
Bielefeld. Die weiter steigenden Corona-Fallzahlen lassen der Politik in Nordrhein-Westfalen nach Meinung der Experten keine Wahl. Sie muss handeln. Also beschließt sie für die Schulen, dass - die Eltern beschließen sollen. Düsseldorf weigert sich, eine klare Linie zu ziehen. Kinder der Klassen 1 bis 7 dürfen zu Hause bleiben, dürfen aber auch zum Präsenzunterricht in die Schule kommen. Ganz wie es beliebt.
Mich erinnert das an einen Scherz von Otto Waalkes: "Mein Hund hört aufs Wort. Wenn ich ihn rufe: ,Kommst du her oder nicht, dann kommt er her oder nicht." Der Vergleich mag etwas überspitzt sein, doch anders lässt sich die Entscheidung von Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) nicht einordnen.
Dabei lasse ich mal außer Acht, dass man es den Schulen wieder unnötig schwer macht, indem man eine solche Entscheidung an einem Freitagmittag verkündet. Viel Zeit bleibt den Lehrerinnen und Lehrern also nicht, noch irgendetwas für Montag vorzubereiten. Aber lassen wir das. Für mich entzieht sich die Politik mit dieser Ansage der Verantwortung und schiebt die Verantwortung nur weiter.
Ja, das Leben besteht oft aus Grautönen, aber manchmal ist es doch eine Frage von Schwarz oder Weiß. Ist es nun gefährlich im Sinne der Corona-Ausbreitung, den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten? Dann müssen die Schulen schließen. Punkt. Ist es dagegen so, dass der Präsenzunterricht letztlich keine große Rolle im Infektionsgeschehen spielt, dann sollten die Schulen geöffnet bleiben. Auch Punkt.
Was ist so schwer daran, das zu entscheiden? Eben weil es bislang kaum aussagekräftige wissenschaftliche Studien dazu gibt, inwiefern Kinder das Virus tatsächlich verbreiten, bleibt nur der gesunde Menschenverstand als Entscheidungsgrundlage. Und der sagt auch, dass ab Montag ein Durcheinander herrschen wird in den Klassenräumen. Kein Lehrer weiß, wie vielen Kindern er gegenübersteht. Zwei, zehn, 20 oder der vollen Klassenstärke?
Dann findet ohnehin kein effektiver Unterricht statt
Und soll dann der Unterricht per Webcam an die Kinder zu Hause live übertragen werden? Oder absolvieren diese Schüler nur erweiterte Hausaufgaben? Das aber würde bedeuten, dass sie eine Woche Lernstoff im Vergleich zu den präsenten Mitschülern verlieren. Das darf nicht sein. Heißt im Umkehrschluss,dass ohnehin kein effektiver Unterricht stattfinden wird.
Wenn schon Lockdown bei Kindern, dann eben die Schulen ganz schließen. Auf die eine Woche kommt es am Ende nicht mehr an. Ministerin Gebauer wird sich ohnehin 2021 der Frage stellen müssen, wie viel vom Schulgeschehen seit März 2020 man ernst nehmen kann, und wie man langfristig damit umgeht, dass insgesamt durch Corona mehr als ein ganzes Schuljahr fern der üblichen Rahmenbedingungen stattfinden muss.
Wer jetzt mit der Eigenverantwortung der Menschen als Argument zu Felde zieht, der möge sich vorstellen, was im Supermarkt los wäre, wenn das dort auch gilt. Am Eingang ein Schild: "Tragen Sie hier eine Mund-Nasen-Maske - wenn Sie das für richtig halten. Sonst lassen Sie es bleiben." Eben. Auf diese Idee käme doch auch niemand.