Trotz Protesten: AfD-Mann Weber darf im Kreis Paderborn kandidieren

Kreis Paderborn. Vor dem Kreishaus machten rund 50 Demonstranten ihrem Ärger Luft, drinnen wurde ein Verwaltungsakt abgehandelt. Ergebnis: AfD-Mann Marvin Weber erfüllt die formalen Voraussetzungen, um für die Wahl zum Paderborner Kreistag anzutreten. Der Wahlausschuss des Kreises hat den Paderborner für den Wahlbezirk 7 und für die AfD-Wahlliste zur Kommunalwahl im September zugelassen. Aus einer lippischen Stadt kommt derweil ein anderes Signal. Hätte der Kreiswahlausschuss trotz vorliegender formaler Eignung anders entschieden, wäre dies einem Rechtsbruch gleichgekommen, betonte Kreiswahlleiterin Annette Mühlenhoff als Vorsitzende des Ausschusses vor dem Votum, das rund 30 Besucher verfolgten. Über Webers Kandidatur wurde auf Grünen-Antrag separat von allen anderen abgestimmt: Drei Vertreter von Grünen und Linken votierten gegen seine Zulassung, sieben von CDU und SPD dafür. Eine Bürgerbeschwerde bezüglich der Zulassung Webers durch den Wahlausschuss der Stadt Paderborn als AfD-Kandidat fürs Bürgermeisteramt wurde vom Kreiswahlausschuss zudem als formal unzulässig abgewiesen. Gesprochen wurde darüber trotzdem. Seit der Sitzung des städtischen Wahlausschusses am Donnerstag der vergangenen Woche, 10. Juli, hat die Debatte um Webers Eignung als Kandidat hohe Wellen geschlagen. Der Landesverfassungsschutz hatte im Vorfeld an die Stadt Paderborn unaufgefordert eine sogenannte Erkenntnismitteilung geschickt. Demnach werden Weber &bdquo;Aktivitäten und Äußerungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ zugeschrieben. Kurzum, ihm wird die Verfassungstreue abgesprochen. Lesen Sie auch: Bürgermeisterwahl: Grüne wollen Paderborner AfD-Kandidat Weber verhindern Das sagt die Kommunalwahlordnung Im Paderborner Wahlausschuss wurde das Papier in der Vorwoche nicht beraten, auch eine von den Grünen beantragte getrennte Abstimmung zu Wahllisten fand keine Mehrheit. So wurden alle Kandidaten fürs Bürgermeisteramt und den Stadtrat bei Gegenstimmen der Grünen mehrheitlich durchgewunken. In der Kommunalwahlordnung NRW heißt es dazu, dass der Wahlausschuss als Wählbarkeitsvoraussetzung der Bewerber zu prüfen habe, ob diese die &bdquo;notwendige Gewähr dafür bieten, jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten“. Aus dem Paderborner Rathaus wurde nun am Donnerstagabend um 17.57 Uhr eine Erläuterung verschickt. Darin heißt es: &bdquo;Die Wählbarkeit ist nach unserer Verfassung ein hohes Gut. An den Verlust der Wählbarkeit werden seitens des Gesetzgebers hohe Anforderungen gestellt.“ Die Stadtverwaltung habe die Äußerungen Webers in Reden und sozialen Medien &bdquo;unter Würdigung und Abwägung sämtlicher Umstände sowie auch im Lichte der jüngsten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum ’Compact’-Magazin (...) bewertet“. Das Leipziger Gericht habe dazu ausgeführt, &bdquo;dass das Grundgesetz im Vertrauen auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung selbst den Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit garantiert“. Es hatte Ende Juni das Verbot des rechtsradikalen Magazins aufgehoben. Im Kreishaus ging es eigentlich nicht um Webers Bürgermeisterkandidatur - trotzdem war es die erste öffentliche Sitzung seit der Zulassung in Paderborn. Grüne und Linke Jugend hatten zum Protest aufgerufen. Auf einem großen Plakat stand &bdquo;Marvin träumt vom Führer - wir von seinem Aus“. Ein Ausschluss des Kandidaten von der Kommunalwahl scheint trotz der Proteste aktuell nicht realistisch. Kreiswahlleiterin Mühlenhoff erwartet keine Beschwerde des Landeswahlleiters. Für Webers Gegner könnte ein Wahlprüfungsverfahren nach der Kommunalwahl noch eine Option sein. Darin werde auch das gesamte Verfahren der Zulassung eines Kandidaten im Nachgang überprüft. Der Paderborner Stadtverband der Grünen will weiter alle Optionen prüfen, sagt Stadtverbandssprecherin Catharina Scherhans. Politik vor Ort: Brisantes AfD-Gutachten: Verfassungsschutz verweist auf Paderborner Politiker Wird der Fall Weber vor Gericht verhandelt? Für eine juristische Überprüfung der Verfassungstreue und damit der Wählbarkeit Webers setzt sich weiterhin die Paderbornerin Jutta Steinmetz ein. Zwar ist sie nach Kommunalwahlgesetz nicht beschwerdeberechtigt, durfte sich im Ausschuss aber äußern. Steinmetz ist Mitarbeiterin der NW und ihr Mann zählt zum Team der Grünen-Landtagsabgeordneten Norika Creuzmann. Ihre Beschwerde jedoch, so die Paderbornerin, bringe sie &bdquo;als Bürgerin dieser Stadt“ vor. Sie sagt: &bdquo;Die Äußerungen von Herrn Weber zeigen doch klar, dass er gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung des Landes agiert. Wenn es sein muss, dann sollen Gerichte diese Sache nun prüfen. Davor müssen wir keine Angst haben. Wie können wir denn ein AfD-Verbot angehen, wenn auf lokaler Ebene alles durchgewunken wird.“ Weber äußert sich am Tag nach der Sitzung per Pressemitteilung und wirft Linken und Grünen vor, &bdquo;unwissend und bösartig“ zu sein: &bdquo;Mein polizeiliches Führungszeugnis ist rein. Ich bin ein rechtschaffener Bürger, der nie eine Straftat begangen hat.“ Zum Thema: Beschwerde gegen Zulassung von AfD-Bewerber in Paderborn Steinmetz bezieht ihre Kritik darauf, dass der Paderborner SPD-Fraktionschef Franz-Josef Henze in einem Statement davor gewarnt hatte, der AfD mit einer Klage gegen eine mögliche Nichtzulassung Webers eine große Bühne samt Opferrolle zu bieten. Im Wahlausschuss der lippischen Stadt Lage ging ein ähnlicher Fall anders aus, als in Paderborn. Dort wurde der AfD-Bürgermeisterkandidat Uwe Detert mit 6:4-Stimmen vom Wahlausschuss in geheimer Abstimmung abgelehnt. Grüne und zumindest ein CDU-Mann bekennen sich zur Ablehnung. Am 24. Juli wird nun der lippische Kreiswahlausschuss final entscheiden. Kommentar: Warum so spät, Verfassungsschutz? Anm. d. Red. (18. 07. 2025): Am Tag nach der Sitzung hat sich Marvin Weber in einer Pressemitteilung geäußert. Auszüge daraus wurden in diesen Text integriert.

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