Kommentar

Habecks Koalitionsfrage: Heizungsstreit gefährdet Zusammenhalt

Es rumpelt in der Ampel-Koalition – heftiger als je. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist verärgert über den Heizungsstreit. Empörung schafft allerdings keine Lösungen, urteilt unser Autor Thomas Seim.

Die gute Laune ist mittlerweile getrübt: Habecks Vorschläge zur Modernisierung von Öl- und Gasheizungen stoßen auf Kritik. | © dpa

Thomas Seim
22.03.2023 | 22.03.2023, 15:02

Es rumpelt in der Ampel-Koalition – heftiger als je. Grund dafür sind die Pläne des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck zum Verbot von Öl- und Gasheizungen. Zunächst die FDP, immer stärker aber auch der SPD-Partner, halten die Pläne für nicht umsetzbar. Einer der Gründe ist die fehlende Kapazität des Handwerks. Vor allem aber sorgen sich die Bundesländer, dass die Kosten der Umrüstung für viele Bürger nicht bezahlbar sind. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil vom Grünen-Koalitionspartner SPD hält Habecks Pläne für „nicht realistisch“.

Das alles gehört zu den mehr oder weniger normalen Rangeleien um eine weitreichende Reform-Gesetzgebung und müsste Bundeskanzler Olaf Scholz kaum belasten. Sein Vizekanzler allerdings hat dies mit seinen öffentlichen Auftritten nun auf eine neue Ebene gehoben. Die Koalition, so formulierte Habeck, komme ihrem Auftrag nicht nach. Damit liegt das Thema des Fortbestands einer Ampelregierung selbst auf dem Tisch.

Verschärft wird es durch einen unerträglichen Vergleich des Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP), der Habeck mit Kremlchef Wladimir Putin verglich. Das ist absolut inakzeptabel und man beginnt an der Zurechnungsfähigkeit des so Urteilenden ernsthaft zu zweifeln. Viel größer kann man den Scherbenhaufen kaum anrichten, selbst wenn Kubicki sich dafür öffentlich entschuldigte.

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Empörung wird zu keinen Lösungen führen

Die Krise der Koalition entwickelt sich in zwei Dimensionen. Die eine ist die der Kommunikation, des Miteinanders. Wenn Habeck seinen Koalitionspartnern Vertrauensbruch vorwirft, dann deutet er damit im Prinzip an, dass die Koalition ihre Basis verliert. Gleichzeitig bescheinigt der Minister, da dann ganz Vizekanzler, seinem Kabinett ein „tadelloses Miteinander“. Ja, was gilt denn nun?

Die zweite Dimension ist die der demokratischen Umsetzung von Politik. Sicher ist der Weg für FDP und Grüne in ein verantwortliches Regierungshandeln schwierig. Am Ende aber werden sie – sofern sie nicht darauf bauen, dereinst absolute Mehrheiten in Wahlen zu gewinnen – den Weg des Kompromisses finden und dann auch vor den eigenen Anhängern vertreten müssen.

Da liegt auch für Robert Habeck die Herausforderung: Es reicht nicht, wenn viele grüne Ideengeber in seinem Ministerium kluge Vorschläge erarbeiten. Sie müssen deren Umsetzung darauf ausrichten, dass nicht die Farbe Grün den Erfolg einer verantwortlichen Klimapolitik beschreibt, sondern die Nachhaltigkeit der Wirtschaftsreformen zur ökologischen Wende.

Seine Regierungsfähigkeit beweist Habeck dadurch, dass er die Mehrheit für seine Politik organisiert. Das vermisst man bisweilen sehr. Empörung per Video wird indes kaum zu Lösungen führen.