Mehr als 163.000 schwerbehinderte Menschen leben nach Angaben des statistischen Landesamts IT NRW in Ostwestfalen-Lippe. Zum Vergleich: Bundesweit gibt es knapp 10,2 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung. Somit gehört jeder achter Einwohner dazu. Trotz der zahlreichen Unterstützungsangebote, die ihre Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen sollen, bleibt der Weg zur beruflichen Integration für viele Behinderte schwierig.
Wie viele Menschen mit Handicap in OWL beruflich aktiv sind, welche Rolle die Werkstätten für Behinderte bei ihrer beruflichen Rehabilitation spielen und wie hoch die Beschäftigungsquote unter Behinderten in Westfalen ist – unsere Mitarbeiterin Elena Gunkel hat recherchiert.
Arbeit oder Rente?
Wann und in welchem Ausmaß stehen Menschen mit Handicap dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und wann nicht? Marc-Sebastian Alex, Geschäftsbereichsleiter im Jobcenter Bielefeld, erklärt: „Schwerbehinderte Menschen stehen dem Arbeitsmarkt grundsätzlich zur Verfügung, solange sie nicht erwerbsunfähig sind."
Über die Erwerbsfähigkeit sage die Schwerbehinderung selbst zunächst nichts aus. Doch die vorhandenen Einschränkungen bei den betroffenen werden bei der Integration in den Arbeitsmarkt in jedem Fall berücksichtigt.
Werkstätten
Nach Angaben der LWL-Behindertenhilfe hat Westfalen-Lippe bundesweit eines der dichtesten Netze an Werkstatt-Standorten. Allein in den LWL-Werkstätten werden aktuell knapp 42.000 Menschen mit Handicap beschäftigt, bei „proWerk" Bethel in Bielefeld liegt diese Zahl laut dem Geschäftsführer Martin Henke bei rund 2.400.
„Für viele Betroffene, die (noch) nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten können, sind die Werkstätten für Behinderte Menschen für die berufliche Integration unverzichtbar", sagt Leiter des LWL-Integrationsamts Ulrich Adlhoch.
Beschäftigung
2015 haben 13.197 Schwerbehinderte in NRW nach Angaben der Agentur für Arbeit eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder eine Selbständigkeit aufgenommen. Das ist um zehn Prozent mehr als im Jahr davor.
In Westfalen sind rund 90.000 Menschen mit Handicap laut LWL auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt, also bei herkömmlichen Arbeitgebern und nicht in einer Werkstatt. In privater Wirtschaft liegt die Beschäftigungsquote in Westfalen bei 4,5, im öffentlichen Dienst bei 6,5 Prozent und damit über der gesetzlichen Pflichtquote von 5 Prozent.
Arbeitslosigkeit
Trotz der positiven Entwicklung der vergangenen Jahre haben schwerbehinderte Menschen in OWL, wie auch bundesweit, ein hohes Risiko arbeitslos zu sein. Das bestätigt Martin Henke, Geschäftsführer von „proWerk" Bethel: „Von der günstigen Entwicklung des Arbeitsmarktes sind schwerbehinderte Menschen nahezu abgekoppelt."
Aber: „Die Bereitschaft der Arbeitgeber in der Region, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen, wächst", sagt Henke. Der größer werdende Fachkraftmangel unterstütze diese Entwicklung. „Aber es gibt noch viel Luft nach oben."
Angebote
Für die Agentur für Arbeit spielt die berufliche Rehabilitation der Menschen mit Behinderung seit der Erstellung des „Nationalen Aktionsplans Leitgedanke Inklusion 2011" eine besonders wichtige Rolle. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Projekte zur Berufsorientierung und Schaffung neuer Arbeits- und Ausbildungsplätze gestartet.
Der Integrationsfachdienst von Bethel ist eine der Institutionen, die die viele Angebote zur beruflichen Rehabilitation der Behinderten sowohl für Betroffene als auch für Arbeitgeber übersichtlicher machen sollen.