Es ist immer Vorsicht geboten, wenn Gerichte oder Sicherheitsorgane des Staates die Überwachung einer politischen Partei in Erwägung ziehen oder anordnen und bestätigen. Das gilt selbstverständlich auch für eine mindestens rechtsextreme, vermutlich sogar staatsfeindliche faschistische Partei wie die AfD. Insofern ist das Urteil der Verfassungsrichter in Münster gleich doppelt bemerkenswert für die Standfestigkeit demokratischer Strukturen in der Bundesrepublik.
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Zunächst belegt das Oberverwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung noch einmal, dass die Befugnisse des Verfassungsschutzes durchaus nicht grenzenlos sind. Gleichzeitig allerdings legitimiert das Gericht die Beobachtung der AfD, weil die Verfassungsschützer „hinreichend verdichtete Umstände“ vorlegen konnten, dass es in der Partei Bestrebungen gegen die freiheitliche Grundordnung gebe.
Anders als in vorangegangenen Verfahren sind hier zum Zweiten offenbar Belege auch ohne rechtlich womöglich zweifelhafte V-Leute vorgelegt worden, die die Richter überzeugten. Eine Partei aber, die die Existenz der freiheitlichen Grundordnung des Landes selbst infrage stellt, muss zum Schutz dieser Freiheit und dieser Verfassung genauer beobachtet und geprüft werden können. Die Richter in Münster unterstreichen mit ihrem Urteil, dass die Demokratie nicht nur wehrhaft sein darf, sondern auf diese Wehrhaftigkeit verpflichtet ist.
In Thüringen will die Partei Mitglieder ausschließen
Gerade zeigt die Partei in ihrem vermutlich extremsten Landesverband Thüringen, wie sie auch innerparteilich mit Kritikern umgeht. Dort will sie Mitglieder ausschließen, die ohne Zustimmung der Parteiführung um den Vorsitzenden Björn Höcke eine Kandidatenliste für die Kommunalwahlen aufgestellt hatten.
Noch interessanter allerdings ist die Münsteraner Entscheidung mit Blick auf die Europawahlen Anfang Juni. Im Blick auf diese Wahl hatte die amtierende Präsidentin der EU-Kommission, die frühere CDU-Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen offengelassen, ob sie sich als Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei auch von der extrem rechtskonservativen EKR-Fraktion mit ins Amt bringen lassen würde. Zur EKR gehören neben der ehemaligen nationalkonservativen polnischen Volkspartei PiS auch die italienischen Faschisten der Regierungschefin Giorgia Meloni und der ehemalige AfD-Abgeordnete Lars Patrick Berg.
Immer mehr werden Wahlen auch zu einer Zukunftsentscheidung für eine demokratische Europäische Union, deren Erfolg ausgerichtet sein muss auf die Überwindung nationalistischer Bestrebungen zugunsten von Freiheit und Demokratie. Die Wahlen im spanischen Katalonien, in denen die Separatisten ihre auf Spaltung angelegte Mehrheit an die Entspannungspolitik des spanischen Regierungschefs Sànchez verloren haben, zeigen die Richtung. Das ist das richtige Signal auch für Europa.