Padersprinter schließt höhere Ticketpreise durch Umstellung aufs Zukunftsnetz aus

Paderborn. Es sind nur noch wenige Wochen bis zum 24. März, dann will der Padersprinter das neue Zukunftsnetz einführen. Es ist die erste Neustrukturierung des Netzes seit 1996. Über neue Linien, Herausforderungen, Kosten, den Fahrermangel und darüber, was sie nach Vorwürfen einer Mitarbeiterin anders machen wollen, haben Geschäftsführer Oliver Eikenberg und René Möller, Bereichsleiter für Verkehrsleitung und -planung sowie stellvertretender Betriebsleiter, im Interview gesprochen. Herr Eikenberg, Herr Möller: Zum Einstieg, wie würden Sie das Zukunftsnetz in drei Worten beschreiben? Oliver Eikenberg: Die drei Schlagworte sind: einfacher, vernetzter und direkter. Einfacher, weil wir versuchen, bestimmte Linien durchzubinden, eine klare Nummerierung zu finden und eine Verbindung vom Nachtliniennetz zum Tagesnetz zu schaffen. Dabei sollen sich die Liniennummern, die bisher noch unterschiedlich sind, auch im Nachtnetz wiederfinden. Zudem versuchen wir, die Anschlüsse zwischen unseren eigenen Buslinien und dem Regionalverkehr, ob Bus oder Schiene, deutlich besser zu gestalten. Direkter werden wir, weil wir viele Verbindungen neu schaffen. René Möller: Wir haben in den Stadtteilen auch ein bisschen aufgeräumt. Da schaue ich beispielsweise auf Sande. Dort ist eine neue Linie eingerichtet worden, die die Fahrgäste nicht nur in Richtung Schloß Neuhaus bringt, sondern auch in die Innenstadt. Ebenso im Bereich Lieth/Kaukenberg, wo die Linienverknüpfungen und Taktlagen angepasst wurden. Jetzt blicken alle auf den 24. März. Dann soll das Zukunftsnetz starten. Warum ist es wichtig für Paderborn? Eikenberg: In den vergangenen Jahrzehnten hat es immer wieder kleine Fahrplanänderungen gegeben. Aber eine umfassende und grundlegende Anpassung auch der Netzstruktur seit 1996 nicht. Andererseits hat sich die Stadt seitdem entwickelt, es gibt viele neue Orte, viel neue Wohnbebauung. Es gibt neue Zielpunkte, die die Menschen erreichen wollen. Die Uni hat sich massiv entwickelt. Um unser Netz fit zu machen, haben wir jetzt diesen großen Schritt gemacht. Dazu haben wir uns auch angeschaut, wo kommen die Leute her, wo wollen sie hin. Wir haben versucht, das bestmögliche Netz anbieten zu können. Seit 1996 sind fast 30 Jahre vergangen. Deshalb: Warum wird das Liniennetz erst 2024 umgestellt, warum nicht schon früher? Eikenberg: Das gesamte Netz ist eingebettet in das Integrierte Mobilitätskonzept der Stadt. Da macht es keinen Sinn, den ÖPNV alleine für sich zu betrachten. Das Mobilitätskonzept haben wir als Grundlage genommen, um das passende ÖPNV-Netz darauf zu legen. Und es war eigentlich geplant, im Oktober 2023 mit dem neuen Liniennetz zu starten. Aber aufgrund auch des Abrisses des Stadthauses und der damit einhergehenden Sperrung der Innenstadt wollten wir kein neues Netz schaffen, um dann mit einem großen Umleitungskonzept starten zu müssen. Deshalb haben wir die Einführung geschoben. Auch bewusst in die Osterferien, damit wir die Chance haben, noch außerhalb der Schulzeiten einmal nachzusteuern, falls es irgendwo ruckelt. So ein Vorhaben ist mit viel Aufwand verbunden. Wie viel Vorbereitung braucht es für eine Umstellung des kompletten Liniennetzes, wie viele Mitarbeiter sind damit beim Padersprinter beschäftigt gewesen? Möller: Wir haben mindestens vier Jahre vorher angefangen, in Teilen hat es auch vorher schon Planungen gegeben. Aber man muss wissen, dass es zwischendurch ja auch Fahrplanwechsel gegeben hat. Und auch das frisst eine Menge Manpower. Bis Oktober ist der erste Schritt fertig zur Umstellung gewesen, dann haben wir