Tötungsdelikt in Paderborner Marienstraße: „Wissen nicht, woher die Erinnerung kommt“

Paderborn. Die tragischen Ereignisse, die sich in der Nacht auf den 1. Mai in der Marienstraße abspielten und einen 30-Jährigen das Leben kosteten, haben der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Paderborn schon so einige prall gefüllte Termine beschert. Denn sie muss klären, ob und inwieweit für den Tod des Paderborners zwei junge Männer verantwortlich sind. Wenn es jetzt am achten Prozesstag darum geht, ob Amir B. (Name geändert) bereits im Februar auf der Feiermeile als Gewalttäter auffiel, so ist das keineswegs ein Nebenkriegsschauplatz. Es zeigt sich nämlich auch hier die grundlegende Krux dieses Verfahrens - und das ist die Erinnerungsfähigkeit der Zeugen. Denn der junge Mann, der an Weiberfastnacht vor der Bar &bdquo;Container“ durch drei Faustschläge gegen den Kopf verletzt wurde, hat bei seinen diversen polizeilichen Vernehmungen und auch jetzt vor Gericht nicht stringent die körperliche Attacke beschrieben, er identifizierte keineswegs sofort und zweifelsfrei Amir B. als Täter. Vorgehen der Polizei erfüllt offenbar nicht den Standard Anscheinend sind dem 21-Jährigen bei der Polizei mehrere sogenannte Wahllichtbildvorlagen präsentiert worden, möglicherweise sogar in unterschiedlicher Qualität. Dieses Vorgehen erfülle nicht den Standard, den der Bundesgerichtshof für solche Ermittlungsarbeiten fordere, kritisiert Verteidiger Martin Mauntel. Lesen Sie auch: Tötungsdelikt in Paderborn: 17-Jähriger liefert falsche Tatbeschreibung Vielleicht sind die Erinnerungen dieses Zeugen tatsächlich mit Vorsicht zu genießen. Der Student, der nach den Schlägen mit dem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung zwei Nächte hatte im Krankenhaus verbringen müssen, wollte zu Beginn der Ermittlungen zunächst auf einer mithilfe von KI erzeugten Porträtaufnahme zweifelsfrei seinen Peiniger erkannt haben, bevor er später Amir B. als möglichen Schläger ausmachte. Zeuge meldet sich nach Veröffentlichung der Paderborner Fahndungsfotos Als am 1. Mai bereits die Fahndung nach den Angeklagten auf Hochtouren lief und die Aufnahme einer Überwachungskamera, der die Tatverdächtigen zeigte, über sämtliche Kanäle verbreitet wurde, meldete sich der 21-Jährige bei der Polizei mit dem Hinweis, einer der beiden sei der Mann, der ihn im Februar misshandelt habe. Für das Gericht ist das eine schwierige Ausgangslage - obschon der Zeuge jetzt im Gerichtssaal erneut Amir B. als Täter identifiziert. &bdquo;Wir wissen nicht, woher die Erinnerung kommt“, sagt die Vorsitzende Richterin Nicole Klein, bevor einige Minuten später ein Kommilitone des 21-Jährigen, der das Geschehen beobachtet hatte, zu dem Schluss kommt: &bdquo;Wir haben zwei unterschiedliche Personen gesehen.“ Polizistin räumt ein: &bdquo;Ist nicht so gut gelaufen“ Nicht einfacher wird die Sachlage dadurch, dass anscheinend nicht durchgehend dokumentiert wurde, welche Fotos den einzelnen Zeugen vorgelegt wurden, und zudem nicht alle Aufnahmen zur Akte gelangten. &bdquo;Ich muss einräumen, dass das mit den Bildern nicht so gut gelaufen ist“, gibt die Polizeibeamtin zu, die im Frühjahr die Vernehmungen in diesem Fall durchführte. Lesen Sie auch: Beamte liefern Einblicke in Marienstraßen-Ermittlungen Trotz dieser Schwierigkeiten will das Gericht in diesem Fall weiter Aufklärung betreiben. Und so ordnen die Richter die polizeiliche Vorführung eines Zeugen an, der seine Vorladung für diesen Verhandlungstag ignoriert hat. Der junge Mann, der die Misshandlung des Studenten höchstwahrscheinlich beobachtete, weil er in unmittelbarer Nähe stand, muss zudem ein Ordnungsgeld zahlen. Der Prozess wird am Donnerstag, 5. Dezember, fortgesetzt.

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