Vor knapp zehn Jahren wurde die Ladies Night in einem Keller in Bocklemünd erfunden. Gerburg Jahnke erklärt, warum das eine eher unromantische Geburtsstunde war. Außerdem verrät die Kabarettistin, warum ihre Langzeitverlobung mit Rot-Weiß-Oberhausen-Präsident Hajo Sommers ein super Zustand für sie ist.
Bei der Ladies Night ist der Name Programm und für die Unterhaltung sind die Frauen zuständig. Wann rechnen Sie denn mit dem ersten Kerl, der sich aus Gleichstellungsgründen bei Ihnen auf die Bühne klagt?
Gerburg Jahnke: Oh, ich glaube nicht, dass das geht (lacht). Man kann sich natürlich mit Blumen, Schokolade oder interessanten Einladungen einschmeicheln. Männer hatten wir bis jetzt mal da, wenn sie als Begleitung unverzichtbar waren; zum Jubiläum hatten wir einen Stripper zu Gast und im Februar kommt Georgette Dee (Anmerkung d. Redaktion: ein Künstler, der als Sängerin und Schauspielerin auftritt), die ich komplett als Frau empfinde und deren Chansons ich liebe. Außerdem haben wir in diesem Jahr eine Pärchensendung. Die Frauen sind meist der dominante Part, aber wir öffnen uns ein bisschen und können es uns leisten, etwas Testosteron auf der Bühne zu haben.
Die Ladies Night gibt es schon fast zehn Jahre. Wie wurde sie erfunden?
Jahnke: Das war mehr en passant, sehr unromantisch. Die Kabarettisten Fritz und Hermann aus Bonn haben damals einen Kabarettabend im Studio in Bocklemünd im Keller veranstaltet und ich war die Thekenschlampe. Das hat mir gut gefallen: Ich durfte rauchen, trinken und eine lange Schürze tragen, die sehr schlank macht. Das Bühnenbild stand und eine Redakteurin machte den Vorschlag, ob wir nicht ein paar Kolleginnen einladen sollten und ich als Thekenschlampe durch den Abend führe. Wir produzierten zwei Sendungen an einem Abend. Das sollte einfach so sein.
Und die Reaktionen fielen gleich einhellig positiv aus nach dem Motto: „Hurra, endlich was ohne Männer"?
Jahnke: Die Reaktionen vom Publikum waren sehr positiv und die Künstlerinnenschar fing an zu surren. Dann haben wir gesagt, das machen wir öfter. Mir hat das großen Spaß gemacht. Wir wurden glücklicherweise aus dem Studio in Bocklemünd befreit und haben diese Bühne im Gloria in Köln bekommen und das ist wirklich ein guter Ort für die Sendung.
Und der Sender?
Jahnke: Am Anfang wurde das Format vom WDR eher als Nischensendung betrachtet und das ist ein Begriff, der mich schon immer sehr geärgert hat. Aber in der Rezeption wird es oft ganz anders wahrgenommen, als es vom Sender eingeordnet wird. Wir haben zwar lange gebraucht, um ernst genommen zu werden. Aber auch in dieser Zeit habe ich meinen Job sehr genossen. Ich stand nie gern allein auf der Bühne und glaube auch, dass wir mit der Sendung, vielleicht im Kleinen, aber tatsächlich etwas bewegt haben.
Zum Beispiel?
Jahnke: Es gibt eine neue Aufmerksamkeit für weibliche Comedians und Kabarettistinnen. Sie werden von den Medien eher wahrgenommen, es wird immer selbstverständlicher, dass auch Frauen zu den üblichen Sendungen eingeladen werden. Als Carolin Kebekus noch ein Programm von zwölf Minuten hatte, da war sie oft mit uns unterwegs. Ich fand sie schon immer grandios, aber jetzt knallt sie ja wie nix Gutes.
. . . Carolin Kebekus hat ja jetzt auch eine eigene Sendung.
Jahnke: Ja! Ich will nicht so weit gehen und sagen, das ist möglich, weil es die Ladies Night so lange gibt. Aber das hat alles miteinander zu tun. Künstlerinnen werden wahrgenommen, Veranstalter gucken zu, und schauen, wer für sie infrage kommen könnte. Dadurch, dass die Sendung seit mehr als einem Jahr bei der ARD läuft, ist noch eine andere Präsenz entstanden.
Was ist für Sie das Schöne daran, unter sich zu sein – von vereinzelt anwesenden Publikumsherren mal abgesehen?
Jahnke: Das Schöne ist die Stimmung. Die Künstlerinnen sind alle sehr Backstagekompatibel und es gibt gar keine Stutenbissigkeit, obwohl sich da eine Menge Alphaweibchen treffen.
Frau Jahnke in OWL
Ladies und mutige Männer aufgepasst! Gerburg Jahnke hat unterhaltsame „Gästinnen" eingeladen: Live erleben kann man sie am Mittwoch, 8. Februar, in der Stadthalle Bielefeld. Auf der Gästeliste stehen Frieda Braun, Sarah Hakenberg, Anka Zink und Liza Kos. Noch mehr Ladies gibt es am 12. Mai in der Paderhalle in Paderborn und am 13. Mai in der Stadthalle Beverungen zu sehen: an beiden Abenden sorgen Daphne de Luxe, Lisa Feller und Barbara Ruscher für Stimmung. Karten gibt es bei der NW und unter erwin-event.deWie läuft das Alphaweibchentreffen hinter der Bühne ab?
Jahnke: Es ist sehr kollegial, alle haben Spaß an dem Abend und versuchen auf der Bühne ihr Bestes zu geben. Es wirkt hinterher immer so, als hätten wir vorher geprobt. Haben wir aber nicht. Natürlich bekommen alle vorher Pläne und hinter der Bühne gibt es kleine Besprechungen, zum Beispiel zu Übergängen. Die Kolleginnen hören einander zu und das ist sehr ungewöhnlich. Sie sitzen dann da mit einem Sektchen in der Hand und bepissen sich über neue Gags der Kolleginnen. Es wird sehr viel voneinander wahrgenommen, besonders auch, wenn jemand neu ist.
Klingt fast wie ein Mädelsabend zu Hause . . .
Jahnke: Ja, es ist in Wirklichkeit ne Pyjama-Party. Wir haben nur was anderes an und tun so, als ob wir arbeiten würden. Wenn das Publikum dann noch mitmacht, dann geben die Ladies auch gerne eine Zugabe.
Sie sagen über sich, dass Sie früher „ganz schlimm Feminismus" hatten – und dass das auch nie mehr weggeht. Wie haben Sie den Feminismus denn „bekommen"?
Jahnke: (lacht) geile Frage! Ich habe ihn bekommen, weil es nichts anderes gab damals. Ich war zu jung für die 68er Bewegung und zu alt für den Punk. Es gab dazwischen nur Frauenbewegung – und es entsprach meinem Naturell. Denn meine Mutter hat immer gesagt: Sieh zu, dass du einen eigenen Beruf hast! Dann klappt auch alles andere. Ich habe aber immer den spaßorientierten Feminismus dem dogmatischen vorgezogen.
Aber Ihre Mutter hat wahrscheinlich eher Kunstlehrerin gemeint, das war doch mal der Plan . . .
Jahnke: Ja, oder Studienrätin, egal in welchem Fach. Hauptsache an der Schule!
Pädagogisch sind Sie ja auch zuweilen auf der Bühne unterwegs.
Jahnke: Ich finde, ich bin da unglaublich pädagogisch auf der Bühne. Ich bin zwar keine Missionarin, das ist immer noch Unterhaltung und nicht politisch. Aber ich glaube schon, man kann was lernen, wenn man zuhört.
Das gilt bestimmt auch für die Nachwuchskünstlerinnen. Haben die es heute leichter als Sie in Ihren Anfangsjahren, als Sie das Kabarettduo Missfits gegründet haben?
Jahnke: Ich glaube, dass wir es leichter hatten. Erstmal waren wir als „Missfits" zwei Frauen und dann gab es auch keine Schublade, in die wir gesteckt werden konnten. Wir hatten es insofern leicht, weil wir überall als Alibi-Frauen eingeladen wurden. Und wir haben uns mit den gesellschaftspolitischen Themen auseinandergesetzt, was damals sehr ungewöhnlich war. Heute gibt es ein Überangebot an jungen Kollegen. Sehr spannend in Sachen Nachwuchs sind Poetry Slams. Da findet man viele Frauen mit sehr guten Texten, die das als Einstieg nutzen. In Bielefeld ist zum Beispiel Liza Kos dabei, die mit geschriebenen Texten angefangen hat. Und Sarah Hakenberg, sie ist mittlerweile eine ziemlich renommierte Musikkabarettistin und ist auch im Poetry Slam angefangen.
