Traumatische Geburt: Paderbornerin leidet unter Flashbacks und Angst vor Arztbesuchen

Paderborn. Drei Tage hat die Geburt ihres Sohnes gedauert. Drei Tage, die die junge Mutter traumatisierten. Janina Seitz beschreibt ihre erste Geburt immer wieder mit den Worten: Machtlosigkeit, Hilflosigkeit, Starre, Schmerzen. Seitdem kämpft sie mit Panikattacken, Flashbacks und Angst vor Arztterminen. Die Paderbornerin hat ihren ersten Sohn mit 21 Jahren in der Paderborner Frauen- und Kinderklinik St. Louise geboren. Das war 2017. Sechs Jahre später wirkt das Erlebte immer noch nach. &bdquo;Direkt nach der Geburt habe ich nicht realisiert, was mir da passiert ist“, sagt sie heute. Sie habe ihre Erfahrungen verdrängt. Zwar habe sie gemerkt, dass Arztbesuche ihr große Angst machten, doch klare Begriffe habe sie dafür noch nicht gehabt. Ihr Mann, der bei der Geburt dabei war, sowie ihre Frauenärztin wussten von den Details der Geburt. Sie fühlte sich nur von ihnen verstanden. Sie hat sich Hilfe gesucht Richtig präsent wurden die Erfahrungen für Seitz bei ihrer zweiten und dritten Schwangerschaft. &bdquo;Alles kam wieder hoch und ich litt nach meinem zweiten und dritten Kind unter Wochenbettdepressionen“, erzählt sie. Ihr Mann habe sie dann ermutigt, sich Hilfe zu suchen. So kam der Kontakt zu Anne Planz, systemische Beraterin und Therapeutin, zustande. Planz begleitete sie drei Monate lang und arbeitete die traumatischen Erfahrungen bei der ersten Geburt mit Janina Seitz auf. Für ihr zweites und drittes Kind wählte Janina Seitz eine andere Klinik. Sie entschied sich für Wassergeburten im St. Josefs-Krankenhaus in Salzkotten. &bdquo;Dort erlebte ich zwei wunderschöne, selbstbestimmte Geburten. Ich wusste danach, dass es nicht an mir lag.“ Mittlerweile engagiert sich Seitz bei dem Paderborner Verein Schatten und Licht. Dort finden Frauen eine Anlaufstelle, die Krisen rund um die Geburt erlebten. Dazu gehören peripartale oder postpartale Depression, Wochenbettdepression, Angststörung, Zwangsstörung, Psychose oder Geburtstrauma. &bdquo;Ich will anderen Frauen helfen und Ansprechpartnerin sein“, sagt Seitz. Schmerzhafte Erinnerungen an die Geburt Diesen Teil ihrer Geschichte erzählt sie sehr klar, sehr strukturiert. Das ändert sich schlagartig, wenn Janina Seitz über die Details ihrer ersten Geburt spricht. Ihre Gestik verändert sich, rote Flecken breiten sich auf dem Gesicht aus. Tränen schießen ihr in die Augen. Seitz redet schneller und springt von einem Ereignis zum nächsten. Ein Gefühl von Hektik entsteht. Es fällt der Dreifach-Mama sichtlich schwer, sich an die Tage ihrer ersten Geburt zu erinnern. An die Schmerzen, die sie bei dem mehrfachen und doch wirklosen Stechen der Periduralanästhesie (PDA) erlebte, die sie eigentlich umgehen wollte. Sie spricht auch von Aussagen des Ärzte- und Hebammenteams, die sie als psychische Gewalt beschreibt. Alles habe nach einem Schichtwechsel begonnen, während der letzten Stunden der Geburt. &bdquo;Mir wurde gedroht, dass ich meinen Sohn umbringe, wenn ich mich nicht anders verhalte“, erinnert sich die 28-Jährige. &bdquo;Dann wurde mir gesagt, dass ich die Geburt nicht schaffen werde.“ Ärzte und Hebammen hätten laut Seitz genervte Blicke ausgetauscht. Sie habe den Eindruck gewonnen, dass das Personal &bdquo;angepisst von der langen Geburt“ war. Fühlte sich unter Druck gesetzt Sie habe sich unter Druck gesetzt gefühlt. Nicht bestärkt und ermutigt. Diese Emotionen treffen sie in einem Moment, in dem sie sich ausgeliefert fühlte. &bdquo;Ich lag da nackt und fühlte mich missbraucht. Und machtlos.“ An einem Punkt habe sie sich verteidigen wollen. Die medizinischen Maßnahmen betreffend, sagte sie: &bdquo;Denken Sie bitte daran, dass ich auch noch ein Leben nach dieser Geburt habe.“ Seitz zog sich Geburtsverletzungen zu, die anderthalb Stunden genäht werden mussten. Sie habe eine Vollnarkose gewünscht, sich dann aber zu einer Lokalanästhesie überreden lassen. Ihr Mann habe sie festhalten müssen. Seitz beschreibt mehrere Szenen der Geburt. &bdquo;Da war Vieles voller Gewalt für mich.“ Bedarf sei riesengroß Die Paderbornerin Anne Planz hat sich seit drei Jahren auf die Arbeit mit Müttern nach der Geburt spezialisiert. &bdquo;Der Bedarf ist riesengroß“, sagt sie. Viele Frauen mit traumatisch erlebten Geburten zeigen ähnliche Symptome, sagt Planz. &bdquo;Viele sprechen von Gefühlen der Machtlosigkeit. Sie sagen, bei der Geburt wurden Entscheidungen über ihren Kopf hinweg gefällt.“ Janina Seitz hatte viele Jahre große Angst davor, an der Paderborner Frauenklinik vorbeizugehen. Ein großer Schritt wird es daher für sie sein, am Samstag, 25. November, Teil des Roses Revolution Day zu sein. Am Tag gegen Gewalt an Frauen legen seit 2011 zur &bdquo;Roses Revolution“ Betroffene Rosen und Briefe an den Geburtsorten ab, an denen sie Gewalt erfahren haben. Auch in Paderborn. Anne Planz bietet in ihren Räumen ab 10 Uhr ein Zusammentreffen mit Austausch für Frauen an, die an dem Roses Revolution Day teilnehmen wollen. Es kann eine Karte geschrieben werden, die an die Rose gehängt wird. Wer mag, kann am gemeinsamen Gang zur Klinik teilnehmen, wo die Rosen abgelegt werden. Planz bittet Interessierte, sich unter kontakt@anneplanz.de anzumelden. Auch Janina Seitz wird dabei sein, um vor der Paderborner Frauenklinik ihre Rose abzulegen.

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