
Salzkotten. Volksfest in Salzkotten: 4.000 Menschen, beste Laune, Bier und Bratwurst, dazu ein fast blauer Himmel über der Dreckburg.
Wer Sarah Connor nicht kennt, lebt in einer anderen Welt. Man erinnert sich an große Hits, wunderbar peinlich vergurkte Nationalhymnen, noch peinlichere Dokusoaps und fleischfarbene Unterhaltung zur Prime-Time. Seit einem Jahr ist sie wieder da und rockte die Charts mit ihrem ersten deutschsprachigen Album „Muttersprache", das auch als Arbeitstitel der Sommertournee 2016 dient.

Pünktlich um 20 Uhr, der Bühnenvorhang ist noch zu, geben vertraute Groundbeats in krachender Lautstärke ein gutes Bauchgefühl. „Halt mich" heißt der Song, der auch das Album eröffnet, und für die ganz jungen Leute ist tatsächlich jetzt schon kein Halten mehr. In den 15 Jahren, die Sarah Connor jetzt im Rampenlicht steht, ist scheinbar eine neue Generation von Fans herangewachsen, die ihre Handys zum Himmel recken und ihr flüchtiges Glück einfangen als wärs ein Pokemon.
Zwei beste Freundinnen können es gar nicht fassen
„Die Handys könnt ihr nach dem dritten Song gleich wieder einstecken" erklärt eine sichtbar schwangere Sarah Connor, die mit grauem Filzhut und lässigen Klamotten nicht gerade urbanen Chic ausstrahlt. An diesem Outfit werde sich im Laufe des Konzertes nichts mehr ändern, sie habe nicht mehr so viel, was ihr noch passt.
So plaudert sie entspannt mit dem Publikum, über das Landleben, das kennt sie aus ihrer Jugend (nicht in Delmenhorst, sondern in Wildeshausen), über die Scheunen in Salzkotten und über ihre beste Freundin, die in Paderborn wohnt. Das Thema „Beste Freundin" wird später noch weiter variiert, zwischendurch gibt es weiter Musik, begleitet von der „besten Band der Welt".
Der leicht soulige Ton wird von drei exzellenten Backgroundsängerinnen atmosphärisch so verdichtet, dass die eingestreuten R-n-B-Nummern aus Sarah Connors englischer Zeit, der Vatersprache, richtig schwarz klingen. Es ist eine gesunde Mischung aus starken gefühlsechten Balladen und klaren Rocknummern. Zwischendurch spielt sie souverän mit dem Publikum. „Sarah!!! Ich will ein Foto mit Dir!" schallt es aus dem Publikum. „Dann komm doch hoch!" ist die lässige Antwort, Sarah und Ina, beste Freundinnen seit 19 Jahren, kommen auf die Bühne und können gar nicht fassen, was hier geschieht. Sarah Connor schickt noch ihren Mega-Hit „From Sarah with Love" hinterher, der mit leichten Bossa-Rhythmen viel lebendiger klingt als früher.
Irgendwann kommt auch der neue Hit „Wie schön du bist", die aktuelle Hymne für alle Pubertierenden, und gerne hätte man von ihr ein paar Worte zu der genialen Parodie von Carolin Kebekus „Wie blöd du bist" gehört. Sowas hat sie nicht nötig, sie gehört selber zu den Guten. Man weiß von ihr, dass sie eine Flüchtlingsfamilie aufgenommen hat, auch darüber spricht sie nicht. Doch gibt sie dem Salzkottener Publikum eine Botschaft mit auf den Weg. „Als Mutter, als Frau, als Mensch" . Das Lied heißt „Augen auf", Sarah Connor singt zu Klavierbegleitung mit Blick auf einen Monitor, der Bilder zeigt, die leider nicht von allen Seiten zu erkennen waren. Das letzte ist das gute alte Peace-Zeichen aus den Siebzigern. Und der Text „wenn sie wieder marschieren" erinnert tatsächlich an die Liedermacherszene vergangener Zeiten, was gut tut und überhaupt nicht retro wirkt. „Krieg deinen Arsch endlich hoch, Zeit aufzustehn."
Schön wenn das noch mal jemand singt.