Paderborn. Angesichts des aktuellen Insolvenzverfahrens der St.-Vincenz-Kliniken beziehen jetzt die Paderborner Hebammen gemeinsam Stellung. Sie sorgen sich um die „Geburtenlandschaft“ im Kreis Paderborn.
Die Hebammen aller drei Einrichtungen hoffen, dass den Familien im Kreis Paderborn die verschiedenen Möglichkeiten der Geburtsbegleitung trotz Neustrukturierungsmaßnahmen im Insolvenzprozess erhalten bleiben und sie weiterhin die Wahl des Geburtsortes haben werden, wie es in einer Pressemitteilung heißt.
Durch die kommenden Veränderungen in unserem Gesundheitssystem werde die von Hebammen geleitete Schwangerschafts- und Geburtsbetreuung zwangsläufig immer wichtiger. In der Krise werde klar, dass der Kreis Paderborn durch die besondere Aufstellung der Häuser das Zeug zu einer Art Modellregion habe, so die Hebammen.
Die „Gebärlandschaft“ im Raum Paderborn sei mit drei geburtshilflichen Angeboten professionell und divers aufgestellt – dies sei ein echtes Alleinstellungsmerkmal im Vergleich mit anderen Kreisen. Dabei handelt es sich um die Frauen- und Kinderklinik St. Louise in Paderborn (36 Hebammen), das Josefs-Krankenhaus in Salzkotten (17 Hebammen) und das Geburtshaus Paderborn (13 Hebammen). Insgesamt leisteten 66 Hebammen freiberuflich Geburtshilfe im Kreisgebiet.
Bedeutung der Ausbildung
Auch für die Ausbildung der Studierenden der Angewandten Hebammenwissenschaft an der Hochschule Bielefeld (HSBI) sei der praktische Anteil der Ausbildung essenziell. Alle drei genannten Kliniken beteiligten sich an der praktischen Ausbildung und seien Kooperationspartner der HSBI. „Der Verlust dieser verschiedenen Einrichtungen – und sei es auch nur eine davon – wäre auch für die Qualität der Ausbildung der zukünftigen Hebammen äußerst gravierend“, fürchten die Hebammen.
Kürzlich habe es deshalb ein Treffen mit der Geschäftsführung der St.-Vincenz-Krankenhaus GmbH gegeben. Daran beteiligt waren die geschäftsführenden Hebammen des Geburtshauses Paderborn, Vertreterinnen der Partnerschaftsgesellschaft Hebammenteam Paderborn (Beleghebammen der St. Louise) und die Sprecherinnen des Beleghebammenteams des St.-Josefs-Krankenhauses. Sie hätten der Geschäftsführung Anfang November ihre Kooperation im Umwandlungsprozess angeboten.
In ihrer Stellungnahme gehen die Hebammen ausführlich auf das Belegsystem im St.-Josefs-Krankenhaus in Salzkotten und in St. Louise in Paderborn ein. Dadurch werde den werdenden Eltern „eine kontinuierliche, individuelle und vertrauensvolle Geburtsbegleitung angeboten“, da eine Dienst-Beleghebamme nicht mehr als zwei Frauen gleichzeitig bei der Geburt begleiten dürfe.
Ein bewährtes System
Das Hebammen-Belegsystem habe sich im St.-Josefs-Krankenhaus seit Jahrzehnten bewährt. Dort kommen den Angaben zufolge etwa 1.200 Kinder im Jahr zur Welt, etwa 25 Prozent davon seien Wassergeburten.
In St. Louise sei das Hebammen-Belegsystem im Januar 2023 eingeführt worden und werde seitdem sehr gut von den Schwangeren angenommen. Dort kämen jährlich rund 2.500 Kinder zur Welt. Durch die angeschlossene Kinderklinik sei die umfassende Betreuung auch von Früh- und Risikogeburten gewährleistet.
Seit 14 Jahren gibt es in Paderborn auch einen außerklinischen Geburtsort: das Geburtshaus Paderborn auf dem Gelände der Frauen- und Kinderklinik. Auch im Geburtshaus arbeiteten alle Hebammen freiberuflich. Allerdings sei bei der außerklinischen Betreuung in einer hebammengeleiteten Einrichtung die Eins-zu-eins-Begleitung Voraussetzung. Im Geburtshaus wurden den Angaben zufolge seit der Gründung im Oktober 2009 bereits 1.280 Kinder geboren – „eine Zahl, die zeigt, wie gut sich auch dieser Geburtsort in Paderborn etabliert hat“, so die Hebammen.
Beide Modelle, die Eins-zu-zwei-Betreuung der Dienstbeleghebammen im Krankenhaus und die Eins-zu-eins-Betreuung der Geburtshaushebammen, seien im Hebammenhilfe-Vertrag §134a SGB V zwischen den Hebammenverbänden und dem gemeinsamen Spitzenverband der Krankenkassen (GKV) geregelt.
Die Hebammen an allen drei Orten sind den Angaben zufolge nicht angestellt, sondern selbstständig tätig. Sie agieren demnach als Vertragspartnerinnen der St.-Vincenz Krankenhaus GmbH und im Fall des Geburtshauses Paderborn als Mieterinnen der Räume. So habe die Insolvenz der St.-Vincenz Kliniken auf die Qualität der geburtlichen Betreuung keinen Einfluss, betonen die Hebammen.