Ständige Verletzungsgefahr, ein bisschen Berühmtheit und der Super Bowl auf der Couch
Es gibt Gehirnerschütterungen, immer wieder rasseln die Köpfe zusammen. Wie kann man Kindern dazu raten, diesen Sport zu machen?
Esume: Kinder müssen wissen, wie sie Verletzungen vorbeugen. Denen darf man nicht sagen: „Geh mal Football spielen, das ist cool". Sondern: „Junge pass mal auf, wenn du Football spielst musst du Kraftsport machen, weil das deine Gesundheit schützt und du musst die richtige Technik benutzen." Wenn ich falsch tackle oder blocke, tue ich mir weh. Jugendcoaches haben bei uns den wichtigsten Job. Wenn die die Kinder verunglimpfen, ist es schwer, das wieder aus denen herauszubekommen.
ESUME: Oh, da kann man sich doll weh tun. Aber das kann dir im Fußball auch passieren, wenn dich jemand unterläuft und du auf den Nacken fällst.
In der NFL spielen derzeit fünf Deutsche. Ist da noch Luft nach oben?
Esume: Auf jeden Fall. Da geht noch was. Es gibt einige Deutsche am College und ich hoffe, dass man den derzeitigen Boom mit in die Vereine nimmt. Deswegen wäre es herausragend, wenn die Leute, die jetzt NFL gucken, im Frühjahr ihre lokalen Vereine unterstützen.
Haben Sie Kontakt zu den deutschen NFL-Spielern?
Esume: Kasim Edebali von den New Orleans Saints habe ich gerade getroffen. Ansonsten kenne ich Markus Kuhn und Super Bowl Champion Sebastian Vollmer aus den Kindercamps vor 13 oder 14 Jahren.
Seit diesem Jahr wird die NFL zum ersten Mal mit zwei Live-Spielen pro Spieltag auf ProSieben MAXX gezeigt. Die Quoten (teilweise über zehn Prozent) sind hervorragend. Wie fühlt es sich an, plötzlich ein bisschen berühmt zu sein?
Esume: Ich fühle mich überhaupt nicht berühmt. Ich bin nur ein Trainer, der über seinen Sport und seine Leidenschaft spricht. Es fühlt sich gut an, angesprochen zu werden, weil man merkt, dass der Sport den man liebt endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die man immer für ihn erhofft hat.
Angesprochen werden Sie seit ein paar Monaten also schon häufiger.
Esume: Es ist überraschend zu sehen, wer jetzt alles Football guckt. Auch die Oma, die am Flughafen neben mir sitzt und sagt: „Ach Herr Esume, sie waren wieder super gestern Abend." Bei der denke ich: „Huch, die ältere Dame guckt tatsächlich Football?" Und sie erzählt mir, ihr Mann schlafe immer ein, aber sie guckt das dann auch zu Ende und findet es total gut. Da realisiert man, wie groß die Reichweite ist. Das geht quer durch die Gesellschaft.
Haben Sie sich so eine Position als Experte mal erträumt?
Esume: Ne, da hab ich nie mit gerechnet. Ich hab von dem Kommentatoren-Casting gehört, aber gedacht: „Im Fernsehen hab ich nichts zu suchen." Wie der Zufall es will hatte ich mit der Ran-Redaktion zu tun und wurde auf meinen Football-Hintergrund angesprochen. Aber geplant war das nicht.
Hat das Football-Entwicklungsland Deutschland nur darauf gewartet, dass jemand die NFL überträgt?
Esume: Ja, glaube ich schon. Die Stadien in der NFL Europe waren ziemlich gut gefüllt. Mich hat es schon immer gestört, das riesige Potenzial brach liegen zu lassen.
Morgen ist Super Bowl. Fast eine Milliarde Menschen gucken das Spiel. Was macht dieses Finale so besonders?
Esume: Das ist das größte Sportspektakel. Egal, ob am Fernseher oder im Stadion – die Amerikaner schaffen es wie niemand anders, dieses Event zu zelebrieren. Die ganze Woche davor gibt es in den Medien drüben kein anderes Thema. Beim Spiel springen alle Emotionen aufs Publikum über. Es gibt Bilder aus der Kabine, aus dem Gang, sowas bietet der Fußball nicht. Als Fan bist du mittendrin. Dazu die Halbzeitshow. Das ist das coolste Event, das du machen kannst.
In den meisten US-Haushalten gibt es Chicken Wings. Was isst Patrick Esume am Super Bowl Sunday?
Esume: Puh, gute Frage. Wir haben eine große Show auf ProSieben MAXX. Ich hoffe da gibts Chicken Wings und Spareribs. Das gehört eigentlich zum guten Ton dazu.
Sie sind nicht als Kommentator beim Spiel. Ist das bitter?
Esume: Nein. Frank Buschmann und Jan Stecker haben dieses Spiel mit ihrer Art zu kommentieren in den letzten Jahren groß gemacht. Es ist klar, dass die hinfahren. Es gibt nichts dran zu rütteln, dass ich gerne da wäre. Aber ich bin hier und froh, das Spiel drei Stunden vorbereiten zu können. Da kann ich auch mal Taktiken und komplexere Spielzüge ausführlicher erklären.
Die Denver Broncos spielen gegen das beste Team der regulären Saison, die Carolina Panthers. Wer gewinnt?
Esume: Der alte Mann Peyton Manning (39) spielt gegen den neuen Star Cam Newton (26). Ein extrovertierter, schwarzer Quarterback, der sein Können auch gern zur Schau stellt. In 70 Prozent der Fälle gewinnt die bessere Defense, also die Broncos. Aber ich setze auf eine Wachablösung und sage Cam Newton und die Panthers machen es.
Patrick Esume
Als Footballer und Football-Trainer hat Patrick Esume in Europa fast alles erreicht. Der 41-Jährige Hamburger mit nigerianischem Vater gewann 2003 mit den Frankfurt Galaxy den World Bowl der NFL Europe, war Deutscher Meister, Französischer Meister und Trainer des Jahres in Deutschland. Seit dieser Saison kommentiert er für Sat.1 und ProSieben MAXX als Experte die NFL.
Patrick Esume sammelte seine ersten Erfahrungen in der NFL in einem „Minority Internship". Dort schauen Praktikanten den Trainern in der Regel nur über die Schulter. Diese Internships sind für Minderheiten, also vor allem dunkelhäutige Coaches, reserviert und für deren eigene Weiterbildung und Kontaktaufnahme gedacht.
Live im TV
Sonntag ab 20.15 Uhr moderiert Esume, unter anderem mit NFL-Profi Kasim Edebali, den Countdown zum Super Bowl auf ProSieben MAXX. Ab 23.15 Uhr wird das Spektakel live auf Sat.1 übertragen. Der Kickoff zum Super Bowl ist am frühen Montagmorgen um 0.30 Uhr.
IHRE MEINUNG IST GEFRAGT
American Football erlebt einen Boom bei uns. Es gibt Vereine, die doppelt so viele Anmeldungen haben wie letztes Jahr. Aber vor allem Gehirnerschütterungen passieren oft. Würden Sie ihrem Kind erlauben, immer wieder mit dem Kopf in jemand anderes hineinzulaufen? Wir freuen uns auf Ihre Post! Die Adresse ist ganz einfach:
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