Meinung

Die Situation der Bundesregierung ist desolat bis unverantwortlich

„Übergangsregierung“ und „Grenzen erreicht“, sagen die Ampel-Koalitionäre über ihr Wirken. Sie sollten ihr Mandat an das Volk zurückgeben, findet unser Autor.

Die Ampel-Koalition auf einem Archiv-Foto vom 24.11.2021. | © Kay Nietfeld/dpa

Carsten Heil
21.08.2024 | 21.08.2024, 15:44

Zugegeben, es ist nicht das erste Mal, dass sich Regierungsmitglieder gegenseitig in die Pfanne hauen oder die eigene Koalition madigmachen. Auch ist eine Koalition aus drei ideologisch deutlich unterschiedlichen Parteien schwieriger zu managen als eine, die aus nur zwei Lagern besteht.

In einer Regierung bestehend aus Union und FDP bezeichneten sich die Spitzenleute einst gegenseitig schon mal als „Gurkentruppe“ und „Leichtmatrosen“. Alles nicht schön. Bei der aktuellen Ampel-Koalition jedoch ist der Eindruck entstanden, dass da gar nichts mehr zusammen geht.

Man beleidigt sich zwar nicht, aber es herrscht nur noch Gewürge. Selbst der inzwischen zweite Kompromiss über den Bundeshaushalt 2025 von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) steht erstens auf wackeligen Füßen (Stichwort: globale Minderausgabe von zwölf Milliarden Euro, was nichts anderes als eine ungewisse Hoffnung ist) und geht zweitens zulasten der Menschen im Land. Der erste war an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert.

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Selbst ernannte Fortschrittskoalition macht Bahn unattraktiv

Und nun: Die neue Ampel-Kompromiss-Idee zur Finanzierung der Bahn führt zu höheren Kosten bei den Trassenkosten für das Unternehmen und damit zu höheren Ticketpreisen für die Reisenden. Ausgerechnet das klima- und umweltfreundlichste Verkehrsmittel im Land wird damit von der selbst ernannten Fortschrittskoalition unattraktiver gemacht. Vom Gezerre um die Zukunft des Deutschlandtickets, dessen Einführung immerhin ein Pluspunkt für die Ampel war, mal abgesehen. Das sind nur zwei Beispiele.

Christian Lindner räumt nach dem „Haushalts-Kompromiss II“ ein, die Koalition sei an Grenzen gestoßen. Wer an Grenzen gestoßen ist, kommt nicht mehr voran. Grünen-Chef Omid Nouripour bezeichnet die Ampel als „Übergangsregierung“. Da ist also nichts Substanzielles mehr zu erwarten, nur Verwaltung des Erreichten.

Regierung ist aber nicht Selbstzweck. Kanzler und Minister haben einen Eid geschworen, für das Land und dessen Menschen zu arbeiten, Schaden abzuwenden. Wenn eine Stillstands- und Verwaltungsregierung aber einfach weitermacht, schadet sie Deutschland, den Bewohnern und Bewohnerinnen. Denn es gibt genug zu tun.

Abwarten und Verwalten wirft Deutschland zurück

Ein Jahr Abwarten und Verwalten, einfach weitermachen, wirft Deutschland weiter zurück. Die Regierenden sagen ja selber, dass nichts mehr geht. Dann sollten sie ihr Mandat an die Wählerinnen und Wähler zurückgeben. Dumm nur, dass die Erinnerungen an die Union/SPD-Koalition unter Angela Merkel (CDU) auch nicht die besten sind. Und die AfD ist nun alles mögliche, aber keine Alternative.

Dennoch könnte ihr Erfolg bei den Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern einen politischen Tsunami auslösen, der diese Regierung hinwegspült.