Von
Erol Kamisli
22.02.2019 | 22.02.2019, 10:33
Missbrauchsfall Lippe
Erst werden im Hamelner Jugendamt Akten manipuliert, dann verschwinden Datenträger bei der Detmolder Kreispolizei. Ein Kommentar
Lügde. Erst werden im Hamelner Jugendamt Akten manipuliert, dann verschwinden 155 CDs/DVDs aus den Räumlichkeiten der Detmolder Kreispolizeibehörde – der Missbrauchsskandal auf einem Campingplatz im lippischen Lügde wird auch zum Fiasko für die betroffenen Behörden und deren Spitzenpersonal – die Landräte Tjark Bartels (Hameln-Pyrmont) und Axel Lehmann (Lippe).
Ihre Salamitaktik in Sachen Aufklärung ist gescheitert und es ist auch ein Versagen der beiden Landräte. Erst zu Wochenbeginn musste Bartels eine peinliche Panne in seinem Jugendamt einräumen: Ein leitender Mitarbeiter hatte die Akte eines Opfers, das in Obhut des Tatverdächtigen war, nachträglich manipuliert.
Doch er betonte im selben Atemzug, dass diese Aktenmanipulation auf die mögliche Aufdeckung des sexuellen Missbrauchs keinerlei Einfluss habe. Ein Schlag ins Gesicht von Betroffenen und deren Familien. Doch es geht schlimmer: Von seinem Kollegen Axel Lehmann, der am Donerstag zum Rapport ins Düsseldorfer Innenministerium zitiert wurde, hat die Öffentlichkeit bisher fast gar nichts gehört.
Bei der eilig einberufenen Pressekonferenz stand er etwas bedröppelt hinter Reul und schwieg – wie immer. Auch auf Nachfragen antwortet er in Hülsen – er wolle die Entwicklungen abwarten, um fundierte Angaben zu machen. Doch die Schweigetaktik von Landrat Lehmann wird nicht aufgehen – aussitzen kann er das Versagen der lippischen Kreispolizeibehörde, deren oberster Dienstherr er ist, nicht. Er muss in die Offensive und darf sich in Düsseldorf nicht wie ein kleiner Schuljunge von Innenminister Reul vorführen lassen.
Der CDU-Innenminister gibt sich als großer Aufklärer und Aufräumer. Er spricht von einem Desaster, Polizeiversagen und will sogar Vorsatz nicht ausschließen. Und was Reul wirklich gut macht, ist die Tatsache, dass er sich bei den Opfern und deren Familien glaubwürdig entschuldigt. Davon kann sich vor allem der lippische Landrat eine Scheibe abschneiden, wenn er denn mal spricht. Falls er sich weiter wegduckt, wird irgendwann die Frage nach politischer Verantwortung gestellt – und die trägt Lehmann.
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