Bielefeld. Bei den Jungen Sinfonikern – dem Jugendsinfonieorchester OWL, kurz „Jusis"– ist immer etwas los. Die Zusammensetzung des aus rund 90 Jugendlichen bestehenden Orchesters wechselt von Projekt zu Projekt.
Auch beim Konzert in der Oetkerhalle vor rund 500 Besuchern waren wieder Neueinsteiger dabei. Und spielten andere Mitglieder zum letzten Mal mit, etwa weil sie in Kürze ein Studium aufnehmen – zum Beispiel, um Orchestermusiker zu werden.
Die Jungen Sinfoniker unter Leitung von Patrick Strub beeindruckten in dem anspruchsvollen Programm durch ihren Klangreichtum und ihre musikalische Ausdruckskraft. Man bekam den Eindruck, dass die mit Feuereifer musizierenden Jugendlichen den Profis dicht auf den Versen sind.
Im bombastischen Finale knallt es ordentlich
In großer Besetzung eröffneten sie mit Schostakowitschs „Festlicher Ouvertüre". In hohem Tempo bieten die Jusis die grell-effektvolle Komposition in knapp sieben Minuten dar – mit forschem Gestus, beinahe ungestüm triumphierend.
Der Harfe passt sich das Orchester mit weichem Sound an
Beginnend mit der schneidigen Trompetenfanfare, gefolgt von dem homogen und kraftvoll aufwallenden Spiel der tiefen Streicher.
Das auf guter Technik basierende Zusammenspiel hat Zugkraft, wirkt lebhaft und zeugt von Feingespür im musikalischen Vortrag. Im bombastischen Finale galoppieren die Streicher, häufen sich Beckenschläge und lassen es auch die übrigen Schlagwerker ordentlich knallen.
Romantischer zeigen sich die Jungen Sinfoniker in Reinhold Glières „Konzert für Harfe und Orchester", in dem als Solistin die an der Hochschule für Musik Detmold studierende Hanna Rabe an der Harfe brilliert.Mit schimmerndem Klang spielt die Musikerin zu Beginn des Kopfsatzes die erste der eingängigen, lieblichen Melodien, die Glières Komposition auszeichnen.
Gerissene Harfensaite verursacht Konzertpause
Dem spezifischen Harfenklang passt sich das Orchester mit weichem Sound an. Im harmonischen Zusammenspiel mit dem Orchester erhält die Solistin Raum, ihre hohe Spielkunst zur Geltung zu bringen. Im langen Solo, das die spieltechnischen Möglichkeiten der Doppelpedalharfe ausreizt, bringt Hanna Rabe eine Fülle virtuoser Figuren und Verzierungen in berührender Weise zum Klingen.
Aus dem Träumen wird das Publikum durch den Riss einer Harfensaite gerissen – kurze Konzertpause. Souverän geht Rabe mit dem Malheur um. Nach dem Austausch der Saite wiederholt sie das Solo mit der bezaubernden, übernatürlich anmutenden Partie.
Im Mittelsatz wirkt ihr Vortrag introvertierter, religiös, himmlisch-sphärisch. Im Dialog mit dem ersten Cello und dem Orchester malt die Solistin weitere reizvolle Klanggemälde.
Jusis entwickeln beeindruckende Intensität
Dann begeistern die Jungen Sinfoniker mit Tschaikowskys vierter Sinfonie, deren vier Sätze es in sich haben. Im „Allegro Vivo" des ersten Satzes ist das Zusammenspiel wegen des vertrackten 9/8-Taktes erschwert. Mit Ausdruckskraft und Elan entwickelt das Orchester die leidenschaftliche Dramatik des ersten Satzes.
Fanfaren der Bläser zeichnen im Andante das Bild einer drohenden Schicksalsgewalt. Die Jusis entwickeln eine beeindruckende Intensität. Einzelleistungen bestehen in gekonnten Bläser-Partien von Fagott, Flöten oder Hörnern.
Wie im zweiten Satz das einleitende kantable Motiv der Oboe vom Orchester übernommen wird – geschmeidig und klanglich genau passend – gehört zu den besonders schönen Momenten, mit denen die Jusis die Hörer für sich einnehmen. Bald meistern sie das extrem schwierig zu spielende Scherzo F-Dur. Die Präzision in der Gleichzeitigkeit der Streicher, die komplett pizzicato spielen, stellt eine besondere Leistung dar.
Im Finalsatz mit Variationen einer russischen Volksliedmelodie wird sowohl das dramatische Profil deutlich vermittelt wie auch das lyrische. Das Publikum bedankt sich mit begeistertem Applaus.