Kultur

Dunja Hayali im Interview: "Ich sehe mich nicht als Opfer"

Die Moderatorin spricht über Hassmails, glaubwürdigen Journalismus und die neuen Folgen ihres Politmagazins „Donnerstalk“

Kämpferisch: Die Moderatorin Dunja Hayali. | © dpa

28.07.2016 | 28.07.2016, 07:00

Die Journalistin Dunja Hayali scheut keine Konflikte und gehört wegen ihres Einsatzes gegen Rassismus zu den bekanntesten TV-Journalistinnen Deutschlands. Am Donnerstag (28.) startet die zweite Runde ihres Politmagazins "Donnerstalk". Im Interview sagt sie: "Ich sehen mich nicht als Opfer."

Frau Hayali, Sie sind dank Ihres Engagements gegen Rassismus in relativ kurzer Zeit zu einer der prominentesten TV-Journalistinnen des Landes geworden. Freuen Sie sich über Ihre große Popularität?
Dunja Hayali: Klar freue ich mich, wenn meine Arbeit bei den Zuschauern ankommt und das Publikum sie wertschätzt. Nur geht es in meinem Job ja nicht um Beliebtheitswerte, sondern darum, guten Journalismus abzuliefern, und das heißt: berichten, einordnen, erklären und den Finger in die Wunde legen.

In welche Wunden wollen Sie den Finger in der neuen Staffel von „Donnerstalk" legen?
Hayali:
Ein Thema wird die Pflege sein. Sicherlich auch, weil ich dazu einen persönlichen Bezug habe. Mein Vater hat Alzheimer, meine Mutter Parkinson. Deshalb weiß ich ganz gut, vor welchen Schwierigkeiten Betroffene, Angehörige und Pflegekräfte stehen. Das alles kann man natürlich nicht in 20 Minuten abschließend besprechen, aber darum geht es uns auch nicht. Wir wollen Richtungen aufzeigen, Diskrepanzen aufdecken, Denkanstöße geben. Das fanden viele Zuschauer bei der ersten Staffel gut. Auch deshalb bleiben wir unserer Idee treu und werden drei Themen pro Sendung haben.

Information
  • Dunja Hayali kam 1974 in Datteln in NRW als Tochter irakischer Einwanderer zur Welt.
  • Die sportbegeisterte Fernsehjournalistin, die in ihrer Jugend unter anderem Judo praktizierte, studierte an der Deutschen Sporthochschule Medien- und Kommunikationswissenschaften.
  • Sie arbeitete als Sportreporterin und ging schließlich zum ZDF, wo sie die „heute"-Nachrichten und das „heute-journal" moderierte.
  • Seit 2007 präsentiert sie im Wechsel mit Kollegen das „Morgenmagazin", in einer Umfrage schnitt sie als beliebteste Frühstücksmoderatorin der Deutschen ab.
  • Hayali, die ein erfolgreiches Buch über ihr Leben mit ihrer Golden-Retriever-Hündin Emma veröffentlich hat, ist lesbisch und wohnt in Berlin.
  • Für ihren Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit erhält die 42-Jährige immer wieder viel Beifall, Anfang des Jahres wurde sie mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet.
  • „Donnerstalk", am Donnerstag (28.), 22.15 Uhr, ZDF.

Gab es etwas, womit Sie in der ersten Staffel im vergangenen Jahr nicht zufrieden waren?
Hayali:
Wir hatten das Problem, dass viele, die in die Sendung kommen wollten, vom Bürger bis zum Top-Politiker, über den Sommer hinweg im Urlaub waren. Deshalb machen ja auch alle anderen Talker in diesen Wochen Pause. Thematisch allerdings gibt es doch inzwischen gar kein Sommerloch mehr. Jeden Tag passiert etwas Relevantes, etwas Berichtenswertes, was die Menschen beschäftigt.

