
Schon der Beginn des Besuches von Bundeskanzler Friedrich Merz bei US-Präsident Trump geriet rumpelig. Kaum nach langer Anreise mitten in der Nacht (Ortszeit) im Gästehaus des Präsidenten mit Plüschsesseln und Himmelbett in unmittelbarer Nähe zum Weißen Haus angekommen, wurden der Kanzler und seine Begleitung überrascht.
Die Amerikaner haben das Programm umgeworfen. Merz musste zuerst vor Trump und Journalisten im Oval Office antanzen, statt zuvor mit dem Präsidenten zu Mittag zu speisen und ihn dabei näher kennenzulernen. Eigentlich sollten vorher unter vier Augen die heiklen Punkte angesprochen werden: Ukraine-Krieg, Nato-Ausgaben und Zukunft des Bündnisses, Handelsstreit.
Was hat das nun wieder zu bedeuten? Eine Verhandlungsfinte? Das fragte man sich in der deutschen Delegation. Hatte Trump zuvor doch andere Gäste vor laufenden Kameras im Oval Office wiederholt schwer brüskiert.
Merz bei Trump: Nicht so schlimm wie erwartet
Es wurde dann für Merz doch nicht so schlimm wie von der deutschen Entourage befürchtet. Schließlich hatte Merz sich vorgenommen, dem Amerikaner selbstbewusst entgegenzutreten. Das ist ihm nur halbwegs gelungen, wenn er öffentlich auch wie ein eingeschüchterter kleiner Junge daneben saß und dem schwer zu ertragenden Selbstlob Trumps lauschte.
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Der beschrieb mit bemerkenswerter Schlichtheit den Ukraine-Krieg. Putin und Wolodymyr Selenskyj seien wie kleine Jungs, die sich prügelten. Einig waren sich Trump und sein Gast immerhin darin, dass der Krieg „furchtbar“ und „schlimm“ sei, wie sie sich gegenseitig versicherten. Was denn sonst? Vielleicht war der Bundeskanzler einfach nur froh, dass er nicht so abgekanzelt wurde wie andere. Insgesamt ein gutes Einvernehmen sogar mit typisch männlicher Frotzelei scheint da schon ein Erfolg.
Treffen zwischen Merz und Trump nicht überbewerten
Merz machte jedoch zwei Punkte, mit denen er Trump locken wollte. Er erinnerte an den D-Day, in dessen Folge die USA Deutschland von der Nazi-Diktatur befreiten. Und er bat geschickt darum, dass Trump als Schlüssel zur Friedenslösung in der Ukraine an der Seite Europas bleiben möge.
Alles fein, eine erfolgreiche Reise von Merz also? Abwarten. Man sollte auf die Gespräche und Vereinbarungen mit Trump nicht allzu viel geben. Denn am kommenden Tag hat der es sich wieder anders überlegt. Mit dem Republikaner zu verhandeln, muss wie wandern auf Treibsand sein. Niemand weiß, wo er einsackt und was wirklich gilt.
Freude über ein gutes Verhandlungsergebnis ist genauso wenig angebracht, wie Ärger über ein schlechtes. Nichts Genaues weiß man nicht. Für langfristige, verlässliche Beziehungen lassen bei Trump solche Treffen keine Rückschlüsse zu.