Verwirrspiel um „Trudes Bude“ auf der Freilichtbühne in Schloß Neuhaus

Paderborn-Schloß Neuhaus. Sie sind sozialer Treffpunkt, Informationsquelle, letzte Einkaufschance, Halt und Heimat: die Büdchen im Viertel. Am Freitag startete die Freilichtbühne Schloß Neuhaus ihr Abendprogramm mit der Komödie &bdquo;Trudes Bude“ (von Bernd Kietzke). Das lauschige Sommerwetter passte so ganz und gar zu dem lauschigen Thema Nachbarschaft, das Chris Malassa als eigensinnige Hommage an die Schloß Neuhäuser in Szene gesetzt hat. Denn die kommen als Faktoten und Urgesteine der Menschheit drin vor und stehen doch symbolisch für einen Querschnitt einer romantisierten Nachbarschaft: der Trinker und Weltverdreher Einstein, die Klatschtante Ria Raatsch, der Kleinkriminelle Benni, die Prostituierte Lola und ihr zahmer Zuhälter Manni, die Aufsteigerin Jenny, die umtriebige Postbotin. Herzstück und Seele ist natürlich Trude (präsent: Alexandra Ecke), die täglich ihre Tore öffnet und die &bdquo;Manege“ zu handhaben versteht. Unterstützt wird sie von Enkelin Nele, deren Kompetenz, sie arbeitet in einer Anwaltskanzlei, des Späteren noch gebraucht werden soll. Ein Konflikt geht über alltäglichen Klatsch und Tratsch hinaus Denn kesse Sprüche, fröhliche Nachbarschaftsduelle, scheinbar aussichtslose Anbändeleien stehen zwar im Fokus, bedürfen aber eines Konflikts, der über den üblichen Klatsch und Tratsch hinausgeht. Und der trifft dann natürlich auch mitten ins Herz: Trudes Bude droht der Verkauf und Abriss. Das Bühnenbild ist bis ins Detail liebevoll erbaut und zusammengetragen. Zwischen Mülltonnen und abgeranzten Wohnblockfassaden, an denen blaue Lichtleisten die Illusion von Leben hinter geschlossenen Jalousien vermitteln: Trudes Kiosk. Hotspot und Epizentrum, geprägt vom Charakter der Menschen, die ein und aus gehen. Bester Kunde ist natürlich Einstein (Tobias Thomas), der zwar als Running Gag die Richtung nach Hause verwechselt, aber im richtigen Augenblick genau weiß, wem es gilt, den Sekt ins Gesicht zu sprühen. Denn wie es sich bei guter Nachbarschaft gehört, hält diese zusammen, wenn es drauf ankommt. Und Erna (Daniela Dohmann), die die ererbte Bude für ein besseres Leben einzutauschen gedenkt, sowie Immobilienhai Arnold Macher (Holger Weißbrod) wird das Leben zur Hölle gemacht. Mit spitzzüngiger Verachtung, raffinierter Gegenwehr und Sturschalten setzen sich die Neuhäuser zur Wehr. Die unterschiedliche Kompetenzverteilung dieser illustren Gesellschaft wird zu ihrer Stärke, sowie die ungeschriebene Tatsache, dass die Vergangenheit irgendwann auf jeden zurückfällt. Regisseur Malassa und sein Ensemble liefern heitere Fronten-Kriege in Form von Verbal-Attacken. Da erweist sich auch mal ein Kreuzworträtsel als alltagstaugliche &bdquo;Waffe“, um Übel-Tätern ihr unmoralisches Tun entgegenzuhalten. Wer kämpft auf wessen Seite? Großartig auch der knappe juristische Beitrag von Nele, weshalb an der Bude nun keiner von beiden mehr bedient wird. Dem schließt sich auch der Taxifahrer (Oliver Peters) an, der zwar in die richtige Richtung fährt, sich seine Fahrgäste aber aussucht. Lola (Renate Malassa) greift hingegen auf ihr ganz persönliches Erfahrungsspektrum zurück und erinnert sich plötzlich ... Ergänzt wird das Chaos durch ein Verwirrspiel, wer eigentlich auf wessen Seite kämpft. Schlagen sich die arrogante Jenny und der einfach gestrickte Benni plötzlich auf die &bdquo;falsche“ Seite? Eine Komödie, wie einer der Groschenromane, die es am Kiosk zu kaufen gibt – keiner liest sie, aber am Abend sind sie ausverkauft. Denn auch wenn Handlungen und Figuren mehr als einfach gestrickt sind, so sind sie doch herzerwärmend. Die Sprücheklopferei, die Schlag auf Schlag folgt, ist eben auch einfach wie einfach amüsant – zum Abschalten und Lachen. Schauspielerisch besonders hervorzuheben sind Alexander Becker als Kleinkrimineller Benni mit seinem natürlichen, unprätentiösen Spielstil. Für ständig frische Windzufuhr sorgt Anne Mischendahl als &bdquo;Raatsche“, die im Stück geradezu heiß läuft und den Macher anmacht: &bdquo;Sie wollen nichts Festes? Dann werden ihnen meine Oberschenkel gefallen.“ Richtig in Schwung kommt sie nochmals bei der Einweisung in die neue digitale Welt, die ihrem Mitteilungsbedürfnis grenzenlose Verbreitung garantiert. Dem gesamten Ensemble der Freilichtbühne gelingt ein temperamentvolles und wortgewaltiges Spektakel mit Happy End und einer Liebeserklärung an die Neuhäuser: &bdquo;Du kannst wen rausbekommen aus Neuhaus, aber den Neuhäuser kriegst Du aus keinem raus.“ Weitere Aufführungen 18., 19., 25., 26. August, 1.,2.,8.,9. September um jeweils 20 Uhr, 20. August um 18 Uhr. Tickets: www.fbsn.de/karten.

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