Von
Jochem Schulze
05.09.2016 | 05.09.2016, 12:33
Paderborn
Damals zündelten zwei Schüler aus politischen Motiven
Paderborn. Der Brand im Pelizaeus-Gymnasium hat in der vergangenen Woche für viel Gesprächsstoff gesorgt. Bei alteingesessenen Paderbornern wurden Erinnerungen wach. Denn in der Schule am Gierstor hatte es auch im Jahr 1969 bereits gebrannt.
In der Nacht von 28. auf den 29. November legten ein 20 Jahre alter Pelizaeus-Schüler und ein 16 Jahre alter Theodorianer im Erdgeschoss des Hauptgebäudes ein Feuer. Ein Abstellraum, der Kartenraum und das Schularchiv brannten beinahe vollständig aus. Der Schaden wurde auf 200.000 Mark taxiert. Erst 20 Monate nach der Tat, im Juli 1971, verurteilte das Jugendschöffengericht die Täter zu jeweils einem Jahr Jugendstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Beide Schüler hatten während der Tat unter dem Einfluss von Drogen gestanden.
Die Brandstiftung fiel in die Zeit eines politischen Umbruchs. Im Oktober 1969 hatte mit Willy Brandt erstmals ein Sozialdemokrat die Kanzlerschaft übernommen. In Paderborn aber erreichte die CDU bei Wahlen weiter satte Zweidrittel-Mehrheiten. So politisierten und radikalisierten sich in der Stadt einige Jugendliche und Schüler. In einem Flugblatt der Paderborner Föderation Neue Linke, der beide Täter angehörten, war in der typischen Kleinschreibung jener Tage "von einer stadt, in der jeder andersdenkende im kleinbürgerlichen mief zu ersticken droht" die Rede. Dem sollte mit "Gewalt gegen Sachen" entgegengewirkt werden. Der ältere der beiden Brandstifter sprach also zunächst von einer "heroischen Tat". Vor Gericht zeigte er sich geläutert und kam glimpflich davon. Dass der Schüler acht Tage vor dem Brand auch noch alle 30 Klassenbücher aus dem "Pelle" geklaut hatte, blieb lediglich eine Randnotiz.
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