WG statt Knast: Hövelhofs Jugendstrafvollzug geht neue Wege

Hövelhof. Mario K. (Name geändert) hat eine schwere Straftat begangen. Dafür bekam er eine 4,5 Jahre lange Freiheitsstrafe. Diese sitzt er aktuell in der Jugendvollzugsanstalt Hövelhof ab. Aber er ist kein gewöhnlicher Gefangener. Der 23-Jährige gehört zu einer neuen Wohngruppe, in der junge Straftäter mit einem erhöhten pädagogischen Förder- und Unterstützungsbedarf über einen längeren Zeitraum kontinuierlich durch ein festes Betreuungsteam begleitet werden. Intensivpädagogische Betreuung heißt das in Fachkreisen. Und dieses Projekt weihte nun NRW-Justizminister Benjamin Limbach offiziell ein. Mario K. ist ein Gefangener. Aber in vielen Momenten fühlt es sich nicht so für ihn an. Der Grund: die intensivpädagogische Betreuung. &bdquo;Die Zusammenarbeit bringt richtig viel. Und wenn man mal ein Problem hat, wird aktiv daran gearbeitet. Im Vollzug ist das für mich absolutes Neuland – es treibt einen an, denn man weiß, dass man Unterstützung hat. Und das gibt Mut“, ist er froh, dass er zur Wohngruppe gehört. Das Projekt hilft ihm auch dabei, seine Haftzeit eventuell zu verkürzen. Lesen Sie auch: Opfer spricht in der JVA Hövelhof: Häftlinge lernen die Folgen von Gewalt kennen Die Männer sind in Einzelstuben auf einer eigenen Abteilung mit eigener Küche und Freizeiträumen untergebracht - fast wie in einer Studenten-WG. Das Haus der intensivpädagogischen Betreuung verfügt über acht Haftplätze für männliche Jugendstrafgefangene. Die Aufnahme in die Abteilung sollte spätestens zehn Monate vor Entlassung erfolgen, um den Beziehungsaufbau zu den Bediensteten und der Gruppe als Grundlage des pädagogischen Handelns innerhalb der Abteilung zu ermöglichen und die Chancen der individuellen Zielerreichung zu erhöhen, erklärte der pädagogische Leiter Hendrik Möller. Auch historisch-politische Bildung gehört zum Programm Es gibt ein festes Abteilungsteam, das neben der Abteilungsleitung des Vollzugs auch eine pädagogische Leitung sowie pädagogisch besonders geschulte Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Sozialdienstes und des psychologischen Dienstes umfasst. Die jungen Männer bekommen vieles beigebracht. Sie lernen unter anderem, eigenständig zu handeln und sich sinnvoll in der Freizeit zu beschäftigen, sich sozial-adäquat zu verhalten oder gemeinsam zu kochen. Auch Bildung und Ausbildung gehören zum Programm. Ebenso wird die historisch-politische Bildung gefördert. In Zusammenarbeit mit dem Kreismuseum in Wewelsburg gibt es ein Projekt, das anhand der Kriegsgräber und Stolpersteine über die Zeit des Nationalsozialismus aufklärt. Darüber hinaus ist auch ein Besuch der Gedenkstätte Buchenwald geplant. Auch Musik spielt eine Rolle. In einem medienpädagogischen Projekt können die Inhaftierten versuchen, ihre künstlerische Ader zu entdecken und selbst Hip-Hop zu machen. Nähergebracht wird ihnen auch der Wert einer ehrenamtlichen Arbeit. So helfen Mitglieder der Wohngruppe einmal im Monat der Tafel Paderborn beim Abholen und Einlagern der Waren. Kleine Regelverstöße werden nicht geahndet, sondern aufgearbeitet &bdquo;Die Nachfrage für dieses Projekt ist groß. Die jungen Menschen wollen Strukturen lernen. Hier in der intensivpädagogischen Betreuung können sie sich auch mal kleine Regelverstöße erlauben, ohne gleich rausgeschmissen zu werden. Diese werden aufgearbeitet“, sagte NRW-Justizminister Benjamin Limbach bei der Eröffnung. Nach der erfolgreichen Einführung des Modellprojekts in der geschlossenen Jugendvollzugsanstalt Heinsberg im Jahr 2020 wurde das Projekt nunmehr auch auf den offenen Jugendvollzug der Justizvollzugsanstalt Hövelhof ausgeweitet. Und läuft dort auch schon erfolgreich, wie auch Nicole Wersin, Leiterin der Justizvollzugsanstalt, versicherte. Sie begrüßte den Besuch des Ministers, denn das sei &bdquo;ein wichtiges Zeichen für unsere tagtägliche Arbeit. Wir wollen den jungen Männern eine Chance zur Veränderung geben.“ .responsive23-oelUZ1jairt1EFHJ-map-0416-jva-hoevelhof { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-oelUZ1jairt1EFHJ-map-0416-jva-hoevelhof { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-oelUZ1jairt1EFHJ-map-0416-jva-hoevelhof { padding-top: 142.86%; } } Auch interessant: JVA Hövelhof: Ex-Häftlinge sind als Arbeitskräfte gefragt Die Jugendlichen könnten darüber hinaus im offenen Vollzug aktiv an der Vorbereitung ihrer Lebensgestaltung nach der Entlassung mitwirken und damit noch besser an eine selbstbestimmte und selbstständige Lebensweise in Freiheit herangeführt werden. &bdquo;Gerade beim Vollzug von Freiheitsstrafen gegen noch in der Entwicklung befindliche Menschen hat der Staat in besonderem Maße die Verantwortung, Perspektiven zu eröffnen, damit diese jungen Menschen nach der Entlassung in der Lage sind, ein Leben ohne Straftaten in sozialer Verantwortung zu führen“, so Minister Limbach. Das intensivpädagogische Betreuungskonzept setze dort an und biete eine Betreuungskontinuität, die viele Jugendliche bislang nicht hatten. &bdquo;Durch eine erfolgreiche Wiedereingliederung kann erneuter Straffälligkeit nachhaltig vorgebeugt werden. Und dies ist der wichtigste Aspekt, denn erfolgreiche Resozialisierung ist effektiver Opferschutz“, betonte der frühere Richter am Verwaltungsgericht Köln.

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