
Sommer, Sonne, Geselligkeit. Es ist Volksfestzeit, auch in Ostwestfalen-Lippe. Doch so manchem Besucher mag seit Freitagabend ein ungutes Gefühl in Herford, Bielefeld oder Gütersloh beschleichen. Denn die tödliche Messerattacke von Solingen hinterlässt Spuren im Land.
Der feige Angriff zeigt einmal mehr unsere gesellschaftliche Verletzbarkeit. In einem Land, in dem individuelle Freiheit ein ganz besonderes Gut ist, kann es keine totale Sicherheit geben. Da helfen reflexartige Rufe nach mehr Staatsgewalt und härteren Strafen nicht weiter.
Mit dem Risiko, auf einzelne Gewalttäter zu treffen, müssen und werden wir umgehen. Daran wird auch die schreckliche Tat von Solingen nichts ändern.
Zuständige Behörden haben versagt
Überdenken müssen wir allerdings unseren Umgang mit Menschen, die unsere Gesellschaft aus politischen oder religiösen Gründen, zerstören wollen. Diese potenziellen Straftäter müssen konsequenter verfolgt und in ihre Heimat- bzw. Einreiseländer überführt werden. Es kann und darf nicht sein, dass der beschuldigte Solingen-Attentäter, der bereits 2023 abgeschoben werden sollte, den Behörden vom Radarschirm verschwindet und untertauchen kann. Hier haben die zuständigen Behörden offensichtlich versagt.
Lesen Sie auch: Mutmaßlicher Attentäter von Solingen hat Vergangenheit in Bielefeld und Paderborn
In der Politik hat der Anschlag von Solingen längst die grundsätzliche Debatte über die deutsche Migrationspolitik befeuert. Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen übertreffen sich die Parteien mit rhetorischer Härte.

Während SPD-Chefin Saskia Esken die Gewaltproblematik den Innenministern der Länder zuschiebt, die Messerverbote und Videoüberwachungen anweisen könnten, sieht der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz grundsätzlich die Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan als Problem. Und fordert einen sofortigen Aufnahmestopp aus diesen Ländern.
Es darf nicht bei Beileidsbekundungen bleiben
Beide Parteispitzen sind bemüht, den Rechtspopulisten nicht die Deutungshoheit der Solinger Tat zu überlassen. Gefragt ist jetzt aber kein Überbietungswettbewerb, sondern im besten Fall eine Kooperation. Deutschland muss sich entschiedener gegen den Islamismus und gegen zunehmende Messergewalt wehren. Damit einhergehend muss das Thema Innere Sicherheit einen höheren Stellenwert in der Politik bekommen, wissend dass dies auch Geld kostet, weil einfach zu wenig Personal vor immer größeren Aufgaben steht. Da hilft sicher auch ein Blick auf die Reformen unserer dänischen Nachbarn.
So darf es jetzt nicht bei Beileidskundgebungen und Solidaritätsversprechen bleiben. Die Menschen im Land haben angesichts von Gewalt und Terror ein Recht darauf, dass der Staat alles unternimmt, damit Angst und Schrecken nicht zum alltäglichen Begleiter unserer Gesellschaft werden. Auch nicht auf Volksfesten.