Bielefeld. Ist das Glas nun halb voll? Oder halb leer? Die Antwort auf die Frage nach der Wirksamkeit der Beschlüsse des Klimakabinetts ist nicht so leicht zu geben. Auf der Seite der Kritiker und Enttäuschten wirken die nun angestrebten Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele 2030 vor allem als Maßnahmen zur Rettung der wankenden Großen Koalition.
Unentschiedenheit schwächt
Dafür gibt es auch Indizien. Die Frage nach einem höheren CO2-Preis ist nicht entschieden beantwortet. Ganz gleich ob man nun Anhänger eines Emissionshandels ist oder ob man eine stärkere Besteuerung bevorzugt – die Unentschiedenheit der Beschlüsse in diesem Punkt macht das Gesamtpaket schwächer.
Eine höhere Kaufprämie für Elektroautos unter 40.000 Euro ist ein zulässiges Instrument. Inwieweit damit tatsächlich eine Wende nicht nur für Innenstädte erreicht werden kann, muss man eher zurückhaltend beurteilen. Ein Projekt für breite Mehrheiten der Familien in unseren Metropolen ist eine solche Preisstruktur nicht.
Kleine Schritte
Ölheizungen werden verboten, aber erst ab 2026 und offenbar auch nur in Gebäuden, in denen eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist. Auf die Masse der kleinen und alten Einfamilienhäuser scheint das eher nicht zu zielen. Immerhin stehen auch dafür Fördermittel bereit. Ähnlich wie für die Förderung und den Ausbau von Ökostrom.
Das alles geht schon irgendwie in die richtige Richtung, allerdings nur wenige kleine Schritte. Man mag sich nicht vorstellen, dass dies tatsächlich reichen soll, um die Pariser Klimaziele – also die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius – zu erreichen. Nach allem, was man weiß, müsste Deutschland deutlich mehr tun, wenn wir den Anteil übernehmen wollen, der unserer Bevölkerung entspricht.
Die Beschlüsse der Regierung können also nur ein Anfang sein. Die Ergebnisse der Politik reichen nicht aus. Die Führung des Landes wird sich künftig daran messen lassen müssen, ob sie alles noch einmal ehrgeiziger in Angriff nimmt. Insofern zielt die Umweltbewegung der Nachwuchsgeneration „Fridays for Future", die weltweit in neuen Protest-Dimensionen ein entschiedeneres Handeln forderte, in die richtige Richtung.
Schon einmal hat eine breite Protestbewegung zu ehrgeizigeren Zielen und dann auch Lösungen geführt. Die Friedensdemonstrationen der 1980er-Jahre konnten die Beschlüsse NATO-Nachrüstung zunächst nicht verhindern. Am Ende aber erreichten sie den Verzicht sowohl auf die US-Pershings als auch auf die sowjetischen SS 20.
Also: Die Beschlüsse der Koalition reichen nicht. Aber sie könnten ein Anfang für wirkungsvollere Maßnahmen sein. Nur ein Anfang, aber ein Anfang. Künftige Regierungen indes werden daran gemessen werden müssen, ob sie mehr Klimaschutz schaffen.
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