Bielefeld. Keine schlechte Idee, eine Beatles-Tribut-Show vom Ende her zu erzählen. Schließlich haben die berühmten Pilzköpfe im Studio auch gerne mit solchen chronologischen Finessen experimentiert, Aufnahmeteile kurzerhand rückwärts eingespielt, überhaupt manches Pferd von hinten aufgezäumt. Ob-La-Di, Ob-La-Da.
Und natürlich ging das Leben weiter, auch nachdem sich die Kultband 1969 aufgelöst hatte. Nur war es vielleicht etwas nüchterner geworden ohne die „Fab Four", die einige Jahre lang für so viel Furore gesorgt hatten. Ihr letztes Konzert, mit dem das Musical „All You need is Love" in der Stadthalle Bielefeld eröffnete, fand am 10. Januar auf dem Dach des Apple-Gebäudes in London statt. Es dauerte nicht lange, bis es von den Bobbies aufgelöst wurde.
Und doch ließ gerade dieser hohe Abgang mit Stil noch einmal aufscheinen, was die Beatles einst ausgemacht hatte. Ihre anarchische Energie, ihre wilde Freude am Spielen, ihr wunderbar lässiges Pfeifen auf jegliche Konvention. Eine zwingende Leichtigkeit, die ihnen in zehn Jahren Bandgeschichte mehr und mehr abhanden gekommen war, fast abhanden gehen musste. Zu steil die Karriere, zu eng das Miteinander, zu viel Geld im Spiel. Dennoch – so stark waren die Impulse, die von den vier legendären Liverpooler Musikern ausgingen, dass sie auch 50 Jahre später noch immer Begeisterung auslösen können.
Authentische Bühnen-Outfits
Zumal wenn sie von einer Tribut-Band revitalisiert werden, die ihr Handwerk so gut versteht wie das perfekt aufeinander eingespielte Quartett „Twist & Shout". Mit dem souveränen Alan Le Boeuf als Paul McCartney und dem eher schüchtern agierenden Howard Arthur als John Lennon. Im Rahmen der amerikanischen Musical-Produktion „All You Need is Love!", die seit vielen Jahren auch auf europäischen Bühnen Erfolge feiert, gelang es den beiden zusammen mit John Brosnan als George Harrison und Carmine Francis Grippo als Ringo Starr vor 650 Zuhörern einen Funken des damaligen Spirits zu entzünden.
Zum geradlinigen Beginn, der zu der angenehm zurückhaltend und in perfekt authentischen Bühnen-Outfits auftretenden Coverband passte, also „Come Together" und „Get Back", analog zum letzten Konzert der Beatles über den Dächern von London. Im Anschluss ein kurzweilig moderiertes und mit minimalen Mitteln nachgespieltes Erinnern an die Anfangsjahre der Band. Hamburg, der Star-Club, Polydor und Bert Kaempfert. Später Brian Epstein, die Abbey Road Studios, der wahnwitzige Erfolg, erst in England und später auch in den Staaten, wo die vier Briten in Lichtgeschwindigkeit noch bekannter wurden als Elvis Presley – keine gesunde Entwicklung.
Epsteins früher Tod mit nur 32 Jahren und die damit verbundene plötzliche Orientierungslosigkeit innerhalb der Band. Riskante Drogenexperimente. Pop-Art und Yoko Ono. Das tiefe Zerwürfnis zwischen Paul und John. Fakten, die fast zur musikalischen Allgemeinbildung gehören.
Sie vor dem Hintergrund historischer Filmaufnahmen noch einmal präsentiert zu bekommen und dazu jede Menge wirklich gut nachgespielter Beatles-Klassiker, machten den Abend zu einer runden Sache für alle Fans.
Und als Howard Arthur als eine der letzten Zugaben ein stilles „Imagine" anstimmte – ein Song, der in diesen Tagen besonders zu berühren vermochte – wusste man im Übrigen einmal mehr, was die Welt an John Lennon verloren hat.