
Es ist ein Vorfall, bei dem man an sich halten muss: Kinder quälen einen jungen Igel, indem sie ihn als Fußball benutzen. Die Erklärungsansätze, die Fachleute für ein solches Verhalten vorbringen, machen die Sache nicht besser: Sie benennen gravierende Probleme mit der Emotionalität, Verrohung, Senkung der Hemmschwelle durch Gruppendynamik als Ursache.
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In vielen Teilen unserer Gesellschaft beobachten wir das, zunehmend auch bei Kindern und Jugendlichen. Und mittlerweile passieren diese Vorfälle zu häufig, um noch von Einzelfällen zu sprechen. Gewalt gegenüber anderen ist fester Bestandteil an Schule, die Kriminalstatistik belegt das mit klaren Zahlen. Da sind aber all die Fälle nicht erfasst, in denen Schulen diese Gewalt unter den Teppich kehren. Um in der Öffentlichkeit nicht schlecht da zu stehen. Um Eltern nicht zu verprellen und auf gute Anmeldezahlen zu kommen. Aus Angst vor Repressalien durch Eltern.
Und mit Sicherheit auch aus Hilflosigkeit. Der Personalmangel macht den Schulen schwer zu schaffen. Es fehlt aber nicht nur an Lehrkräften, sondern generell an geeigneten Berufen in Schule, die in der Lage sind, es mit der zunehmenden Brutalität und Verrohung aufzunehmen. Sozialarbeiter und Psychotherapeuten, die es dringend bräuchte, sind Mangelware und im System häufig gar nicht vorgesehen.
Eine angsteinflößende Perspektive für die nächsten Jahre
Bezirksregierungen und Schulministerium sind in dieser Gemengelage keine Hilfe, im Gegenteil. Ein ums andere Mal berichten Schulleiter in OWL, dass Meldungen über Gewaltvorfälle monatelang zur Bearbeitung in Detmold liegen und systematisch totgeschwiegen werden.
Alles in allem drängt sich massiv der Eindruck auf, dass es nirgendwo in der Welt eines Kindes, das auffällig ist, Bezugspersonen und Institutionen gibt, die das bereitstellen, was es so dringend braucht: Auseinandersetzung mit den Problemen, wirkliches Hinschauen, Grenzsetzung, konstruktive Konsequenzen. Die Elternhäuser, die das dringend leisten müssen, tun das offenbar in vielen Fällen nicht mehr. Die Einrichtungen, an denen es hängen bleibt, werden systematisch kaputt gespart. Und irgendwann ist der Zug dann einfach abgefahren. Eine weitere angsteinflößende Perspektive für die nächsten Jahre.