Zehnte Spielzeit für Kleine Bühne im Paderborner Deelenhaus

Paderborn. Zum Jubiläum etwas Besonderes? Jein – weil es ja gar nicht nötig ist. Die Macher der Kleinen Bühne im Deelenhaus präsentieren anlässlich ihrer zehnten Spielzeit wie selbstverständlich ein vielseitiges Geburtstagsprogramm mit all dem, was den Ort für Kunst auch sonst ausmacht. Zum Start wird allerdings an diesem Samstag, 23. September, das Deelenfest gefeiert. Als Dreispartenhaus hatten es die Programmmacher Uli Lettermann (56) und Gerhard E. Ortner (83) bei der Präsentation ihrer Bühne zu Beginn der Premiere-Spielzeit vor neun Jahren beschrieben. Mit Musikbühne, Hörbühne und Schaubühne. Doch diese Bezeichnung reicht aus Lettermanns Sicht gar nicht mehr aus. Während die von Ortner erwähnten Stagecasts, multimediale Inszenierungen mit Musik, alle drei Bühnen-Sparten vereinen, sei es mit Tanz und anderen Formaten ein Haus mit noch mehr Facetten. Beide freuen sich schon auf den dritten Besuch von Reinhold Beckmann. Zweimal war der vor allem als Moderator bekannt gewordene TV-Mann als Musiker an der Pader, im April liest er aus seinem Bestseller &bdquo;Aenne und ihre Brüder“ – die Geschichte seiner Mutter. Technische Perfektion ist das Ziel Der Schwerpunkt liegt jedoch bei der Musik, zugleich die Leidenschaft Lettermanns. Er ist – unter anderem durch den Saxofonfünfer Quintessence – ein über Paderborn hinaus bekannter Musiker. Zum Ausbau der tragenden Säule Musik noch beigetragen hat die Zusammenarbeit mit dem Jazzclub, der vor gut anderthalb Jahren aus der Kulturwerkstatt umgezogen ist und seine Konzerte ins Deelenhaus verlegt hat. &bdquo;Das war eine sehr glückliche Fügung“, sagt Lettermann. Er selbst sei aktiver Jazzer, Ortner passiver. Mit dem Umzug habe der Jazzclub seine Mitgliederzahl von 150 auf 250 steigern können. Die Bedingungen seien ideal und der Jazzclub habe mit seiner Mitglieder- und Vereinsstruktur Mittel, um tolle Künstler zu holen. Wie das Stammpublikum der Kleinen Bühne den Jazz für sich entdeckt habe, gelte dies genauso umgekehrt. Künstler und Technik müssen jedoch im Einklang sein. &bdquo;Wir streben technische Perfektion an, damit sich die Künstlerinnen und Künstler wohlfühlen“, sagt Lettermann. Mit der Höhe der Räumlichkeiten im Deelenhaus, viel Stein und Holz (unter anderem eine die Akustik unterstützende Hohlbühne) &bdquo;klingt es einfach phänomenal hier“. Beschränkungen gibt es nicht Ortner, der in allen Belangen der Kleinen Bühne als Gero Friedrich auftritt, ist der Mann fürs Wort und besonders Rezitationen. Im November gibt es mit ihm die Eigenproduktion &bdquo;Schach? Patt!“ – ein Dialog zwischen Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing. Es ist eine Kooperation mit den Lions, der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und der Freimaurerloge. Künstlerische Beschränkungen gibt es nicht. &bdquo;Wir machen alles, was uns interessiert“, sagt Lettermann, der seit gut drei Jahren alleiniger künstlerischer Leiter der Kleinen Bühne ist. Ortner ist allerdings noch immer als Berater aktiv und hat alles gewohnt kritisch im Blick. Geschäftsführerin ist seit drei Jahren Lettermanns Frau Petra. Zusammen sind sie für die Kleine Bühne zuständig, die sie wiederum von Ortner mieten. Dass sie ungewöhnliche Kunst präsentieren können, die im Einzelfall auch mal vor nur zehn Leuten gegeben wird, liegt an der überaus günstigen Pacht. Gehört das Deelenhaus, in dem neben der Kleinen Bühne das Kulturbüro OWL und der Das-Heft-Zeitschriftenverlag eingemietet sind, doch Gerhard E. Ortner und seiner Frau Renate. Qualitativ hochwertige und auch experimentelle Kunst wird dabei mitfinanziert durch Privatfeiern in den mietbaren Räumlichkeiten, durch die Geld in die Kasse kommt. Jagger ist ein schrecklicher Musiker Uli Lettermann nennt es ein &bdquo;einmaliges Haus der Kultur“, in das immer mehr Besucher auch von außerhalb kommen – für ihn zugleich eine Messlatte. Noch vor einem Jahr hatte er befürchtet, dass es nach dem Corona-Tief lange dauere, bis es wieder gut laufe. Dieser Punkt sei schon jetzt erreicht. &bdquo;Mittlerweile sind die Veranstaltungen alle gut gefüllt bis ausverkauft“, sagt er. Zur Kleinen Bühne gehören auch Konzerte, die von Studierenden des Studiengangs Populäre Musik und Medien organisiert werden. In der Reihe &bdquo;Pop Up Paderborn“ gastierten gleich in der ersten Spielzeit unter anderem AnnenMayKantereit, bevor sie richtig durchgestartet sind. &bdquo;Und das für eine dreistellige Gage“, so Lettermann, der für Musik an der Uni ebenso Dozent ist wie Ortner als Honorarprofessor im Bereich Philosophie. Echt enttäuscht waren die sich schon durch ihre Zusammenarbeit beim Festival Musica sacra (später Musica S.) kennenden Kulturmacher dagegen von Chris Jagger. Aussehen und Aura ähnelten zwar seinem Bruder und Rolling-Stones-Sänger Mick, aber er sei ein schrecklicher Musiker, sagt Lettermann. Da Jagger nicht aufhören wollte, habe er am Ende den Stecker ziehen müssen. Wenn es gehe, dann schaue er sich vorher alle Musiker live an. &bdquo;Ich will, dass hier Könner auf der Bühne stehen“, sagt der Kreativchef der Kleinen Bühne. Glückliche Menschen Die positiven Erinnerungen überwiegen bei Lettermann und Ortner jedoch eindeutig. &bdquo;Ich sehe eine ständige Aufwärtsentwicklung und eine Fortsetzung unserer musikalischen Partnerschaft“, sagt Ortner. Er könne sich ganz befreit der Kunst widmen. &bdquo;Das Beglückendste, was ich hier erlebe, ist, wenn es von den Menschen am Ende stehende Ovationen gibt“, betont Lettermann. Ohne die Kleine Bühne würde es diese glücklichen Menschen nicht geben. &bdquo;Für mich ist es ein herrliches Gefühl, dass es uns gelungen ist, diese Bühne zu einer Paderborner Institution zu machen und dass sie vom Publikum angenommen wird.“ Info Zum bereits ausverkauften Deelenfest, das ab 19.30 Uhr beginnt, steuert der Jazzclub Paderborn die Funky Friends bei, eine bereits hochdekorierte ganz junge Formation (Träger des deutschen Jazzpreises) mit pulsierendem und mitreißendem Swing. Gefeiert werden soll außerdem mit weiteren tragenden Säulen der Kleinen Bühne und mit Stamm- sowie Neugästen. Das Programm reicht von Jazz über südamerikanische Klänge (Abner Perez aus Ecuador und Henry de Souza aus Brasilien) bis zu Liedern und Texten von und mit Cornelia Schönwald.

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