Christian Lindner in OWL: „Aus Paderborn nehme ich Rückenwind mit“

Paderborn. Nach mehr als einer Stunde freier Rede vor etwa 180 Gästen ist im Hotel Arosa in Paderborn klar: Über das Ampel-Aus will Christian Lindner am Samstagmittag nicht viele Worte verlieren. Stattdessen fegt er durch die Eckdaten des FDP-Programms, will zeigen, wofür die FDP steht: für &bdquo;Leistung, Freiheit und Realismus“. Damit will er bei der Bundestagswahl am 23. Februar punkten. Gleich zu Beginn kommt Lindner aber um einen Punkt nicht herum: den Angriff auf ihn mit einer Schaumtorte. &bdquo;Greifswald war traumatisch“, sagt Lindner. Und für einen Moment wird es ruhig im Saal in der ersten Hoteletage. Dann löst er auf: Zu Torten habe er als &bdquo;Urenkel von Konditoren“ ein besonderes Verhältnis. Damit hat Lindner die Lacher auf seiner Seite. Die Spannung löst sich. Aber es gibt Protest. Vor dem Hotel wollen Stefan Wisbereit und Marcus Zauner von &bdquo;Parents for Future“ Lindner bei seiner Ankunft die &bdquo;Rote Klimakarte“ für das &bdquo;Ausbremsen des Klimaschutzes“ überreichen. Später im Saal geht Lindner nur kurz darauf ein. Laut Wisbereit habe Lindner die symbolische Karte entgegengenommen. Auch wenn der FDP-Politiker sie aus &bdquo;Ressourcenschutzgründen“ eigentlich nicht habe mitnehmen wollen. Politikerin wirft Torte: FDP-Chef Lindner bei Auftritt mit Schaum beworfen Christian Lindner ist im Wahlkampfmarathon Im Wahlkampfmarathon will sich Lindner damit nicht aufhalten. Im Beisein von Marc Lürbke, Vorsitzender des Kreisverbandes Paderborn und Mitglied des NRW-Landtags, dekliniert Lindner lieber das Wahlprogramm. Im Hotel hört ihm dabei beispielsweise auch der FDP-Bundestagsabgeordnete (MdB) und OWL-Bezirksvorsitzende der FDP, Frank Scheffler, zu. Er ist als &bdquo;Euro-Rebell“ bekannt geworden und hat zuletzt das Heizungsgesetz von Habeck kritisiert. Diesem Gesetz gönnt Lindner indes nur wenige Sätze. Was Lindner von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hält – den sich, so Lindner, der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz als Partner in einer gemeinsamen Regierung vorstellen könne – macht er dann doch deutlich. &bdquo;Ich kann nur davor warnen, die Wirtschaftspolitik von Robert Habeck weiter fortzusetzen.“ Dafür gibt es Applaus. Von der SPD ist eigentlich kaum die Rede. Auch nicht von Kanzler Olaf Scholz. Bislang. Stattdessen setzt Lindner &bdquo;auf eine andere Politik im Land“. Ein &bdquo;Kanzlerwechsel reicht aber nicht“, ruft Lindner, erst recht nicht in Koalitionen mit der SPD oder Bündnis 90/Die Grünen nach der Bundestagswahl. &bdquo;Und deshalb müssen wir als freie Demokraten so stark werden, dass wir eine politische Richtungsentscheidung in unserem Land herbeiführen können“, fügt Lindner an. Rede in Paderborn: FDP-Bundesvorsitzender Christian Lindner kommt nach Paderborn Christian Lindner lässt Pessimismus nicht gelten Und ja, dann wagt Lindner einen kurzen Rückblick. Die letzte Phase der als Zukunftskoalition gestarteten Ampel-Koalition habe &bdquo;Deutschland geschadet“. Deshalb seien die vorgezogenen &bdquo;Neuwahlen richtig“ – auch wenn die FDP laut Umfragen um den Wiedereinzug in den Bundestag bangen muss. Pessimismus lässt Lindner aber hierbei nicht gelten. Allzu optimistisch wirkt Lindner bei der Zustandsbewertung Deutschlands aber auch nicht. Er spricht von der Wirtschaftskrise, vom Abbau von Arbeitsplätzen, von einer aus Sicht der FDP überbordenden Bürokratie - auch durch zahlreiche Oberbehörden und aufgrund des föderalen Systems. Er berichtet von Vätern, die Töchter nicht mehr abends auf die Straße lassen würden. Und er geht kurz auf das Thema Migration und Asyl ein, für die es strengere Regeln geben müsse. Lindner spricht davon, dass Deutschland längst nicht mehr als globaler Motor gesehen werde, als Nation mit Führungsanspruch. &bdquo;Das Model Deutschland gibt es nicht mehr, Deutschland wird belächelt“, findet Lindner. Dies sei ihm im April 2024 bei der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Washington deutlich geworden. Vorher in Bielefeld: Christian Lindner kommt im Januar nach Bielefeld Dann taucht der Name Olaf Scholz auf Und dann taucht auch der Name Scholz doch noch auf, dem Lindner offenbar zum Wahlkampfauftakt der SPD zugehört hat. &bdquo;Die leben in einer anderen Realität. Da geht es unverändert um Umverteilung und die Ausweitung des Sozialstaates“, sagt Lindner. Und die Grünen kümmerten sich nicht um die Ausgaben mit Blick auf die &bdquo;grüne Transformation“. Dabei sei auch den Liberalen der soziale Gedanke nicht fremd. &bdquo;Selbstverständlich müssen wir Menschen beistehen, die das brauchen“, sagt Lindner. &bdquo;Und natürlich ist die Bekämpfung der Erderwärmung eine Menschheitsaufgabe, eine Überlebensfrage.“ Es gehe aber letztlich um die Frage, was sich Deutschland leisten könne – oder wolle. Lindner: &bdquo;Auch soziale und ökologische Politik muss bezahlt werden. Zuerst müssen wir aber unsere Wirtschaft wieder flott machen.“ Andererseits nehme der Staat etwa eine Billion Euro an Steuern ein. Da müsse es möglich sein, folgert der frühere Bundesfinanzminister, dass ebenjener Staat die Bürger steuerlich entlastet. Zugleich nimmt Lindner die Bürgerinnen und Bürger in die Pflicht. &bdquo;Machen wir uns nichts vor. In Deutschland werden wir wieder mehr arbeiten müssen“, fordert der FDP-Bundesvorsitzende. Und letztlich sei das Bürgergeld &bdquo;nicht bedingungslos“. Vor der AfD warnt Lindner schließlich, die bei einer Wahl 2029 &bdquo;gefährlich“ werden könnte – bei Koalitionen durch Schwarz-Rot und Schwarz-Grün nach der Wahl im Februar. Indes will er die &bdquo;gemäßigten AfD-Wähler“ nicht aufgeben. Und punktuell verwendet Lindner Begriffe wie &bdquo;woke“ oder &bdquo;Kinderbuchautor“. Dennoch gelte: &bdquo;Die AfD lehnen wir entschieden ab.“ FDP-Mitglieder saugen Schwung auf Letztlich ist es der Schwung Lindners, den die FDP-Mitglieder und Gäste spürbar während seiner Rede aufsaugen. Zu ihnen gehört auch Lukas Salzmann (20) aus Paderborn. Er ist Mitglied der FDP. &bdquo;Ich denke, wir brauchen im Land auch die liberale Stimme. Und ich bin mir sicher, dass wir den Sprung in den Bundestag schaffen werden“, sagt Salzmann. Eine Politik für die Mitte, mit dem Blick auf wirtschaftliche Themen, sei aus seiner Sicht wichtig. Zugleich kritisiert auch Salzmann das interne FDP-Papier &bdquo;D-Day“ zum Ausstieg aus der Ampel-Koalition. Es gibt auch Neumitglieder. Darunter ist ein 29-Jähriger aus Paderborn, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte. &bdquo;Für mich ist der Freiheitsgedanke wichtig. Der ist in jüngerer Zeit zu kurz gekommen“, sagt er. Nach etwa 80 Minuten Rede muss Lindner dann auch schon weiter. Für Selfies mit Gästen bleibt er noch kurz. Und was ist sein Fazit nach dem Besuch in der Domstadt? Lindner: &bdquo;Aus Paderborn nehme ich Rückenwind mit.“

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