Insolvenz der Vincenz-Kliniken in Paderborn: Warum das Erzbistum außen vor ist

Paderborn. Vom Sitz des Erzbistums Paderborn am Domplatz bis zum St.-Vincenz-Krankenhaus braucht man zu Fuß nur zwei Minuten. Eine räumliche Nähe ist also durchaus vorhanden. Und darüber hinaus? Wie verzahnt sind die katholischen St.-Vincenz-Kliniken mit dem Erzbistum? Diese Frage stellt sich, nachdem das Vincenz Insolvenz angemeldet hat. Denn Kritiker bemängeln, dass sich die zum Krankenhaus gehörende GmbH eine notwendige finanzielle Entlastung nicht über kirchliche Unterstützung, sondern über die Agentur für Arbeit holt. Bis September erhalten die mehr als 3.000 Mitarbeitenden Insolvenzgeld statt Gehalt. Um 30 Millionen Euro geht es dabei. Warum ist das Erzbistum Paderborn bei den Vincenz-Aktivitäten außen vor? Alleiniger Gesellschafter der St.-Vincenz-Krankenhaus GmbH ist die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vincenz von Paul. 1901 haben die Vincentinerinnen das Krankenhaus in Paderborn eingeweiht. 14 Jahre später wurde die Gemeinschaft eine Genossenschaft päpstlichen Rechts. Damit ist sie eigenständig und unabhängig. "Es gibt keine strukturelle Beteiligung oder Einflussmöglichkeit seitens des Erzbistums Paderborn", sagt Pressesprecher Thomas Throenle. Bischof wie auch Erzbistum hätten keine Aufsichtsfunktion. Gleiches gelte im Übrigen für die Barmherzigen Brüder, die hinter dem Brüderkrankenhaus St. Josef stehen. Gibt es über die kreditgebende Bank für Caritas und Kirche eine Verbindung zwischen Erzbistum und St.-Vincenz-Kliniken? Ausschlaggebend dafür, dass die Vincenz-Kliniken jetzt den Insolvenzweg beschreiten, ist eine Entscheidung der Bank für Kirche und Caritas. Sie möchte nicht weiter einen Kredit geben. In die Bistumsstruktur ist die Genossenschaftsbank nicht integriert. "Das Erzbistum Paderborn ist einer von vielen Genossen, diese verfügen auf der Generalversammlung über jeweils eine Stimme", sagt Throenle. Das Erzbistum sei auch nicht Aufsichtsbehörde. Die Versammlung habe allerdings drei Personen, die für das Bistum arbeiten, in den Aufsichtsrat der Bank gewählt. Eine direkte Verbindung zwischen Erzbistum und dem Vincenz gibt es über die Bank daher nicht, eine gemeinsame Geschichte dagegen schon. Als die Bank 1972 noch unter dem Namen Darlehnskasse im Erzbistum Paderborn entstand, waren das Erzbistum und die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern zwei der insgesamt 34 Gründergenossen. Wie stark unterstützen die Vincentinerinnen den Klinikverbund finanziell? "Als Gesellschafter stehen wir tief in der Finanzierungsverantwortung des Krankenhauses", sagt Schwester M. Katharina Mock, die Generaloberin der Vincentinerinnen, auf "NW"-Nachfrage. Die finanzielle Beteiligung sei unter verschiedenen Aspekten zu sehen. Ein wesentlicher Anteil sei die Stammeinlage der Gesellschaft. Außerdem sind die Grundstücke, auf denen die Betriebsstätten St. Vincenz und St. Louise stehen, Eigentum der Ordensgemeinschaft. "Diese haben wir dem Krankenhaus zum sogenannten Nießbrauch unentgeltlich zur Verfügung gestellt", sagt die Generaloberin. Wegen der Bankkredite an die St.-Vincenz-Krankenhaus GmbH seien Grundschulden in den Grundbüchern der Genossenschaft eingetragen worden. "Bei einem Verlust dieser eingebrachten Güter entstünde unserer Ordensgemeinschaft ein zweistelliger Millionenschaden", so Schwester M. Katharina Mock. Welche Auswirkungen hat die Vincenz-Insolvenz auf die Ordensgemeinschaft? Als Gesellschafter haftet die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern mit der Stammeinlage, sie bürgt zudem für den Bankkredit. "Nach jetzigem Stand wird es auch nach der Insolvenz für uns als Trägerin weitere finanzielle Belastungen geben, deren Auswirkungen wir im Moment nicht abschätzen können", sagt die Generaloberin. Auf der persönlichen Ebene mache sich die Ordensgemeinschaft Gedanken um die Vincenz-Mitarbeitenden, für die die jetzige Situation mit vielen Fragen und Ängsten verbunden sei. "Unter den Ordensschwestern herrscht ebenfalls große Betroffenheit", sagt sie. "Als ich die Schwesterngemeinschaft über das Stellen des Insolvenzantrags informiert habe, sind viele Tränen geflossen." Welchen Einfluss haben die Vincentinerinnen auf den Klinikalltag? "Die Steuerung des täglichen Geschäfts liegt ausschließlich in den Händen der Geschäftsführung und der Generalbevollmächtigten", sagt Schwester M. Katharina Mock. Auf den Klinikalltag nehme die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern keinen Einfluss. Zu den zentralen Aufgaben gehörten hingegen: personelle Entscheidungen zur Besetzung von Aufsichtsrat und Geschäftsführung, wesentliche Entscheidungen zum Jahresabschluss sowie grundsätzliche Fragen der Zielrichtung und Struktur der Einrichtung. Teil der Geschäftsführung der St.-Vincenz-Krankenhaus GmbH ist Schwester Bernadette M. Putz, die dort für die Wertearbeit und die Gestaltung der Unternehmenskultur verantwortlich ist. In welchen Fällen leistet das Erzbistum Paderborn Unterstützung? Noch einmal zurück zum Erzbistum. Eine der sieben erzbischöflichen Stiftungen, die Stiftung St. Libori, hat als erklärtes Ziel: "Sicherung der Versorgung von Ordensleuten und Missionaren aus dem Erzbistum und Unterstützung von katholischen Einrichtungen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten". Was bedeutet das konkret? Sprecher Thomas Throenle sagt dazu: Die Stiftung versorge einzelne Ordensangehörige, sofern sie dem Erzbistum zugeordnet seien und ihren Unterhalt nicht anderweitig, etwa durch Übernahme in den kirchlichen Dienst, bestreiten können. "Ein solcher Fall ist bisher nicht aufgetreten, so dass die Stiftung noch keine Gelder ausgezahlt hat", so Throenle. Zudem fördere die Stiftung St. Libori ausschließlich soziale und karitative Projekte, es sei keine Betriebsmittelfinanzierung von sozialen und karitativen Einrichtungen vorgesehen.

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