Ihre Sendung „Donnerstalk" läuft in der Sommerpause von „Maybrit Illner" vier Mal, danach ist wieder Schluss. Wäre eine ganzjährige Sendung nicht reizvoll für Sie?
Hayali: Ich betrachte es als Anerkennung von Seiten des ZDF, dass ich den „Donnerstalk" moderiere. Es macht mir Spaß, so vielseitig für den Sender unterwegs zu sein. Neben dem „Morgenmagazin" werde ich weiterhin Reportagen und Dokumentationen drehen, wie jetzt gerade eine Dokumentation über Sexismus. Das Rausgehen aus dem Studio, die Kommunikation mit den Menschen vor Ort, das bereichert meine Arbeit, weitet meinen Blick in Kombination mit der Moderation ist das perfekt.

Inmitten der Glaubwürdigkeitskrise der Medien stehen Sie für glaubwürdigen Journalismus. Was machen Sie denn anders als die anderen?
Hayali:
Ich kann natürlich nicht für andere Medien sprechen, sondern nur für meine Arbeit und in Teilen für mein Team. Die Transparenz und der direkte Zugang auf Facebook, bei Twitter und in E-Mails waren da sicherlich ein wichtiger Schritt. Die Menschen haben nun mal viele Fragen an uns Journalisten. Dabei geht es oftmals um Inhaltliches, aber auch ums Handwerk, wie etwa Abläufe, Themenfindung, Interviewführung. Ich gestehe auch ein, wenn wir Fehler gemacht haben, oder wenn ich persönlich mal kein gutes Interview geführt habe. Schonungslose Ehrlichkeit fängt bei einem selber an.

Neulich sorgten Sie für Aufsehen, als Sie einen beleidigenden Brief öffentlich machten und ganz sachlich korrigierten. Wie viele solche negativen Zuschriften bekommen Sie täglich?
Hayali:
Wäre es nicht die interessantere Frage, wie viele positive Zuschriften ich bekomme? Wir alle legen den Fokus viel zu sehr auf das Negative. Natürlich müssen wir solche Dinge publik machen, das muss durchdiskutiert und benannt werden. Aber 90 Prozent des Feedbacks, das ich bekomme, ist konstruktiv und respektvoll. Das fällt zu sehr unter den Tisch. Wir als Gesellschaft müssen da aufpassen. Die Stimmung ist in Teilen sehr negativ, und das hängt auch damit zusammen, dass wir immer über das berichten, was nicht läuft, was scheitert. Damit meine ich absolut nicht, dass wir Dinge schönreden sollen, aber wir dürfen dabei das Gelingen nicht vergessen.

Dann machen Ihnen all die Hassmails gar keine Angst?
Hayali:
Sie sehen mich kämpferisch, immer noch mit offenem Visier und frohen Mutes. Ich betrachte mich nicht als Opfer. Aber ich frage mich natürlich schon: Was macht dieser Hass mit uns?

Die Frage ist doch: Was macht er mit Ihnen?
Hayali:
Er hat Einfluss auf mein Leben, ganz klar: Ich gucke auf der Straße bewusster hin, wer mir entgegen kommt, und das ist keine gute Entwicklung. Ich finde es auch befremdlich, dass ich Personenschutz brauche, wenn ich zu einer AfD-Demo oder zu einer Antifa-Demo gehe. Journalisten müssen sich in diesem Land, in dem die Meinungs- und die Pressefreiheit ein hohes Gut ist, frei bewegen können, ohne angegriffen zu werden.

Was können die Medien tun, um den Riss in der Gesellschaft zu kitten?
Hayali:
Den gesellschaftlichen Zusammenhalt müssen wir gemeinsam stärken. Medien sind da nur ein Puzzlestück. Unsere Hauptaufgabe als Journalisten ist es, sachlich und objektiv zu berichten, einzuordnen, Missstände und auch Gelungenes aufzuzeigen. Medien müssen versuchen, immer alle Seiten zu beleuchten, auch damit die Zuschauer Orientierung haben. Wenn uns das gelingt, wäre das ein kittendes Element, um den Riss zu verkleinern. Aber am Ende ist es doch die Politik, die für Lösungsansätze, pragmatisches Handeln im Hier und Jetzt und für Zukunftsvisionen verantwortlich ist.