Gedenken an Katrice Lee: Vater eröffnet Ausstellung in Paderborn

Paderborn-Schloß Neuhaus. So ist ein Vermisstenfall wohl selten aufbereitet worden. Mit schwarz-weißen Fotografien, die auf eine Leere verweisen und Einsamkeit, aber auch Hoffnung verkünden: ein gefällter Baum, dessen Stumpf mit Moos überwachsen ist, eine leere Schaukel, Licht am Ende einer trüben Naturszenerie. Jedes Bild für sich erzeugt schon eine gewisse Stimmung und Emotion, die den Menschen den bekannten Fall der vor 43 Jahren in Schloß Neuhaus verschwundenen Katrice Lee einmal ganz anders näherbringt. Der britische Fotograf Stu McKenzie widmet dem Vermisstenfall eine eigene Fotoausstellung. &bdquo;Missing Katrice“ ist die Schau im Forum Junger Künstler im Gewölbesaal des Bürgerhauses treffend betitelt. An dem Ort, wo das kleine Mädchen an ihrem zweiten Geburtstag das letzte Mal gesehen wurde – und von dem seitdem jede Spur fehlt. Früher war hier, nur wenige Meter neben dem Neuhäuser Schloss, ein Naafi-Lebensmittelgeschäft der britischen Armee. Für Richard Lee, den 74-jährigen Vater des vermissten Mädchens, und die ältere Tochter Natasha (50) ist es die Rückkehr an den Ort, der ihr Leben prägen und zum Teil komplett verändern sollte. Vor sechseinhalb Jahren hat es neben dem Fußballstadion Ausgrabungen gegeben Der ehemalige britische Armeeangehörige Lee, der vor 40 Jahren mit seiner Familie in Block 16 der Legoland-Siedlung am Ortsausgang von Schloß Neuhaus lebte, war vor sechseinhalb Jahren das bisher letzte Mal in Paderborn. Damals war die britische Militärpolizei bei einer großen Ausgrabung im Bereich der Alme am SCP-Stadion Spuren nachgegangen. Damals sagte er, ganz fest daran zu glauben, dass sie entführt wurde und nicht weiß, wer sie wirklich ist. &bdquo;Ich glaube, dass Katrice ein gutes Leben als erwachsene Frau hat“, betonte er. Seine Hoffnung stärkt dabei aktuell auch der Fall eines Mannes, der nach 70 Jahren wieder aufgetaucht sei und von dem ihm eine Paderbornerin berichtet habe. Überhaupt habe er noch viele Kontakte in Paderborn und nennt die Zahl von mehr als 100 Leuten. Auf der Rückseite seines T-Shirts steht &bdquo;Justice for Katrice Lee“. Gerechtigkeit sei es, wenn er wisse, was vor 41 Jahren genau passiert ist. Er wiederholt immer wieder seine Kritik an der Militärpolizei, der er fehlerhaftes Vorgehen vorwirft. Im Nachhinein seien diese Fehler zugegeben worden. Der Vater Richard Lee hofft auf einsehbare Ermittlungsunterlagen Lees Leben dreht sich weitgehend um die verschwundene Katrice: Den früheren britischen Premier Boris Johnson hatte er bereits getroffen. Es brachte jedoch nichts. Nun hofft er, vermittelt über den für seinen Wohnort zuständigen Parlamentsabgeordneten, auch auf eine Begegnung mit dem neuen Premier Keir Starmer. Lesen Sie auch: Vermisstenfall in Paderborn: Fotoausstellung beleuchtet Katrice Lees Schicksal Richard Lee hofft darauf, dass die Informationen und Ermittlungsunterlagen zu dem Fall demnächst einsehbar sein werden. Mit der Aufarbeitung der Katastrophe im Sheffielder Hillsborough-Stadion mit mehr als 90 Toten und mehreren Hundert Verletzten gebe es eine Art Präzedenzfall. Die neue Ausstellung sorgt für weitere Öffentlichkeit. &bdquo;Ich gebe niemals auf“, sagt Richard Lee. Und Katrices Schwester Natasha setze seine Suche fort. Natasha ist das erste Mal seit 2000 in Paderborn, eine