Die Unterhaltungskünstler Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf sehen sich erneut dem Vorwurf ausgesetzt, ihre Sendungen mit gestellten Szenen künstlich dramatisiert zu haben, ohne dies kenntlich zu machen.
Einem Medienbericht des "Panorama"-Jugendformats STRG_F zufolge, das der NDR über Youtube ausstrahlt, sollen Schauspielerinnern und Schauspieler in Einspielfilmen eingesetzt worden sein, obwohl die Ereignisse als spontan und echt dargestellt werden. Demnach konnte anhand mehrerer Beispiele der Einsatz gecasteter Laiendarsteller nachgewiesen werden. Auch Darstellungen von Ereignissen sollen grob verkürzt oder gescripted gewesen sein.
Fahrraddiebstahl gestellt, Ballonfahrt doch unter Aufsicht
Im Falle eines angeblichen Fahrraddiebstahls ("Late Night Berlin", ProSieben), bei dem ein Unbekannter auf frischer Tat ertappt worden sein soll, handelt es sich bei dem gezeigten Dieb um einen Laiendarsteller. Die Szene wurde mindestens zwei Mal gedreht, wie Zeugenaussagen und privates Videomaterial der Szene ergeben. Klaas Heufer-Umlauf ordnet dennoch das Geschehen im Film mit den Worten "Ich möchte Fahrraddiebe auf frischer Tat ertappen" ein.
Auch die Verpixelung des Täters - üblicher Schutz bei Beschuldigten, die im Fernsehen abgebildet werden - soll offenbar Authentizität suggerieren. Die angeblichen Ereignisse sind offenbar so überzeugend dargestellt, dass die Polizei Berlin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf schweren Diebstahl eines Fahrrads eingeleitet hat.
"Es war Fake"
In einem weiteren Fall gibt die Sendung "Duell um die Welt" (ProSieben) vor, dass der Schauspieler Edin Hasanovic einen Heißluftballon ganz alleine fliegt und landet. Seine Begleiter waren zuvor abgesprungen und haben ihn angeblich alleine im Ballon hinterlassen. Das Schweizer Bundesamt für Zivilluftfahrt gibt an, dass der Schauspieler zu keiner Zeit alleine im Ballon gewesen sei. Ein Pilot sei immer anwesend gewesen, dies sei auch die gesetzliche Vorgabe. Der Pilot habe dies gegenüber der Behörde auch bestätigt. "Es war Fake", so Urs Holderegger von der Behörde.
Und es geht weiter: Im Fall eines angeblich authentischen Tinderdates ("Late Night Berlin", ProSieben) ist die junge Frau, die verschiedene Ereignisse überrascht erlebt, dem Bericht zufolge Schauspielerin. Sie hat die Episode in ihrer Schauspiel-Vita aufgeführt. Mehrere Zeugen sagen aus, dass die Szene mehrmals gedreht wurde. Klaas Heufer-Umlauf führt den Film mit den Worten ein, er wolle dem jungen Mann helfen, "den besten ersten Eindruck zu hinterlassen in der Geschichte von Dates."
Schummelvorwürfe gab es schon einmal
In der Vergangenheit waren bereits anhand eines Einspielfilms mit Sophia Thomalla Schummelvorwürfe laut geworden ("Duell um die Welt"). Auch hier konnte die Redaktion von STRG_F weitere Unstimmigkeiten nachweisen. So liegen neue Belege vor, dass eine angebliche Autofahrt von Nizza nach Budapest nie stattgefunden hat. Die beiden Termine lagen Wochen auseinander und waren nicht, wie im Film nahegelegt, zusammenhängend.
Die Moderatoren Winterscheidt und Heufer-Umlauf wollten sich wie ProSieben nicht selbst zu den Vorwürfen äußern. Auch die betroffenen Protagonisten wollten keine Stellung nehmen. Die zuständige Produktionsfirma Florida TV räumt die Vorwürfe im Kern ein. Im Falle des Fahrraddiebstahls verweist sie darauf, dass "der komödiantische Aspekt womöglich deutlicher gemacht hätte werden müssen".
"Wollen die Zuschauer nicht langweilen"
Hinsichtlich des Heißluftballons erklärt sie, dass "keiner unserer Protagonisten bei der Erfüllung seiner Aufgabe in Lebensgefahr gerät." Im Falle des Tinderdates erklärt Florida TV lediglich, dass die junge Frau "offenbar ähnlich viel Spaß daran hatte wie wir und die Zuschauer." Im Beispiel von Sophia Thomalla heißt es, dass man die Zuschauer nicht langweilen wolle.
Der Medienjournalist Stefan Niggemeier kritisiert diese Art des Unterhaltungsfernsehens:
Die gesamte Recherche ist im Kanal STRG_F auf YouTube zu sehen: