Kommentar

Wirtschaftspolitik der Ampel: Die Bazooka wurde zur Konfetti-Kanone

Wenn es je Gemeinsamkeiten innerhalb der Ampel gegeben hat, sind die komplett aufgebraucht. Das zeigt sich bestens in der Wirtschaftspolitik, sagt unser Autor.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte einst die Bazooka ins Spiel gebracht. | © picture alliance/dpa/POOL AFP

Carsten Heil
25.10.2024 | 25.10.2024, 15:50

Die Bundesregierung ist in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Körperlich und – was schlimmer ist – inhaltlich und strategisch. Finanzminister Christian Lindner (FDP) weilte dieser Tage in den USA, Kanzler Olaf Scholz (SPD) und etliche Mitglieder des Kabinetts sind in Indien zu gemeinsamen Regierungskonsultationen mit den Indern. Immerhin soll es dort auch um Wirtschaftsbeziehungen gehen. Auf dem Subkontinent mit dabei: Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Damit sind auch schon die für Wirtschafts- und Industriepolitik Verantwortlichen der Bundesregierung benannt.

Die körperliche Entfernung hindert die Ampel-Koalitionäre indes nicht, sich gegenseitig Vorwürfe zu machen und kräftig gegeneinander zu arbeiten. Nach der ernüchternd ausgefallenen Steuerschätzung in dieser Woche erklärte Lindner auf amerikanischem Boden, dass die zunehmend schwierige wirtschaftliche Lage in Deutschland „zu 50 Prozent an der politisch gemachten Unsicherheit“ liege. Ach so.

Damit meint der Liberale natürlich nicht die FDP als Verursacher, sondern die Grünen, insbesondere Habeck. Nicht erfreut sind der Finanzminister und der Wirtschaftsminister Robert Habeck auch darüber, dass der Kanzler für kommenden Dienstag zu einem Industriegipfel eingeladen hat. Völlig unabgesprochen.

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Was man so „Partner“ nennt

Sie erfuhren das durch eine Scholz-Rede im Bundestag. Und was macht Lindner? Er veranstaltet ein Gegen-Wirtschaftstreffen mit Vertretern, zu dem Scholz nicht eingeladen ist, und wirft Habeck „inhaltliche Konzeptionslosigkeit“ vor. Der hatte nämlich in dieser Woche seinen „Deutschlandfonds“ vorgestellt, Investitionen in die Wirtschaft. Natürlich auch nicht abgesprochen mit den Koalitionspartnern. Was man so „Partner“ nennt. Und wo soll das Geld für den Fonds herkommen? Dazu gibt es keine Antwort. Da geht irgendwie nichts mehr zusammen.

Dabei wäre gerade in diesen Wochen und Monaten eine gute Zusammenarbeit, mit starken Signalen an Wirtschaft und Konsumenten extrem wichtig. Da dürfen die drei Beteiligten einer Dreier-Regierungskoalition nicht ihren jeweils eigenen ideologischen Prinzipien hinterherlaufen, sondern müssen sich im Interesse des Landes zusammenraufen. Denn die fetten Jahre sind vorbei.

Die Wirtschaft stagniert dauerhaft, die Arbeitslosigkeit beginnt langsam zu steigen, in der Folge sinken die Staatseinnahmen, während die Ausgaben anwachsen. Der Doppelwumms aus der Bazooka, den Olaf Scholz einst versprochen hat, um Coronafolgen und Energiepreisanstieg für die Menschen abzumildern, ist zu einer Konfetti-Kanone geworden. Und an der zerren die Koalitionäre auch noch unkoordiniert herum.