den Planungsprozess wieder geöffnet und geschaut, was wir noch anpassen können. Ende November ist dann der Hammer gefallen, weil der Planungsstopp mindestens drei Monate vor der Umstellung erfolgen muss. Denn dann kommen das Marketing, die Aushangfahrpläne. Und die Fahrplanhefte müssen fertig sein, die Fahrerinnen und Fahrer geschult werden. Viel Aufwand heißt auch, viele Kosten. Wie teuer ist die Umstellung, und wer bezahlt das? Und wird die Umstellung weitere Kosten in Zukunft verursachen? Eikenberg: Die Stadt Paderborn als Aufgabenträgerin bestellt beim Padersprinter eine Leistung für den ÖPNV. Und wenn wir den Leistungsumfang durch das Zukunftsnetz steigern, hat das selbstverständlich erhöhte Betriebskosten zur Folge. Die werden über die Stadt ausgeglichen, wenn die Einnahmen, auch durch zusätzliche Fahrgäste, nicht ausreichen. Das ist im Wirtschaftsplan für den Padersprinter für 2024 berücksichtigt. Die Kosten für die Umstellung wurden im Umweltausschuss im Jahr 2022, als die Entscheidung anstand, mit etwa 3 Millionen Euro zusätzlichem Betriebsaufwand benannt. Wir haben aber damals vermieden, die Einnahmenseite festzuzurren da durch Veränderungen, wie beispielsweise jetzt das Deutschlandticket das Mehrangebot nicht zugleich zu einer entsprechenden Mehreinnahme und damit zu einer entsprechenden Refinanzierung des Städtischen ÖPNV führt. Von daher ist das eine relativ schwierige Situation. Wir versprechen uns aber von der Umstellung deutliche Fahrgastzuwächse, die mit dem Deutschlandticket begonnen haben. Ausschließen können Sie Steigerungen der Ticketpreise aber nicht? Eikenberg: Ticketpreisanpassungen wird es auch in Zukunft geben. Das hat aber eher inflationsbedingte Gründe. Es gibt natürlich Steigerungen bei den Personalkosten, den Betriebskosten, den Treibstoffkosten, Stromkosten. Da versuchen wir, diese Kosten durch Tarifmaßnahmen abzufedern. Eine Kostensteigerung rein aufgrund der Umstellung auf das Zukunftsnetz gibt es nicht. Stellen wir die Kosten zurück. Herr Möller, Sie sagten jüngst: Jeder Bürger in Paderborn wird sich beim Zukunftsnetz einmal neu orientieren müssen. Dabei will der Padersprinter helfen. Was ist geplant? Möller: Wir haben drei Stufen: Zuerst eine Aufmerksamkeitskampagne, da wollen wir das Thema bei den Kundinnen und Kunden präsent machen. Danach sind wir mit Personal auf Märkten, am Westerntor und ähnlichen Punkten. Es wird aber auch Infopost für alle Haushalte in Paderborn geben, passend zum Ortsteil, in dem man wohnt. Social Media bestücken wir sowieso. Und in der dritten Stufe, wenn das Zukunftsnetz läuft, beantworten wir natürlich weiterhin aufkommende Fragen. Wir haben übrigens auch zwei Apps, die Kunden nutzen können: die Fahrplan-App und die Kompass-App, wobei Letztere sich an Blinde und seheingeschränkte Fahrgäste wendet. In beiden finden sich auch schon ab Ende Februar die neuen Abfahrtszeiten. Die Fahrplanhefte liegen ab dem 26. Februar in den Bussen und im Kundencenter aus. Fragen werden aber auch per Telefon oder E-Mail beantwortet. Eikenberg: Wir haben zudem eine Internetseite freischalten lassen: fahrplanwechsel24.de. Die Seite wird aktualisiert, und wir haben dort auch eine Rubrik, die wiederkehrende Fragen und Antworten berücksichtigt. Ein großes Thema ist die Pünktlichkeit bei hohem Verkehrsaufkommen und zugeparkten Straßen. Es geht um den Takt. Beim bundesweiten ÖPNV-Kundenbarometer 2023 hat der Padersprinter gerade bei Themen wie &bdquo;Taktfrequenz“, &bdquo;Pünktlichkeit“ und &bdquo;Linien- und Streckennetz“ weniger gut abgeschnitten. Wird das mit dem Zukunftsnetz besser? Möller: So ist der Plan! Wir schaffen es zurzeit nicht ausreichend mit