Pet Shop Boys laden mit "Elysium" zum Chillen ins Jenseits

Könige des Elektropops legen neues Album vor

Neil Tennant (l.) und Chris Lowe haben mit ihrem neuen Album ein "tanzbares Requiem" vorgelegt. |

07.09.2012 | 09.05.2023, 13:20

Berlin. Für Spekulationen dürfte reichlich gesorgt sein. Das neue Album der Pet Shop Boys heißt "Elysium". Benannt nach der Insel der Toten in der griechischen Mythologie. In den Texten geht es um Abschied, Unsichtbarsein und darum, jeden Tag wie den letzten zu genießen.

Auf dem Bild im Booklet steht dazu Keyboarder Chris Lowe nicht nur (wie immer) einen Schritt hinter Sänger Neil Tennant. Er steht auch noch hinter einer trennenden Fensterscheibe. Im Jenseits, sozusagen. Ist einer der beiden krank und hat nur noch wenige Monate zu leben? In der Zeit seit dem Vorgängeralbum "Yes" (2009) habe Neil Tennant, wie er mitteilt, seine Eltern und eine enge Freundin verloren. So erklärten sich die gedämpfteren Töne.

"Elysium" (Parlophone/ EMI) ist das schwermütigste Album, das die Pet Shop Boys jemals eingespielt haben, seit dem sich beide 1981 in einem Londoner Elektroladen trafen und über ihre Vorliebe für italienische Discomusik ins Plaudern kamen. Traurige Texte mit Disco-Beat bestimmen das kluge Pop-Album. Schon beim ersten Song "Leaving" ist klar, wohin die Reise geht. Entspannte Lounge-Musik, die in spannungsvollem Gegensatz zu wehmütigen Texten steht. In "Invisible" geht es so weiter. Die Pet Shop Boys laden zum Chillen ins Jenseits.

Reizvoll psychedelisch

Fast immer geht es ums Durchhalten. Ob im eher schwachen Elektro-Gospel "Hold On" oder im reizvoll psychedelischen "Everything Means Something". "There’s A Place Behind This World" heißt es Trost stiftend in "Breathing Space". Selten nur erzählt Tennant in seinen Texten andere Geschichten. Vom Taxifahrer etwa, der während einer Fahrt fortwährend von den alten Songs der Boys schwärmt. Tennant schrieb einfach mit und machte daraus "Your Early Stuff".

Ein richtiger Ohrwurm wie "West End Girls" oder "Go West" ist nicht auf "Elysium". Die erste Single "Winner" wurde eine der am miesesten verkauften der Band überhaupt. Was nichts über die Qualität sagen muss. Leise Töne sind nicht so hittauglich.

Die typische Melancholie in Tennants Stimme ist ungebrochen. Dass die CD mit Produzent Andrew Dawson (Kanye West) zusammen in L.A. aufgenommen wurde, ist zu hören. Nicht, weil es ein Hip-Hop-Album geworden wäre. "A Face Like That" ist lupenreiner Elektro wie ihn New Order in den 80er Jahren aufgenommen haben könnten. Aber Wind und Meer wehen durch diese herrlich entspannten Sounds ebenso wie ein sanfter Anflug von Tod. Eine reizvolle Mischung. Der letzte Song "Requiem In Denim And Leopardskin" bringt es dann auf den Punkt. Die Pet Shop Boys haben ein tanzbares Requiem hingelegt.

Pet Shop Boys, "Elysium", (Parlophone/ EMI)

INFORMATION


"Wir denken nicht ans Aufhören"

Freundlich, professionell und stilsicher sind die Elektropop-Könige. Vor der Live-Vorstellung ihres neuen Albums "Elysium" in einem Berliner Theater standen die Pet Shop Boys Neil Tennant (58) und Chris Lowe (52) Gregor Tholl Rede und Antwort. Es geht um ihre neue Platte und das Aufhören.

Mr. Tennant, Mr.Lowe, Ihr neues Album heißt "Elysium" - was hat es damit auf sich?
NEIL TENNANT:
Der Titel spielt auf den Elysian Park in Los Angeles an, den wir während unseres Aufenthalts sehr mochten. Aber da wir auf Ein-Wort-Albumtitel abonniert sind, haben wir dann nur das Wort "Elysium" genommen, das man in vielen Sprachen versteht und das einen tollen Klang hat, mit all den Assoziationen zur griechischen Mythologie.

Das neue Album hat keine politische Botschaft, oder?
TENNANT:
Nein, unser vorletztes Album "Fundamental" hatte etwas Politisches, jetzt geht es wieder um persönliche Dinge – etwa Themen wie Älterwerden. Im Moment ist es schwierig, in Texten Politik einzufangen. Wie will man das machen: Schulden besingen?

Was halten Sie von diesem kolportierten Angriff von Elton John auf Madonna, sie sei zu alt und hätte schon vor Jahren aufhören sollen?
TENNANT (Pause):
Wir lieben Madonna!

Denken Sie ans Aufhören?
TENNANT:
Nein, wir denken ganz und gar nicht ans Aufhören. Und jeder Popstar sollte solange weitermachen, wie es angenehm für ihn ist und er gerne macht, was er macht. Das gilt nicht nur für Stars, das gilt für jeden Menschen. (dpa)