
In der Union passiert derzeit etwas Erstaunliches: Trotz der Stärke in den Umfragen, trotz der hohen Wahrscheinlichkeit eines Kanzlers Friedrich Merz, und trotz der Erfahrungen aus 2021 machen die Parteiführungen von CDU und CSU viele Fehler. Ohne Not.
Dazu gehört das Gezerre um Koalitionsoptionen nach einem möglichen Wahlsieg. In der Union vergeht kaum ein Tag, an dem nicht über ein schwarz-grünes Bündnis gestritten wird. Angezettelt wird der Streit stets von einem: CSU-Chef Markus Söder. Geradezu obsessiv schließt er ein solches Bündnis aus und stört damit den Wahlkampf von Merz. Vielleicht will der bayerische Ministerpräsident so Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger den Wind aus den Segeln nehmen. Vielleicht will er aber auch seinem Ärger Luft machen, dass er nicht Spitzenkandidat geworden ist – wie vor drei Jahren mit Armin Laschet. „Markus, das machst du mit mir nicht“, soll Merz zu Söder gesagt haben. Es hat offensichtlich nur bedingt gefruchtet. Gefährlich ist, dass der CDU-Mann sich von Söder treiben lässt.
Selbst ein Treffen von Merz mit der Grünen-Spitze wurde abgesagt – CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann dementierte diesen Termin so vehement, als handele es sich um ein Date mit dem Teufel. Wohl aus Angst vor der CSU und dem rechten CDU-Parteiflügel. Mit der Wagenknecht-Partei in Thüringen koalieren wollen, aber einen Austausch mit den Grünen empört von sich weisen? Hier verrutscht etwas. Die Union riskiert Zustimmung in der politischen Mitte, wenn sie diesen Kurs fortsetzt.
Der Union fehlt ein Plan für Inhalte
Was bei diesem parteiinternen Streit zu kurz kommt, ist vor allem eines: die Konzentration auf Inhalte. Während andere Parteien bereits ihre Wahlprogramme vorstellen, gibt es bei der Union viele Fragezeichen. Nächste Woche will sie ihr Programm vorstellen. Selbst die eigenen Parteifreunde erwarten keinen großen Wurf.
Bundestagswahl 2025: Alle Informationen auf unserer Themenseite
Hinzu kommt, dass es Merz in den vergangenen Wochen an Klarheit gefehlt hat. Außenpolitische Ankündigungen nahm er beim ersten Gegenwind aus der SPD – man sollte eher von Gegenwindchen sprechen – wieder zurück. Beispiel Taurus-Ultimatum: Im Bundestag schlug er vor, Wladimir Putin 24 Stunden Zeit zu geben, die ukrainische Zivilbevölkerung nicht mehr zu bombardieren. Andernfalls müssten Taurus-Marschflugkörper geliefert werden. Dann bestritt er, ein solches Ultimatum in den Raum gestellt zu haben – nachdem Kanzler Scholz ihn einen „Heißsporn“ genannt hatte. Da hilft auch ein Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew nicht, den Merz als Zeichen der Solidarität verstanden wissen will, der aber wenig Bedeutung hat, wenn er weiter schlingert.
Dass die Union die Bundestagswahl gewinnt, ist weiterhin wahrscheinlich. Aber es geht auch um das Wie. Bei einem schwachen Ergebnis müsste die CDU einen vierten Partner dazu nehmen. Die Christsozialen sind als dritter Partner quasi inbegriffen – und wie viel Ärger das bedeuten kann, muss Merz gerade erfahren.