Ist in Paderborn eine Straße nach einem Kriegsverbrecher benannt?

Paderborn-Schloß Neuhaus. Die Frage, ob ein ehemaliger Kommandeur des einst in Neuhaus stationierten Kavallerieregiments 15 der Wehrmacht womöglich auch Kriegsverbrecher war, hat jetzt den Kulturausschuss beschäftigt. Seit 1976 gibt es in Schloß Neuhaus die Von-Monteton-Straße - benannt nach Albrecht Baron Digeon von Monteton. Die Grünen im Stadtrat haben Zweifel an der Benennung, gebe es doch &bdquo;starke Indizien dafür, dass er an Kriegsverbrechen beteiligt war“, erklärt Johannes Menze in einer Anfrage im Kulturausschuss. Laut Menze sei es höchst problematisch, &bdquo;dass von Monteton vor einem sowjetischen Kriegsgericht 1946 wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt worden ist“. Manche kritisierten dies als Willkürurteil. Der Prozess und das Urteil in Riga bedürften jedoch einer sorgfältigen Beurteilung aus historischer Perspektive. Zudem fragte Menze nach möglichen weiteren Verknüpfungspunkten mit Paderborn. Für die Einordnung sorgte Wilhelm Grabe. Wie der Leiter des Paderborner Stadt- und Kreisarchivs sagte, sei von Monteton vom Oktober 1936 bis zum Februar 1938 Kommandeur des I. Bataillons im Kavallerie-Regiment 15 in Paderborn gewesen. Am 1. März 1938 wurde er als Nachfolger von Oberst Edwin von Rotkirch und Trach zum Kommandeur des Kavallerie-Regiments 15 und erhielt seine Beförderung zum Oberst am 1. Juni 1938. Er behielt sein Kommando bis zur Mobilmachung Ende August 1939 und damit bis zu dessen Auflösung. Ehemaliger Neuhäuser Heimatpfleger bringt Straßenbenennung auf den Weg Faktisch verdanke von Monteton seine Straßenbenennung dem früheren Neuhäuser Ortsheimatpfleger Albert Holschbach. Dieser hatte ab den späten 1960er-Jahren eine ganze Reihe hochrangige Militärs auf Neuhäuser Straßenschilder gebracht. Laut Grabes Ausführungen sei von Monteton aber zweifellos keine &bdquo;große Persönlichkeit“ gewesen. Lesen Sie auch: Kriegsverbrecher? Wirbel um einen Paderborner Straßennamen Hauptangeklagter des Rigaer Prozesses war der höhere SS- und Polizeiführer Friedrich Jeckeln. Unter den sechs mitangeklagten Wehrmachtsgeneralen, die in Lettland etwa als Ortskommandanten, Kommandanten für das Gefangenenwesen oder die Küstenverteidigung zuständig gewesen sind, war auch von Monteton. In der Anklage ging es um Massenerschießungen im Zusammenhang mit Strafaktionen und andere Gräueltaten gegenüber russischen Gefangenen und Zivilisten. &bdquo;Auch wenn das mehrtägige Verfahren öffentlich abgehalten und sowjetische Verteidiger und Dolmetscher gestellt wurden, können diese Prozesse kaum als rechtsstaatlich gelten. Die Forschung spricht von Demonstrations- oder gar Schauprozessen“, sagte Grabe. Am 3. Februar 1946 wurde von Monteton zum Tode verurteilt und hingerichtet. .responsive23-9Mt0FZAep5T767J4-map-0324-pb-von-monteton-strasse { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-9Mt0FZAep5T767J4-map-0324-pb-von-monteton-strasse { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-9Mt0FZAep5T767J4-map-0324-pb-von-monteton-strasse { padding-top: 142.86%; } } Wissenschaftliche Einordnung der Prozesse ist schwierig Ungeachtet aller gravierenden und berechtigten Einwände gegen die Rechtsprechung dürfe laut Grabe nicht aus dem Blick geraten, dass es sich bei einem Großteil der zumindest zwischen 1944 und 1947 verurteilten Deutschen aus dem SS- und Polizeikomplex tatsächlich um Täter handelte, die eine mörderische Praxis entfaltet hatten. Nicht jeder deutsche Soldat sei automatisch ein Kriegsverbrecher, doch grundsätzlich &bdquo;ist den Generalen an der Ostfront der verbrecherische und völkerrechtswidrige Charakter der Hitlerschen Kriegführung nicht verborgen geblieben, Widerstand gab es nur ganz vereinzelt.“ Was die wissenschaftliche Einordnung der Prozesse betrifft, so ist Grabe skeptisch: &bdquo;Historiker stoßen hier angesichts der problematischen Überlieferungslage an unüberwindbare Grenzen.“ Und so werde weiter darüber gestritten werden, ob von Monteton als Kommandant der 391. Feldartillerie-Division tatsächlich für die Erschießung von Kindern und Alten an der Eisenbahnstation Schumilio bei Podolsk, für die Deportation arbeitsfähiger Männer im Zusammenhang mit Partisanenkämpfen und für die Sprengung zahlreicher Gebäude bei der Räumung der Stadt Glebukie verantwortlich gewesen sei oder nicht. Bekannter Fall: Vermisste Katrice Lee: Schüler wollen Straße in Paderborn nach ihr benennen Zur Frage, ob von Monteton ein überzeugter Nationalsozialist gewesen sei, forschte das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam. Im Gutachten heißt es dazu: &bdquo;In seiner Beurteilung vom Januar 1944 wurde Monteton von seinen nächsthöheren Vorgesetzten als besonders diensteifriger, bewährter Führer und vorbildhafter Ausbilder beschrieben, der fest im nationalsozialistischen Gedankengut verankert sei. Diese Aussage zum Nationalsozialismus lässt allerdings nur bedingt Rückschluss auf seine politische Einstellung oder Haltung zum NS-Regime zu. Vielmehr handelt es sich hier um eine zeittypische Beurteilungs-Floskel.“ Mehrere Kriegsverbrechen werden von Monteton zur Last gelegt Von Monteton wurden verschiedene Kriegsverbrechen zur Last gelegt. Hinweise für solche gebe es bereits für die Zeit des Frankreichfeldzugs, als im Zusammenhang mit der Einnahme der Stadt Bourmont durch das Infanterie-Regiment 167 unter von Montetons Befehl im Juni 1940 etwa 50 senegalesische Kriegsgefangene erschossen worden sein sollen. Allerdings ließen sich diese bekannten Vorwürfe nicht zweifelsfrei verifizieren. Dieses Problem gebe es genauso für Einsätze an der Ostfront. Grabes Einordnung endet mit dem abschließenden Ergebnis des Gutachtens des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr: &bdquo;In den überlieferten Akten konnten über die Zeugenaussagen hinaus keine schriftlichen Beweise einer direkten Beteiligung der Monteton unterstellten Einheiten an Kriegsverbrechen gefunden werden“, heißt es. Und weiter: &bdquo;Dennoch legen die Vernehmungsprotokolle nahe, dass Monteton völkerrechtswidrige Aktionen zumindest gebilligt, laut eigener Aussage die Methoden der Partisanenbekämpfung sogar gutgeheißen habe. Moralische Bedenken ordnete er offensichtlich seinem Befehlsgehorsam unter. Jedoch entbindet die mehrfach angeführte Rechtfertigung, auf Befehl vorgesetzter Stellen gehandelt zu haben, nicht von seiner persönlichen Verantwortung für diese.“

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