Seit Jahren leben wir in Deutschland mit der mal mehr und mal weniger realen Gefahr von Terroranschlägen. Und trotzdem ist seit den Taten in Magdeburg, Aschaffenburg, München und Mannheim alles noch mal anders. Die reine Zahl der Anschläge innerhalb weniger Wochen hat die „Jetzt-erst-recht“-Mentalität bei vielen, die dem Terror und der Angst in ihrem Alltagsleben bisher keinen Platz einräumen wollten, zum Wanken gebracht.
Natürlich darf es so weit nicht kommen und natürlich gibt es nie eine 100-prozentige Sicherheit im Leben. Aber genau diese Floskeln, die man derzeit überall hört, helfen nicht, wenn das Sicherheitsgefühl ohnehin erschüttert ist. Zumal es sehr konkrete und dezidierte Schutzkonzepte gibt, von denen Experten klar sagen: Das reicht an 100-prozentigen Schutz dicht heran, ohne das gesellschaftliche, freie Leben zu lähmen.
Es ist wichtig, diese Möglichkeiten genau auszuloten und auch gut zu kommunizieren. Denn aktuell steht nicht nur das Sicherheitsgefühl in der Öffentlichkeit auf dem Spiel. Sondern auch das, was das Leben in den Städten lebenswert macht: belebte Fußgängerzonen, traditionsreiche Volksfeste, Brauchtum wie Schützenfeste und Karnevalsumzüge. Es geht um Lebensqualität und Kultur.
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OWL-Kommunen mit Kosten überfordert
Hier zeichnet sich ein riesiges Dilemma ab: Verschärfen die Städte die Sicherheitsvorkehrungen, erfordert das Investitionen, die sich vor allem kleinere Kommunen schlicht nicht leisten können. Die Städte Lage und Leopoldshöhe zeigen, wie schnell das gehen kann. In Lage musste die Frühjahrskirmes einem mit hohem Engagement erstellten Ersatzevent weichen. In Leopoldshöhe stehen sämtliche Veranstaltungen auf dem Spiel, weil der Hauptveranstaltungsort, der Marktplatz, aus Sicherheitsgründen nicht mehr infrage kommt.
Verschärfen die Städte die Sicherheitsvorkehrungen aber nicht, und erhöhen Sicherheitslücken sogar das Risiko, dass sich Mannheim oder Magdeburg wiederholen, werden Großveranstaltungen, Demos oder Einkaufsbummel seltener besucht werden. Das liegt am schwindenden Sicherheitsgefühl der Bevölkerung.
Dieser Spagat ist eine Herausforderung, bei der das Land NRW die Kommunen nicht im Stich lassen darf. Genau danach sieht es gerade aber aus. Der vorliegende „Orientierungsrahmen“ des Innenministeriums bietet derzeit wenig Orientierung, weil man ganz bewusst darauf verzichtet hat, ihn an die jüngsten Ereignisse anzupassen. Das sorgt für große Unsicherheit bei den Verantwortlichen in den Kommunen, was nur allzu verständlich ist: Wer wollte sich schließlich als Stadtoberhaupt in der aktuellen Lage bei einem Anschlag nachsagen lassen, er habe fahrlässig gehandelt und wichtige Sicherheitsmaßnahmen außer Acht gelassen?