Paderborner Tatortreiniger: Mit der Düse gegen den Dreck

Paderborn. &bdquo;Siehste, was da kommt?“ Florian Weskamp schaut abwechselnd seinen neuen Kollegen und dann die braune Brühe im Auffangbehälter des Waschsaugers an. Soeben hat er die Exkremente eines älteren Mannes aus dem Teppich im Flur eines Mehrfamilienhauses entfernt. Jetzt ist der Kollege dran. Weskamp übergibt ihm den Sauger und steigt mit der Aura eines siegreichen Ritters die Stufen zum Keller hinab. Dort plätschert die Kloake in den Bodenablauf. Im Hof zieht Weskamp den weißen Schutzanzug bis zum Hosenbund aus. Zum Vorschein kommt ein Surfer-Typ. Blonde Haare, sportliche Statur, einnehmendes Lächeln. Vor fünf Jahren haben sich der Berufsfeuerwehrmann und sein Freund Stefan Jacobs im Nebenerwerb mit ihrer Firma &bdquo;JWD Sonderreinigung“ selbstständig gemacht. Die Idee: Tatortreinigung. &bdquo;Uns war bewusst, dass die spektakulären Tötungsfälle oder Suizide eher selten vorkommen“, sagt er. Meistens rücken die Tatortreiniger zu Leichenfundorten aus, bei denen Menschen vereinsamt in ihrer Wohnung gestorben und verwest sind. Von diesem Kerngeschäft aus erweiterte sich das Angebot. Jetzt reinigen und desinfizieren sie alle denkbaren Szenarien. Vom Krätzmilbenbefall im Großunternehmen zum mit Tuberkulose-Bakterien verunreinigten Personenzug. Schweißperlen und gebückte Haltung &bdquo;Das hier ist keine schwierige Baustelle“, sagt Weskamp und deutet Richtung Hauseingang. Heute sind die beiden für einen mit Fäkalien beschmutzten Teppich ausgerückt. &bdquo;Florian“, schallt es aus dem Treppenhaus. Weskamp schlüpft wieder in seinen Schutzanzug und geht zurück ins Haus. Mathias Wegener ist der Neue. Er hat die Ausbildung zum Tatortreiniger vor drei Monaten abgeschlossen. Jetzt stehen ihm erste Schweißperlen auf der Stirn. In gebückter Haltung zieht er die Düse des Waschsaugers über den Teppich. Den Bereich vor der Wohnungstür hat er in den verschiedenen Saugrichtungen abgezogen und präsentiert Weskamp das Ergebnis. Der scannt die Fläche. &bdquo;Wir nehmen jetzt noch die kleine Düse“, sagt er. &bdquo;Da ist mehr Druck drauf.“ Er wechselt den Aufsatz des Teleskoprohrs und beginnt, die kleine Düse über den Teppich zu ziehen. Dann zeigt er auf das transparente Verdeck an der Düse. Von dort läuft jetzt eine tiefbraune Flüssigkeit über das Saugrohr in den Auffangbehälter. &bdquo;Das ist das, wo wir ranwollen“, sagt er triumphierend. Konzentriert zieht er noch ein paar Reihen ab und übergibt den Sauger dann wieder an Mathias. Zitronenduftspray gegen Gestank Eine Frau mittleren Alters, blondiertes Haar, steht in Pantoffeln im Flur des Erdgeschosses und beobachtet das Geschehen. &bdquo;Wir sind so froh, dass das jetzt gemacht wird“, sagt sie. Vor einer Woche hatte der Bewohner des ersten Stocks des Mehrfamilienhauses in Salzkotten es nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette geschafft. Die Treppenstufen, die in den ersten Stock führen, und der Bereich vor der Wohnungstür sind großflächig betroffen. &bdquo;Der Zustand war nicht zumutbar“, sagt die Frau. Im zweiten Stock wohnt ihre Tochter. Die musste ihrem Hund vor jedem Spaziergang Tüten über die Pfoten ziehen. &bdquo;Sie können sich ja vorstellen, wie das gestunken hat“, sagt sie. Heute, eine Woche nach dem Vorfall, ist die Geruchsbelästigung nicht mehr erwähnenswert. Für besonders schlimme Fälle hat Weskamp immer ein hoch dosiertes Zitronenduftspray dabei. &bdquo;Aber ich ziehe mir lieber den schlimmsten Leichengeruch rein als den Zitronenduft aus der Sprühflasche“, sagt er. &bdquo;Mein Körper reagiert mit extremem Ekel auf dieses Mittel.“ &bdquo;Ist halt eklig, aber macht Bock.“ Während Wegener nun die Treppenstufen reinigt, scrollt Weskamp durch sein Instagram-Profil. Bilder im Vorher-Nachher-Stil. &bdquo;Hier haben wir eine Messie-Wohnung gereinigt“, erzählt er. &bdquo;Da haben wir Taubenkot von einem Fachwerkhaus in der Paderborner Innenstadt entfernt.“ Er scrollt weiter. &bdquo;Und dort haben wir eine Besamungsstation mit Formaldehyd desinfiziert.“ Weskamp lacht sein perlweißes Lachen. &bdquo;Ist halt eklig, aber macht Bock.“ &bdquo;Florian“, tönt es wieder aus dem Treppenhaus. Mathias Wegener ist fertig. Weskamp geht ganz nah mit dem Gesicht ran. &bdquo;Das sieht gut aus.“ Auch Mathias Wegener ist mit dem Ergebnis zufrieden. Es sei körperlich anstrengend gewesen, aber insgesamt so, wie er sich seine Arbeit als Tatortreiniger vorgestellt habe. &bdquo;Es ist schon geil, was in der Düse ankommt.“ Als das Arbeitsgerät zerlegt, gereinigt und im Bulli verstaut ist, zeigt Weskamp den beiden Hausbewohnerinnen das Ergebnis. &bdquo;Es ist ganz wichtig, dass Sie in den nächsten Tagen immer im Wechsel stoßlüften und dann den Raum wieder warm werden lassen“, sagt er. &bdquo;Und gegen den Geruch habe ich noch das hier.“ Er wedelt mit der Zitronenduftgranate. &bdquo;Ein Sprühstoß reicht“, sagt er. Er zielt auf den Teppich. Es zischt kurz und kräftig. Weskamp verlässt zügig das Gebäude.

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