den Fahrzeiten, pünktlich zu fahren. Pünktlich heißt, dass ich als Kunde eine Zeit im Fahrplanheft sehe und ich möchte, dass dann auch der Bus da ist. In den letzten Jahren hatten wir zunehmenden Verkehr, parkende Autos, zum Beispiel auf der Erzberger Straße oder in der Fürstenallee. Und deshalb haben wir jetzt mehr Fahrzeit, auch für die Pünktlichkeit, im Zukunftsnetz berücksichtigt. Aber wie ist das jetzt mit dem Takt? Betrifft die Reduzierung von 30 auf 15 Minuten nur einige Linien oder das gesamte neue Liniennetz? Möller: Alle Linien haben einen Halbstundentakt. Im Bereich der Innenstadt teilen sich die Linien die Straßen und da haben wir darauf geachtet, dass die Linien versetzt fahren. Damit haben wir den 15-Minuten-Takt auf bestimmten Strecken, wie wir es in Wewer, in Sande und Elsen schon länger haben. Und in Sennelager zum Beispiel wird es demnächst so sein. Im Umweltausschuss war die Linie 5 Thema, also von der &bdquo;Thuner Siedlung/Stadtheide“ von Mastbruch bis Stadtheide. Da ging es um den Eindruck, dass die Fahrt 10 Minuten länger dauern könnte, was morgens im Schülerverkehr schwierig wäre. Gibt es da ein Problem? Möller: Nein, wir haben Hauptlinien und Nebenlinien, hier die Linien 42 bis 48 mit Sonderhalten zu Schulzeiten. Und dadurch, dass wir die Thuner Siedlung mit der Linie 5 verknüpft haben, fahren Busse zunächst über den Bahnhof und dann hoch in Richtung Neuhäuser Tor. Und mit der 45 gibt es eine zusätzliche Linie, die von der Thuner Siedlung in Richtung Mastbruch fährt und alle Schulen im Innenstadtbereich mitversorgt. Dadurch entschärfen wir das in den Schulzeiten. Ein Problem bleibt aber der Fahrermangel, auch aufgrund von Erkrankungen oder den Eintritt in den Ruhestand. Die Folge: Der Sonderfahrplan gilt weiter. Wie ist hier der aktuelle Stand? Möller: Wir haben einen Subunternehmer, der eigene Fahrerinnen und Fahrer hat. Und über unser Marketing haben wir Fahrerinnen und Fahrer hinzugewonnen. Aber auch bei uns ist beispielsweise die Verrentung ein Thema. Und es entstehen immer neue Lücken, die wir füllen müssen. Deshalb läuft es weiter auf Hochtouren, dass wir regelmäßig Fahrerinnen und Fahrer einstellen. Momentan sieht es gut aus. Wir hoffen, dass die Grippewelle bald vorbei ist. Eikenberg: Aber es bleibt eine Daueraufgabe, weil es grundsätzlich einen Arbeitskräftemangel gibt. Es wird schwierig sein, die Lücke aufgrund des Renteneintritts vieler Kräfte zu schließen. Gerade bei Berufskraftfahrern ist das extrem. Deshalb schauen wir, wie wir uns verbessern können, um mehr Personal für uns zu begeistern. Ein Thema ist auch die Schichtzeit rund um die Uhr. Da sind wir auch mit Unterstützung vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen dabei, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Gibt es aktuell genug Fahrer auch mit Blick auf die Einführung des Zukunftsnetzes, können Sie eine Zahl nennen? Möller: Die Zielgröße ist, 180 Fahrerinnen und Fahrer zu bekommen. Und das beinhaltet auch das Zukunftsnetz? Möller: Ja. Apropos Fahrer: Zuletzt war der Padersprinter mit Vorwürfen einer Busfahrerin konfrontiert. Hierbei ging es um sexuelle Belästigungen und rassistische Beleidigungen, die Verletzung der Fürsorgepflicht. Wie ist der aktuelle Stand nach dem Gerichtsverfahren? Eikenberg: Der aktuelle Stand ist, dass die Kollegin schon seit letztem Jahr wieder im Fahrdienst bei uns tätig ist. Der betreffende Mitarbeiter führt eine andere Tätigkeit aus. Zudem haben wir Ende Oktober ein internes Projekt zum Thema &bdquo;Leitbild und Unternehmenskommunikation“ begonnen. Ziel ist es, dies bis Mai abzuschließen.

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