"Xandria" lässt es krachen

Die Bielefelder Band veröffentlicht neues Metal-Album

Sängerin Manuela Kraller mit Nils Middelhauve (v.l.), Gerit Lamm, Marco Heubaum und Philip Restemeier. | © FOTO: XANDRIA

Anke Groenewold
01.03.2012 | 17.06.2022, 14:27

Bielefeld. Fünf Jahre sind seit ihrem letzten Album "Salomé - The Seventh Veil" vergangen. Eine lange Zeit im schnelllebigen Musikgeschäft. Dabei war die Bielefelder Band "Xandria" live nie weg vom Fenster. Doch jetzt hat die Truppe ein neues Album am Start: "Neverworld’s End".

Das ist eine große Überraschung: "Xandria" hat einen Riesenschritt nach vorn gemacht. "Man lernt dazu, und jetzt sind wir so weit, dass wir umsetzen können, was uns immer vorgeschwebt hat", sagt Bassist Nils Middelhauve.

Die Musik ist deutlich härter und theatralischer, gleichzeitig auch ausgefeilter und gewagter als zuvor. Weg vom Gothic Rock - eine Schublade, in der sich die Band vom damaligen Label gedrängt fühlte und in der sie sich nie richtig wohl gefühlt hat - hin zu krachendem Metal und sinfonischer Wucht, angereichert mit folkigen Elementen. Eingängig, aber nicht einfältig. Ein elektrisierender Neuanfang.

Personelle statt kreativer Krise

Dass die Fans so lange auf das neue Album warten mussten, liegt nicht daran, dass die Band eine kreative Krise hatte. Die war eher personeller Art. Nachdem Lisa Middelhauve die Gruppe 2008 verlassen hatte, fand "Xandria" mit Kerstin Bischof schnell eine neue Sängerin. Aber schon nach einem Jahr verließ sie die Band wieder.
Information

Die Alben von "Xandria"

  • 2003: "Kill the Sun"
  • 2004: "Ravenheart"
  • 2005: "India"
  • 2007: "Salomé – The Seventh Veil"
  • 2008: Best-of-Album "Now & Forever".
  • 2012: "Neverworld’s End". Das Video zur Single "Valentine" wurde in einer ehemaligen Lungenheilanstalt gedreht.
  • Die Webseite der Band

Gleichzeitig lief der alte Plattenvertrag aus. "Xandria" musste sich auf die Suche nach einer neuen Label machen. Das Songmaterial, das sich jetzt auf der neuen Platte findet, war größtenteils schon fertig. "Aber es war nicht sinnvoll, an eine Plattenfirma heranzutreten, ohne eine Sängerin zu haben", erzählt Middelhauve.

Also ging erneut die Suche nach einer Frontfrau los. Die zog sich hin. Es sollte eben passen - stimmlich wie menschlich. Bewerberinnen gab es reichlich, unter anderem aus den Niederlanden, USA, Russland und Spanien. "Eine der heißesten Kandidatinnen kam aus Uruguay", erinnert sich der Bassist, der seit 2004 in der Band ist. "Aber das wäre logistisch ein Problem geworden."

Klassisch geschulte Power-Stimme

Zehn Sängerinnen lud die Band zu Proben nach Bielefeld. Die Wahl fiel schließlich auf Manuela Kraller. "Beim Vorsingen war es so, als ob ich die Jungs schon ewig kenne", sagt die Sängerin mit der klassisch geschulten Power-Stimme, die auf einem Bauernhof im Berchtesgadener Land lebt. Ihren ersten gemeinsamen Auftritt hatten sie Anfang 2011 bei "Classic Meets Pop" in der Bielefelder Seidenstickerhalle. "Ich war mega-aufgeregt", erinnert sich der dunkelhaarige Sopran mit dem bayrischem Zungenschlag, "aber danach stellte sich sich das ,Wir sind eine Band’-Gefühl sehr schnell ein."

Eine Tour im vergangenen Herbst schweißte die fünf endgültig zusammen. Und Manuela Kraller weiß jetzt, wie sie sich auf eine kräftezehrende Tour vorbereiten muss: mehr Sport und gesunde Ernährung. Die Band ist fit für ihre bevorstehende internationale Tournee. Am Wochenende wird geprobt. In Bielefeld. Denn der Bassist Nils Middelhauve, der Schlagzeuger Gerit Lamm und der Gitarrist Philip Restemeier leben immer noch hier und gehen ihren Berufen nach. Der Bandgründer, Songschreiber, Gitarrist und Keyboarder Marco Heubaum lebt inzwischen in Osnabrück. Manuela Kraller hat die weiteste Anreise. "Die Jungs wollen, dass ich hochziehe, aber es ist sehr schön hier", schwärmt sie von ihrer bayrischen Heimat.

Ende März geht es live mit drei Deutschland-Konzerten in Karlsruhe, Andernach und Hamburg los. Eine Europa-Tournee soll sich anschließen. Auftritte in China und Taiwan im Sommer stehen fest. Und wer weiß, wo "Xandria" auf diesem Planeten noch landen wird - ist das Quintett in der Vergangenheit doch bereits in Südamerika, Südkorea und Russland aufgetreten.

Ein Junge auf der Schwelle zum Erwachsenwerden

Diese Erfolgsgeschichte made in Bielefeld ist fast so märchenhaft wie das Cover von "Neverworld’s End". Es spiegelt das thematische Leitmotiv wider, das Komponist und Texter Marco Heubaum mit seinen Songs variiert. Das Bild zeigt einen Jungen auf der Schwelle zum Erwachsenwerden. Seine Fantasiewelten und Kindheitsträume zerbrechen. Aber er selbst hält den magischen Schlüssel in der Hand und damit die Macht, "diese Welten in sich zu bewahren", erklärt Nils Middelhauve. Das hat Manuela Krallers Nerv getroffen. "Ich fühle mich genau wie dieser kleine Junge, der den Schlüssel in der Hand hat, obwohl ich die Songs nicht selbst geschrieben habe", sagt sie. Die 30-Jährige hat sich jetzt getraut, ihren Job an den Nagel zu hängen, um ihren Traum wahr zu machen. "Ich bin keine Sozialpädagogin aus Leidenschaft, ich bin Künstlerin."