
Am Ende ging es dann doch schnell: Nach zweijährigem Abwägen und Kopfwiegen hat die Politik zuletzt Tempo gemacht. Nun steht das Gerüst für den Umbau des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – weg vom wuchernden, schwergängigen Koloss, hin zu einem auf seinen Kern konzentrierten, digitalen Dienstleister der Gesellschaft.
Der neue Reformstaatsvertrag hält sich nicht lange mit Kosmetik auf. Er birgt schmerzhafte Zumutungen für die 28.000 Mitarbeiter von ARD und ZDF. Weniger TV-Spartensender, weniger Radioprogramme, weniger Geld für Sportrechte. Nichts davon aber ist unzumutbar.
Gewiss ist es ärgerlich, dass bei den Spartensendern jene Themenbereiche überdurchschnittlich bluten mussten, die traditionell die schwächste Lobby haben: Bildung und Kultur. Das klingt wie ein Widerspruch zum öffentlich-rechtlichen Auftrag. Statt etwa ein Drittes Programm zu streichen, setzten die Ministerpräsidenten bei den Doku- und Infokanälen an. Dabei gibt es keinen vernünftigen Grund, den Saarländischen Rundfunk nicht mit dem SWR zu fusionieren oder Radio Bremen mit dem NDR.
Es tun sich auch neue Räume auf
Aber so ehrlich muss man sein: Die Erfüllung des Bildungsauftrags steht und fällt nicht mit der Existenz linearer Zwergkanäle. Es tun sich auch neue Räume auf. Man darf als Zuschauer ja mal träumen von einem üppigen Angebot hochwertiger Kultur- und Wissenschaftsberichte in einer clever gestalteten gemeinsamen Mediathek von ARD und ZDF. Für 3sat gab es eine Gnadenfrist. Die Fusion mit Arte ist aber nicht vom Tisch.
Die Sender befürchteten, dass mit dem neuen Staatsvertrag das Verbot der „Presseähnlichkeit“ auch auf Instagram- oder Tiktok-Beiträge ausgeweitet werden solle. Social Media aber ist das wichtigste Kontaktmittel zur jungen Generation. Genau aus diesem Grund verzichteten die Ministerpräsidenten auf strengere Regeln.
Sender haben ein Legitimationsproblem
Es ist ja eine seltsame Gemengelage im schwelenden Mehrfrontenkampf um die öffentlich-rechtliche Zukunft: Die Glaubwürdigkeitswerte für ARD und ZDF sind hoch, das Misstrauen in Sachen Sparsamkeit und Demut aber ebenso. Seit Jahren schon haben die Sender ein Legitimationsproblem – vor allem wegen unzähliger kleiner und großer Skandale und einer gewissen Reformbockigkeit.
Dass der Rundfunkbeitrag (vorerst) nicht steigt, ist richtig. Eine Erhöhung ist gesellschaftlich kaum vermittelbar. ARD und ZDF haben nun Klarheit, nach welchen Maßstäben sie sich selbst reformieren können. Gewiss wird das Geld kosten. Und Spareffekte werden nicht sofort eintreten.
Die Angst um den Bildungs- und Kulturstandort Deutschland aber ist übertrieben. Es sollte doch möglich sein, mit gut neun Milliarden Euro im Jahr einen zukunftsfesten, sympathischen, schlankeren (und langfristig dadurch günstigeren) öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu organisieren.