
Viele Deutsche neigen dazu, Donald Trump alles zuzutrauen – nur nichts Gutes. Entsprechend skeptisch fielen die Reaktionen aus, als der US-Präsident vor einer Woche seinen Friedensplan für Gaza ausrief - neben sich den israelischen Premier Benjamin Netanjahu, der wirkte, als habe er mit seiner Zustimmung vor allem Zeit gewinnen und seinen wichtigsten Verbündeten bei Laune halten wollen.
Schon allein, weil niemand die Hamas als Vertreter der Gegenseite eingebunden hatte, gaben viele Experten Trumps 20-Punkte-Plan kaum Chancen - und werden nun eines Besseren belehrt.
So müssen selbst Trumps Kritiker einräumen, dass ihm dieses Mal ein großer Wurf gelungen ist - und zwar nicht trotz, sondern wegen seines Bulldozer-artigen Vorgehens. Oft genug rief er sich selbst zum Friedensstifter aus, der schon unzählige Kriege beendet haben will - und dabei mitunter Albanien und Armenien verwechselt.
Trumps unkonventioneller Plan könnte zum Ziel führen
Oft genug setzte er darauf, dass allein durch seine Proklamation die Waffen schweigen - und wollte dabei Bedingungen diktieren, an die sich dann doch keiner hielt. Bestes Beispiel dafür ist sein gescheiterter Versuch, den Ukraine-Krieg zu beenden, indem er die Ukraine zur Gebietsaufgabe und Putin zu Verhandlungen zwingen wollte.
Nun aber zeigt sich, dass im Fall von Gaza gerade Trumps unkonventioneller, undiplomatischer und in weiten Teilen unausgegorener Aktionismus zum Ziel führen könnte: Gerade weil sein „Plan“ offen lässt, wie die Hamas entwaffnet werden und wann sich Israel wie weit zurückzieht, konnten ihm beide zustimmen.
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Skeptiker mögen warnen, dass ein Frieden daran nach wie vor scheitern kann. Aber der Prozess hat so viel Dynamik aufgenommen und so viel Jubel in der israelischen wie der palästinensischen Bevölkerung ausgelöst, dass weder Netanjahu, noch die Hamas einfach so umkehren können.
Setzt sich künftig das Recht des Stärkeren durch?
Das wirft die Frage auf, wie sich der Trumpsche Friedensdeal auf die Weltpolitik auswirkt: Beschleunigt er den Trend, dass sich das Recht des Stärkeren durchsetzt? Muss die Welt einsehen, dass alle ihre multilateralen Gremien zahnlose Tiger sind, wenn nicht eine Supermacht wie Amerika eingreift? Ja und nein.
Gaza ist ein Sonderfall. Hier ging Trumps Taktik auf, weil sich beide Kriegsparteien in eine Sackgasse manövriert hatten. Sie brauchten einen gesichtswahrenden Ausstieg aus Kämpfen, von denen keiner sagen konnte, wohin sie führen sollten.
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Die Hamas stimmte auch zu, weil die USA arabische Vermittler wie Ägypten und Katar eingebunden hatten, die ihrerseits den Druck erhöhten. Und Netanjahu konnte auf Trumps Sturheit verweisen, um sich gegen die Friedensgegner im eigenen Kabinett durchzusetzen.
Im Ukraine-Krieg gibt es weder so einflussreiche Regionalmächte wie in Nahost, noch baut Trump einen vergleichbaren Druck auf Putin auf. Die „Superpower“, die Russland zum Einlenken bringen könnte, ist bislang vor allem China.
Insofern hat sich auf der Weltbühne nicht viel geändert: Mehr als auf die Vereinten Nationen kommt es noch immer auf die Weltmächte im UN-Sicherheitsrat an - die mal mehr, meist aber weniger konstruktiv am Weltfrieden arbeiten.
Nicht zur Wiederholung empfohlen ist aber die Rolle, die Europa in Gaza spielte: gar keine. Das mag in diesem Fall nachvollziehbar sein, weil Deutschland aus historischen Gründen gegenüber Israel tatsächlich anders agieren sollte als Großbritannien und Frankreich. Dennoch muss die Lehre für die Europäer sein, künftig beherzt und geschlossen zu agieren - zunächst vielleicht, indem sie China, aber auch die USA davon überzeugen, ihre Macht auch gegenüber Russland friedensstiftend einzusetzen.