Bielefeld. Vor über 20 Jahren schrie Fußball-Trainer Erich Rutemöller: "Mach et, Otze". Gemeint war Frank Ordenewitz. Am Samstagabend war dieser Satz in leichter Mutation Leitmotiv in der ausverkauften Seidenstickerhalle. Bereits Minuten vor Beginn der Show von Atze Schröder mit dem Titel "Schmerzfrei" schien das Publikum nur einen Gedanken zu haben: "Mach et, Atze". Und der Ruhrpott-Comedy-König legte los - in Höchstform.
Rockmusik ballert aus den Boxen der Seidenstickerhalle. Es wird dunkel. Plötzlich blenden riesigen Schweinwerferkugeln auf. Die Musik dreht auf Maximum, ein lauter Knall - und er ist da. Atze Schröder weiß, wie er sein Publikum auf Touren bringt, ohne überhaupt einen Satz gesagt zu haben.
Während die letzten Bass-Akkorde noch durch den Körper zucken, legt Schröder bereits los. Sein Aussehen ist wie immer: deutlich zu enge Jeans, gigantische Gürtelschnalle, eine Lockenpracht, die sonst nur Arminia Bielefelds Trainer Stefan Krämer zu tragen vermag, und natürlich die blau getönte Pornobrille.
Doch Zeit für eine genauere Betrachtung dieses Bühnen-Machos in Reinform bleibt kaum. Schröder feuert Pointen in Maschinengewehrgeschwindigkeit. Die Lachpause moderiert er mit seinem altbekannten "Ja sicha".
Ansonsten war aber nicht viel mit Altbekannten - im Gegenteil. Atze wird auf seine alten Tage noch richtig politisch. Ob Helmut Schmidt, Christian Wulff oder Dr. Silvana Koch-Mehrin, Schröder nimmt kein Blatt vor den Mund. Durch seine lockere, direkte Art ist Atze besser als so manches politisches Kabarett. Er sagt, was die Menschen denken. Atze ist eben, wie sein Programm schon sagt, schmerzfrei.
Schmerzfrei ist Atze Schröder, das menschgewordene Testosteron aus Essen, aber nicht nur mit seinen Opfern. Er kann auch über sich selbst lachen. Witze auf eigene Kosten macht er während seines Programms eigentlich schon genug. Wenn es dann einem so erfahrenen Bühnenkünstler auch noch passiert, dass er sich aus Versehen den Kopf am eigenen Mikro stößt und darüber selbst mehr lacht als sein Publikum, ist der Abend perfekt.
Er beherrscht die Menge
Publikum ist sowieso eines der Stichworte für Atze Schröder. Der Essener beherrscht die Menge, lässt sie immer wieder lautstark teilhaben an seiner Show. Und Schröder bereitet sich ordentlich auf seinen Auftritt vor. Wie selbstverständlich baute er Versmold, Gütersloh, Herzebrock und andere Städte der Region in sein Programm ein. Lachen über Nachbarstädte geht und funktioniert immer.Nach zwei Stunden Powerplay-Programm über Fritz Wepper, Porschefahrer, Herrenabende und afrikanische Stammeshäuptlinge war Atze am Ende.
Schnaufend verabschiedete er sich von seinem Publikum - und das Publikum dankte es ihm. Mit Ovationen im Stehen ließen die Zuschauer ihren Atze erst nach Minuten von der Bühne. Ein Zuschauer am Bierstand fasste den Abend schließlich am treffendsten zusammen: "Atze is einfach der Geilste."