Intimfrisuren, Hitzewallungen, Fortpflanzung im Mehrfamilienhaus – viele Ihrer Themen werden im Alltag eher hinter vorgehaltener Hand gehandelt. Brauchen Sie manchmal auch etwas Mut, um sie auf die Bühne zu bringen?
Jahnke: Nein!
Nein? O.K. ...
Jahnke: Ich habe das Wort „Ficken" schon so oft gesagt, dass es mir fast schon langweilig ist und ich es nur noch ganz selten benutze. Grenz- und Extrembereiche fand ich schon interessant. Aber ich spreche auch gerne über normale Ärgernisse wie Geschwindigkeitsbegrenzungen und Bürokratie oder über Alkohol und Rauchen. Und dann immer wieder gerne über das nach Hause kommen – und dann ist da dieser Mann. Das ist ja schon zu einer Fortsetzungsgeschichte geworden . . .
Diesen Mann gibt es mit Hajo Sommers ja wirklich und Sie sind seit 1994 mit ihm verlobt. Glauben Sie, dass Ihre Fans enttäuscht sein könnten, wenn Sie glücklich verheiratet wären – oder hört sich „Gerburg Sommers" einfach nicht an?
Jahnke: Ich finde Verlobung einen super Zustand, weil wir finanziell und vertraglich nicht gebunden sind. Jetzt haben wir keine Kinder, was eine Scheidung einfacher machen würde. Wir brauchen keinen Trauschein, haben aber eine Vollmacht füreinander. Das finde ich sehr wichtig, gerade wenn du älter wirst. Ich wollte auf der einen Seite zeigen: Guckt Leute, das ist der Mann, für den ich mich entschieden hab – das hat die Verlobung bewirkt. Auf der anderen Seite ist es möglich, mich in einer Beziehungsfreiheit zu halten. Und mich hat auch die Hochzeit als Event nie interessiert und fand es nie erstrebenswert, was Weißes anzuziehen (lacht).
Wie finden Sie das, dass sich Ihr Verlobter als Präsident von Rot-Weiß Oberhausen ausgerechnet auf einem spaßbefreiten Terrain wie Fußball engagiert?
Jahnke: Als er und seine Mitstreiter damit angefangen sind, fand ich das ganz großartig. Sie waren so wie die drei Musketiere, die einen sehr maroden Verein image- und fußballmäßig sehr nach vorne gebracht haben. Und das alles aus einer Leidenschaft für diesen Sport. Der Präsident und seine zwei Getreuen verdienen ja kein Geld damit – eher im Gegenteil. Und wenn der Verein ohne Geld ist, dann ist es sehr schwierig. Da offenbart sich auch die ganz Fußballmisere im Land. „Geld schießt Tore" stimmt oft leider. Und da tut er mir ein bisschen leid, wenn er mit seinem Idealismus und seiner Leidenschaft sehr viel Zeit investiert. Da denke ich manchmal schon, das könnte jetzt mal jemand anderes machen – und das geht ja auch alles von meiner Zeit ab. (lacht)
Wie sieht es denn mit Freundschaft zwischen Männern und Frauen aus? Glauben Sie dran?
Jahnke: Doch, ich glaube daran. Das ist auch eine Frage des Alters. Ich habe den Eindruck, je älter ich werde, desto öfter habe ich freundschaftliche Beziehungen zu Männern. Und das genieße ich auch sehr, weil das primäre sexuelle Interesse einen auch nicht so treibt. Mein erster Gedanke ist dann nicht: „Ist der geil!", sondern „Ist der klug". Und das finde ich bei Männern fast sexyer als alles andere.
Wenn Sie im nächsten Leben als Mann wiedergeboren werden, würden Sie sich dann als Zuschauer in die erste Reihe bei der Ladies Night trauen?
Jahnke: Ich habe doch gar nicht so was Schlimmes getan, dass ich als Mann wiedergeboren werde könnte, dachte ich (lacht). Wird man denn durch die Wiedergeburt automatisch bestraft?
Das kommt ganz auf den Karmastand an . . .
Jahnke: Ich meine, mein Karmastand ist so gut, dass ich da gar nicht Gefahr laufe, als Mann wiedergeboren zu werden. Aber wenn es dann doch passieren sollte, dann wäre ich als Mann auch so abenteuerlustig und würde mich in die erste Reihe setzen. Ja!