Steffen Kampeter liefert bei Libori in Paderborn unpopuläre Thesen

Paderborn. In der nicht ganz bis auf den letzten Platz besetzten Maspernhalle gab es am Donnerstagnachmittag solide Reden für solides Handwerk. Wobei nicht alle Thesen von Festredner Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), auf Begeisterung bei den Zuhörern stießen. Was ihm jedoch durchaus bewusst war in seinem Exkurs &bdquo;Mehr Bock auf Arbeit“. Zunächst oblag es Kreishandwerksmeister Mickel Biere, eine Diagnose des Patienten Handwerks zu erstellen. Dessen Zustand sei schon im Sommer vergangenen Jahres bedenklich gewesen. Zu viel Stress durch bürokratische Vorgaben oder die Problematik der teuren Energieversorgung und fehlende Rohstoffe waren die Auslöser der Symptome. Statt den Tiefpunkt durchschritten zu haben, drohe nun vielmehr dem &bdquo;Herzen“ – dem Bauhauptgewerbe – der Infarkt. &bdquo;Das Baugewerbe ist Motor unseres Gesamthandwerks mit sage und schreibe deutschlandweit 5,6 Millionen Handwerkern“, warnte Biere vor einer ernsthaften Herzkrankheit. Dem &bdquo;zuständigen Kardiologen“ habe man in Person des Bundesfinanzministers bereits Anfang des Jahres die gesamte Patientenakte mit wichtigen Informationen übergeben. Dies geschehe auch durch andere Verbände und Initiativen, die Alarm schlügen. Zu den Forderungen gehören laut Biere zehn Eckpunkte: Bürokratieabbau, Fachkräfte und Nachwuchssicherung, Planungssicherheit, Unterstützung des Bauhandwerks, Investitions- und Digitalisierungsförderung, sichere Energiepreise, praxisnaher Klimaschutz, steuerliche Entlastung und die Bekämpfung der Schwarzarbeit. Europa als Stabilitätsfaktor für und durch das Handwerk im Kreis Paderborn Europa sei ein Stabilitätsfaktor und der geschaffene Wohlstand in einem der größten Wirtschaftsräume der Welt dürfe nicht verloren gehen. &bdquo;Dafür ist aber auch eine Politik von Nöten, die kleine und mittelständische Unternehmen wie unsere mitnimmt und bei der Gesetzgebung nicht außen vorlässt“. Europa brauche das Handwerk, wie die Handwerker Europa bräuchten. Erzbischof Udo Markus Bentz brachte in seinem Grußwort die grundlegende Verbindung von schöpferischer Tätigkeit, Sinnstiftung und gesellschaftlichen Grundlagen durch Arbeit und das schaffe besonders das Handwerk. Diese Eckpunkte schlössen sich nahtlos an die Botschaften des christlichen Glaubens an, wie er an Beispielen ausführte. Europaabgeordnete Verena Mertens stellte die Bedeutung des Handwerks für die EU heraus. &bdquo;Das Handwerk ist das Rückgrat unserer europäischen Wirtschaft“, nahm sie Bieres Punkte auf. Bei der grünen Transformation seien Handwerkerinnen und Handwerker unersetzlich. Doch bürokratische Hürden müssten gesenkt werden. Regelungen, die an Großunternehmen orientiert seien, erschwerten den Alltag der Handwerker. Bestehende Regeln müssten konsequent angewendet werden. Es brauche wieder Vertrauen in die Verlässlichkeit und Rechtschaffenheit der Handwerksbetriebe. Das würde dafür sorgen, dass nicht mehr so viel dokumentiert und kontrolliert werden müsse. Klartext und das Handwerk als wirtschaftliches Schwergewicht Zwei Gründe hätten ihn bewegt, die Einladung zum Tag des Handwerks anzunehmen, erklärte dann Steffen Kampeter. Zum eine werde Klartext gesprochen, wenn auch nicht immer auf dem hohen Niveau des Erzbischofs, sondern bei ihm etwas rustikaler. Und in Anbetracht des Umsatzes von 735 Milliarden Euro durch das deutsche Handwerk gegenüber 300 Milliarden weltweit von Google - &bdquo;seien sie stolz darauf“. Das Handwerk und die deutsche Wirtschaft stehen vor Herausforderungen, die man angehen müsse. Ignorieren dürfen man sie nicht, denn dann könne man die Wachstumsschwäche nicht überwinden. Unter seinem durchaus kritisierten Ausdruck &bdquo;Mehr Bock auf Arbeit“ umriss er die notwendigen Rahmenbedingungen für mehr wirtschaftliche Stärke. Einer der Hauptpunkte sei für ihn &bdquo;mehr Netto vom Brutto“. Die Steuern- und Abgabenlast in Deutschland sei zu hoch. Besonders die Sozialversicherungsabgaben belasteten aus Kampeters Sicht das personalintensive Handwerk. Ohne mehr Brutto ergebe sich eine Einladung zur Schwarzarbeit. Für Kampeter gibt es zu viele Rechte auf Arbeitszeitverringerung Ein anderer Punkt, den der Redner als unangenehm und im Saal als vermutlich wenig Zustimmung auslösend prognostizierte: Alle Anreize weniger zu Arbeiten, die der Staat setze, müssten verringert oder abgeschafft werden. Es gebe zu viele Rechte auf Arbeitszeitverringerung. Auf Dauer würde die Rechnung jedoch nicht aufgehen und so der Wohlstand schwinden. Auch die Lebensarbeitszeit müsse deshalb in den Fokus genommen werden. Frühverrentungsanreize müssten abgebaut werden. Lesen Sie auch: Umfrage zeigt: Generation Z tickt nicht anders als Ältere Der Sozialstaat solle zwischen Arbeit und Nichtarbeit fair unterscheiden. Das Bürgergeld müsse reformiert werden. Lohnarbeit müsse sich in seiner Wirkung deutlich von staatlichen Leistungen unterscheiden. Auf die tatsächlich Bedürftigen solle die Hilfe fokussiert werden, forderte Kampeter. Auch beim Bildungssystem müsse angesetzt werden, um Bock auf Arbeit zu machen. Bildungsthemen sollten Topthemen sein und die Qualität müsse gesichert werden. Außerdem müsse man den Familiensituationen der Mitarbeitenden gerecht werden, dafür müsse eine entsprechende verlässliche Infrastruktur geschaffen werden. Dies gelte gleichermaßen im Bereich der Erziehung wie der Pflege. Der Sektor der unfreiwillig Teilzeitarbeitenden müsse besser gestaltet werden, damit diese mehr am Arbeitsleben teilnehmen könnten. Insgesamt spiegele wirtschaftliche Stärke auch politische Stärke wider und Deutschland müsse wieder wirtschaftlich stark werden, so Steffen Kampeters Fazit. Dafür bedürfe es Hoffnung und Handeln, statt zu reden.

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