumps Vorgehen ähnelt dem Viktor Orbáns in Ungarn und auch dem Wladimir Putins, der ebenfalls nicht von heute auf morgen zu dem Herrscher Russlands wurde, der er heute ist. Die Fassaden der Institutionen in den USA stehen noch. Doch der Präsident höhlt sie jeden Tag weiter aus, mit dem einen Ziel: seine Macht und die seiner Nachfolger dauerhaft zu zementieren.
Die Chancen der Protestbewegung sind so schlecht nicht. Zuletzt lehnten fast 53 Prozent der Bürger den Kurs des US-Präsidenten ab. Freilich wird es auch höchste Zeit. Die Midterms im Herbst 2026 könnten bereits eine Art Vorentscheidung bringen, ob Trump noch zu stoppen ist. Der Widerstand muss nachhaltig organisiert sein und Zustände verhindern helfen, in denen abweichende Meinungen zur individuellen Mutprobe werden.
Europa muss Haltung zeigen
Zugleich ist Entschlossenheit der Demokratischen Partei essenziell. Und schließlich sollten demokratische Regierungen in Europa zu erkennen geben, dass sie Trumps Geisteshaltung nicht teilen. Am Ende wird der demokratische Westen die autoritäre Herausforderung nämlich insgesamt überleben. Oder gar nicht.