Paderborner Apotheker findet Nachfolge und teilt vorm Abschied gegen Günther Jauch aus

Paderborn. Toni Rimrod ist unzufrieden. Seit 1981 ist er im Geschäft. Angefangen hat alles mit einer Apotheke am Maspernplatz. Über vier Jahrzehnte später ist er 77 Jahre alt, sein Sohn und seine Schwiegertochter sind ihm inzwischen in seinen Beruf gefolgt und die Familie betreibt mehrere Standorte in der Region. Immer noch steht Rimrod hinter dem Tresen an der Kasse, berät, empfiehlt und arbeitet nachts, wenn ein Notdienst besetzt werden muss. Vieler seiner ehemaligen Kollegen sind bereits Rente und fragen ihn: &bdquo;Warum machst du das noch?“ &bdquo;Mir liegt es besonders am Herzen, dass die Bevölkerung versorgt wird“, antwortet der gebürtige Franke dann. Jetzt soll es doch bald in den Ruhestand gehen. Denn für seine Kastanienapotheke in Benhausen hat Rimrod nach längerer Suche eine Nachfolge gefunden. Astrid Müller-Reiche soll auf Rimrod folgen und ab dem 1. Dezember übernehmen. Sie habe vorher zwei Apotheken in Paderborn betrieben, die nun abgewickelt werden. Rimrod könnte sich jetzt getrost zurücklehnen und die Arbeit hinter sich lassen. Aber er ist nicht glücklich darüber, in welchem Zustand er seine Branche verlässt. Was ihn vor allem stört? Günther Jauch, genauer gesagt dessen Werbespots für Online-Shop-Apotheken. &bdquo;Das sind keine Apotheken, sondern reine Versandhäuser“, sagt Rimrod. Unrecht hat Rimrod mit dieser Aussage nicht. Denn bekannte Vertreter wie &bdquo;Shop-Apotheke“ und &bdquo;Docmorris“ haben ihren Sitz in den Niederlanden – und dort muss man kein Apotheker sein, um einen Versandhandel für Medikamente zu betreiben. Warum Online-Apotheken günstiger sind Laut Statistischem Bundesamt kaufen aber immer mehr Menschen in Deutschland ihre Arznei online. 2024 waren das 21 Prozent der Bevölkerung im Alter von 16 bis 74 Jahren. Im Jahr 2021 lag dieser Anteil noch bei 16 Prozent. Mit Einführung des E-Rezepts boomt das Geschäft noch mehr. Einen Trend, den der Paderborner Apotheker nicht begrüßt. Weitere Informationen: &bdquo;Ich sehe die Zukunft eher skeptisch“: Medikamentenversorgung im Kreis Paderborn Das hat mehrere Gründe. Ein Problem ist die Zuzahlung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt in der Regel die Kosten dafür, der Versicherte trägt einen Teil davon als Zuzahlung mit, heißt es vom Bundesgesundheitsministerium. Grundsätzlich leisten Mitglieder Zuzahlungen in Höhe von zehn Prozent des Abgabepreises, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro. Diese Regeln gelten grundsätzlich auch für Internet-Apotheken, heißt es weiter. Aber eben nur grundsätzlich. Rimrod sagt, dass die Online-Apotheken auf diese Zuzahlung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten verzichten würden – und damit die Preise drücken. &bdquo;Das ist Wettbewerbsverzerrung“, sagt Rimrod. Denn reguläre Apotheken seien an ihre Preise gebunden, während für die in den Niederlanden gemeldeten Versandapotheken andere Regeln gelten würden. Was den Paderborner Apotheker an &bdquo;Docmorris“ und &bdquo;Shop-Apotheke“ stört Ein weiteres Problem: mangelnde Beratung. Die sei aus Sicht von Rimrod online gar nicht möglich, aber unbedingt notwendig. Vor allem bei älteren Patienten, die viele verschiedene Medikamente einnehmen würden. Es gebe bei den genannten Versandhäusern eine Hotline, aber die sei – so berichtet der Apotheker selbst – häufig überlastet. Der Vorteil bei den regulären Apotheken sei, dass schnell und effektiver beraten werde, weil sie gegebenenfalls Symptome vor Ort bereits erkennen könnten. Des Weiteren gebe es online keinen Notfalldienst. Und speziell bei Stammkunden liege eine vollständige Übersicht der Medikation vor. Denn die E-Patientenakte sei nicht immer vollständig. Kritik übt Rimrod auch an der Politik und den Krankenkassen. Laut dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen gibt es – Stand 1. Januar 2025 – rund 94 Krankenkassen. Da gebe es laut Rimrod Einsparpotenziale, mit Blick auf die Gehälter der dortigen Vorstandsposten. Das sei ärgerlich, weil die Honorare der Apotheke indes seit rund 20 Jahren nicht mehr erhöht wurden. Auch die Verbindung zwischen der Politik und den Apotheken sei problematisch. Rimrod verweist dabei beispielsweise auf das Sponsoring eines SPD-Bundesparteitags durch &bdquo;Docmorris“. Im Dezember 2023 zahlte das Unternehmen rund 7.000 Euro an die Partei, wie auch aus einer Veröffentlichung der SPD hervorgeht. Lesen Sie dazu mehr: Paderborner Experte zur E-Patientenakte: &bdquo;Idee ist gut, aber nicht die Umsetzung“ Auch die Nähe des CDU-Politikers und ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn zum &bdquo;Docmorris“-Vorstand Max Müller sehe er heikel. Im April 2006 gründen Müller und Spahn mit Markus Jasper, Leiter von Spahns Abgeordnetenbüro, eine Gesellschaft, der die Agentur Politas gehört. Das sorgte später für Schlagzeilen, weil Politas auch Kunden aus der Pharmabranche beriet und Spahn zu dieser Zeit bereits im Gesundheitsausschuss saß, wie das Fachmagazin &bdquo;Apotheke adhoc“ berichtete. Spahn geriet danach mehrmals in die Schlagzeilen. 2012 wird Spahns Beteiligung von 25 Prozent an der genannten Gesellschaft bekannt. 2020 geriet der Politiker durch die Maskenaffäre in die Kritik, weil das Bundesgesundheitsministerium unter seiner Zuständigkeit mutmaßlich Aufträge in Milliardenhöhe an Personen aus dem CDU- und CSU-Umfeld vergab. Paderborner Apotheker appelliert an Bevölkerung Auf die Frage, ob es an den üblichen Apotheken etwas zu kritisieren gebe, antwortet Rimrod. &bdquo;Es gibt kaum ein Unternehmen, das so gut aufgestellt ist wie die Apotheken.“ Es gebe Boten, die Medikamente in rund vier Stunden liefern und damit wesentlich schneller als die Onlinekonkurrenz seien. Die E-Patientenakte und das E-Rezept würden noch nicht einwandfrei laufen. Und die Standesvertretung könne die Branche auch besser verkaufen. Er appelliere daher an die Bevölkerung, sich eine Stammapotheke zu suchen. Rimrod plane für die Zukunft jedoch erst einmal Urlaub zu machen. In die Heimat seiner Frau, nach Schweden. &bdquo;In Kopenhagen haben wir eine Wohnung“, sagt Rimrod. Die konnten sie in der Vergangenheit wegen seines Schichtdienstes nicht viel nutzen. 📲 News direkt aufs Smartphone? Hier gehts zum kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Paderborn

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