für sie sehr emotionale Reise. Es sei surreal an dem Ort, an dem Katrice das letzte Mal gesehen wurde. Was sie, damals sieben Jahre alt, von ihrer Schwester in Erinnerung behalten habe? &bdquo;Ihr freches Grinsen“, sagt sie und zeigt auf die große transparente Fotografie mit Katrices Porträt im Zentrum der Ausstellung. Die ältere Schwester macht sich auch heute noch immer wieder Vorwürfe, weil sie die Familie nicht zum Einkaufen begleitet habe. &bdquo;Was wäre, wenn? Diese Frage stelle ich mir immer wieder.“ Richard Lee und Katrices Mutter Sharon sind seit mehr als 30 Jahren geschieden und haben keinen Kontakt mehr. Im Geiste eint sie jedoch die Hoffnung, dass ihre Tochter noch lebt, und der Wunsch, sie wiederzufinden. Lesen Sie auch: Hochstaplerin gibt sich als Katrice Lee aus – Vater hat trotzdem neue Hoffnung Ausstellungsmacher McKenzie wuchs in der Nähe des Orts auf, an dem Katrice Lee verschwand. Als Armeeangehöriger kehrte er später für viereinhalb Jahre nach Sennelager zurück. Er arbeitete für die Militärpolizei, war Armeefotograf und wechselte später zur BBC. Der Fall habe ihn nie losgelassen. Vor drei Jahren startete er das Fotoprojekt mit der Familie Lee. Ein Jahr später hat er den Vater Richard Lee das erste Mal getroffen. &bdquo;Ich wollte ihre Geschichte erzählen“, sagt McKenzie. Die Geschichte der Lees. Dies macht er mit Naturaufnahmen mit starker Symbolkraft und mit Porträts des Vaters Richard Lee, der Mutter Sharon und der Tochter Natasha. Die Porträts zeigen eine Familie, die von Hoffnung lebt Er verweist auf das Kreuz auf dem Foto mit Natasha, die nicht religiös sei. Bedeutend sei es trotzdem, weil es ein Priester für Katrice gesegnet habe. Und Natasha scheint, auf ihre jüngere Schwester zu warten. Die Mutter beschreibt und zeigt der Fotograf als Frau, die ihre Tochter verloren hat – und doch voller Hoffnung ist, ihr Kind wieder zu sehen. Richard Lee steht allein und fest in der Natur – so wie die einsame Birke auf dem Bild daneben. Aus McKenzies Sicht ist Richard Lee &bdquo;unglaublich und schwer zu beschreiben“. Ein unverwüstbarer Kerl, der die Hoffnung nicht aufgibt. In der Tat hat Lee das Prinzip Hoffnung zur Lebens-, ja vielleicht Überlebensstrategie erkoren. Im Zentrum steht für McKenzie aber Katrice. Neben den Ruhe und Tiefe ausstrahlenden Fotografien steht am Rand eine Wand mit einer Sammlung von Fotos, Zeitungsartikeln und Örtlichkeiten des Falls. Die Paderborner Ausstellung soll auch in Großbritannien gezeigt werden Stu McKenzie plant, die Ausstellung auch in Großbritannien zu zeigen. Doch ehe sie vermutlich 2026 in Hartlepool, wo Richard Lee lebt, und Gosport, dem Wohnort von Natasha und Sharon, wird er ein Buch herausbringen mit dem Titel &bdquo;Missing Katrice“. Zum Ausstellungsprojekt gehört auch ein Briefkasten. Besucher können ihre Gedanken über den Fall und Katrice niederschreiben und einwerfen. Diese Worte können dazu beitragen, die Geschichte lebendig zu halten. &bdquo;Teilen Sie mit uns Hoffnung, Erinnerung und Gemeinschaft“, heißt es. Richard Lee hofft zudem auf neue Hinweise und dass es &bdquo;der Anfang vom Ende im Vermisstenfall seiner Tochter sein kann“. Zu sehen ist die kostenfreie Schau täglich von 11 bis 18 Uhr bis zum 28. November – dem 43. Jahrestag von Katrices Verschwinden und 45. Geburtstag.

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