Paderborn

Der rote Kaplan vom Gierswall

Christentum und Sozialismus: Die Ideen des Wilhelm Hohoff sind immer noch aktuell

Leser fragen, die NW erklärt. | © NW

31.10.2016 | 31.10.2016, 11:43

Paderborn. Die Gedenktafel für Wilhelm Hohoff am Haus Gierswall 24 ist bereits etwas verwittert. Sie erinnert an einen Mann, dessen Ideen aber in Zeiten, in denen die Christlich Soziale Union vor einer Linksfront warnt, immer noch aktuell sind.

Denn der im Revolutionsjahr 1848 im sauerländischen Medebach geborene und 1923 in Paderborn verstorbene Hohoff hat sich als katholischer Geistlicher intensiv mit dem Verhältnis von Christentum, Sozialismus und Kapitalismus beschäftigt. Der auch als "Roter Kaplan" bekannte Theologe hatte in Münster, Bonn und Marburg auch Philosophie, Nationalökonomie sowie Geschichte studiert und wurde 1871 zum Priester geweiht. Hohoff war Kaplan und Vikar auf Schloß Hüffe und in Petershagen im Kreis Minden, musste die Seelsorge jedoch bereits 1905 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Der vielseitig Begabte zog an den Gierswall und widmete sich endgültig der Wissenschaft.

Bereits 1873 hatte Hohoff eine schriftliche Kontroverse mit August Bebel geführt. Der Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie hatte erklärt, dass sich "Christentum und Sozialismus gegenüberstehen wie Wasser und Feuer". Hohoff gab Bebel eine viel diskutierte Antwort: "Nicht Sozialismus und Christentum, sondern Kapitalismus und Christentum stehen einander gegenüber wie Feuer und Wasser."

Der Paderborner war ein hoch geschätzter Briefpartner. Wissenschaftler wie Werner Sombart und Max Weber, Politiker wie Leo Trotzki und Wladimir Iljitsch Lenin haben mit ihm korrespondiert. Friedrich Engels soll ihn auf Schloß Hüffe besucht haben. Hohoffs Hauptwerk trägt den Titel "Die Bedeutung der Marxschen Kapitalkritik".

Das alles gefiel der katholischen Obrigkeit nicht besonders. Im "Amtsblatt für die Diözese Paderborn" war im August 1922 von einem "Ärgernis" und "Missbilligung" zu lesen. An Hohoffs Beerdigung im Februar 1923 aber nahm der damalige Paderborner Erzbischof Caspar Klein dennoch teil.


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