26.09.2015 | 26.09.2015, 07:11
Paderborn
Wirtschaftliche Schieflage: Paderborner Textilunternehmen strebt eine Sanierung unter Insolvenzschutz an. 170 Mitarbeiter wurden gestern in einer Betriebsversammlung informiert, dass Entlassungen nicht ausgeschlossen sind
Paderborn. "Wenn das Geld knapp wird, sparen die Leute eher an der Unterwäsche als am Handy", sagt Markus Regenstein, einer der Geschäftsführer des auf elastische Strickwaren für Mieder-, Wäsche- und Sportbekleidung spezialisierten Paderborner Textilunternehmens Penn Textile Solutions. Das Unternehmen hat beim Amtsgericht Paderborn einen Antrag auf Einleitung eines Eigenverwaltungsverfahrens gestellt. Zweiter Geschäftsführer der im Januar 2010 durch ein sogenanntes Management-buy-out von einer spanischen Unternehmensgruppe übernommenen Firma ist Thomas Siemensmeyer. Die 170 Mitarbeiter wurden von der Geschäftsführung gestern in einer Betriebsversammlung informiert. Die Löhne und Gehälter seien für die nächsten drei Monate über das Insolvenzgeld abgesichert. Ob es zu Entlassungen komme, entscheide sich in den nächsten sechs bis acht Wochen. Lohnkürzungen schließt der Geschäftsführer aus.
Mit der Eigenverwaltung wolle das Unternehmen die seit März 2012 geltenden Möglichkeiten einer Sanierung unter Insolvenzschutz nutzen. "Wenn wir diesen Schritt jetzt nicht gehen, riskieren wir irgendwann die Pleite", sagt Regenstein. Hintergrund der wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens, das nach eigenen Angaben rund 20 Millionen Euro pro Jahr erwirtschaftet, sei der "deutliche Umsatzrückgang unter dem seit 2011 die gesamte deutsche Textilbranche leidet. Die Umsätze sind seit vier Jahren um rund ein Viertel gesunken". Besonders die Exporte in den südeuropäischen Raum seien durch die Finanz- und Bankenkrise stark zurückgegangen. "Wir haben Handlungsbedarf gesehen und müssen uns strategisch neu aufstellen. Die Technologien, die wir haben, müssen wir jetzt für andere Märkte modifizieren", erklärt Regenstein. Mit neuen Produktlinien wie beispielsweise Stoffe zur Verdunklung von Gewächshäusern, sei man bereits auf einem guten Weg. "Der Investor glaubt an das Produkt. Jetzt müssen wir den Gläubigern einen Plan vorstellen." In der Eigenverwaltung steht das Unternehmen lediglich unter der Aufsicht des Amtsgerichts und eines vorläufigen Sachwalters, der aber keine operative Verantwortung übernimmt. Es handelt sich dabei um ein Sanierungsverfahren, bei dem das Unternehmen erhalten werden soll. Zur vorläufigen Sachverwalterin hat das Amtsgericht Paderborn laut Regenstein die Rechtsanwältin Sandra Bitter bestellt. Penn Textile Solutions wird durch die Wirtschaftskanzlei und Unternehmensberatung Buchalik Brömmekamp (Düsseldorf) durch das Verfahren begleitet. Zudem wird Rechtsanwalt Daniel Meintz als Sanierungsgeschäftsführer die Unternehmensleitung ergänzen. Der Geschäftsbetrieb des Unternehmens wird während des Eigenverwaltungsverfahrens in vollem Umfang fortgeführt. "Produktion und Lieferfähigkeit sind umfassend gesichert", sagt Regenstein.
Ein Webabo bietet Zugriff auf alle Artikel.
Mit NW+-Updates per Mail - jederzeit kündbar.