"Manche Eltern sieht man zwei Mal täglich": Feld für Sternenkinder wird umgestaltet

Paderborn. Es gibt für Eltern keine schlimmere Vorstellung, als das eigene Kind zu verlieren. Manche von ihnen werden Sternenkinder genannt. Der Begriff umfasst Kinder, die während der Schwangerschaft, bei oder nach der Geburt gestorben sind. Dabei ist besonders das Thema Fehlgeburt in der Gesellschaft tabuisiert. Man spricht von einer Fehlgeburt, wenn die Frau ihr ungeborenes Baby im Zeitraum vor der 24. Schwangerschaftswoche verliert oder solange es weniger als 500 Gramm wiegt. Das betrifft viele Frauen. Eine von sieben Schwangerschaften weltweit endet mit einer Fehlgeburt und eine von zehn Frauen hat mindestens eine Fehlgeburt erlitten. Das zeigte eine Studie, die 2021 im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlich wurde. Das Thema ist auch auf der politischen Agenda. Ende Mai veröffentlichte der NRW-Landesverband der Hebammen eine Stellungnahme, in der auch der Begriff "Fehlgeburt" problematisiert wird. Der Verband wünscht sich einen gesellschaftlichen Diskurs zu dem Thema und regt an, von Tot- anstatt von Fehlgeburten zu sprechen. Die Begründung: "Der Begriff Fehlgeburt suggeriert, dass Schwangerschaft, Kind und Geburtsvorgang falsch, fehlerhaft und beschädigt seien, was in der Regel nicht dem Empfinden der Eltern entspricht." Unstrittig ist, dass Sternenkind-Eltern große Trauer empfinden. Da das Thema jedoch tabuisiert ist, kann sich die Trauerarbeit schwierig gestalten. Welche Hilfen und Angebote bestehen in Paderborn? Die "NW" stellt drei Beispiele vor. Friedhof Der Hauptfriedhof "Auf dem Dören" bietet ein Feld für Sternenkinder, das von den St.-Vincenz-Kliniken betreut wird. Direkt daneben ist ein Feld für Kindergräber. "Manche Eltern sieht man hier zwei Mal täglich", weiß Friedhofsgärtner Stefan Wiese. Andere würden die Gräber kaum besuchen, vermutlich, weil es zu sehr schmerzt. Dieses Areal des Friedhofs wirkt besonders bedrückend. Spielzeuge und Fotos stehen auf den kleinen Grabstätten, sie zeugen vom Unvorstellbaren. Francesco Ecca pflegt das Grab seines Ehemanns unweit der Kindergräber. Er hatte eine Idee, die nun in die Tat umgesetzt wird: Das Areal der Sternenkinder und der Kindergräber wird neu gestaltet. "Denn der Anblick war für mich trist und schrecklich, da musste dringend was gemacht werden", so Ecca. Es wurde schon eine neue Hecke gepflanzt und eine Wildblumenwiese angelegt. Der Bereich auf dem Friedhof soll als eine Einheit gesehen werden und dann "Gärten der Kinder" heißen. Es ist auch geplant, eine Skulptur an aufzustellen. Zudem soll ein Spielelement für Geschwisterkinder auf dem Friedhof Platz finden. "Damit auch Geschwisterkinder einen Zugang zum Friedhof und einen Ort zum Trauern erhalten", erklärt Markus Kamin, Seelsorger der St.-Vincenz-Kliniken. Die Seelsorger der St.-Vincenz-Kliniken werden eingeschaltet, wenn Eltern ihr Kind verlieren. Sternenkind-Eltern haben bei der Bestattung eine Wahl, erklärt Kamin: "Sie können die Kinder selbst bestatten. Wenn sie das nicht wünschen, werden die Sternenkinder einmal im Quartal von den St.-Vincenz-Kliniken nach einem ökumenischen Gottesdienst auf dem Sternenkinder-Feld bestattet." Im ersten Quartal dieses Jahres gab es in Paderborn laut Markus Kamin 60 Sternenkinder. Doch die Umgestaltung der "Gärten der Kinder" kostet insgesamt 10.000 Euro, schätzt Kamin. Da die Stadt für Kosten in dieser Höhe nicht aufkommen könne, werden nun Spenden gesammelt. "Wir sind sehr froh über diese Eigeninitiative der Beteiligten und diese private Spendenaktion", sagt Jessica Schütte, Leiterin des Amtes für Umweltschutz und Grünflächen. Die Planung soll laut Markus Kamin bis zum Welttag der Sternenkinder am 15. Oktober abgeschlossen werden. Spenden können mit dem Stichwort &bdquo;Gärten der Kinder“ unter www.st-louise.de/spenden abgegeben werden. "Bauchwärts" Im Kompetenzzentrum für Frauengesundheit "Bauchwärts" wird ein besonderer Kurs für Sternenkind-Mamas angeboten. Es ist ein Rückbildungskurs, der durch eine Trauerbegleitung ergänzt wird. "Denn viele Frauen, die ein Kind verloren haben, können sich nicht vorstellen, einen Rückbildungskurs mit glücklichen, frischgebackenen Müttern zu absolvieren", erklärt Simone Schäfer. Sie arbeitet als Trauerbegleiterin bei "Bauchwärts". Der spezielle Kurs umfasst daher neben dem sportlichen Teil der Rückbildung - der auch von der Krankenkasse übernommen werden kann - auch die Trauerbegleitung. Doch bislang kam ein solcher Kurs noch nicht zustande. "Für die Rückbildung hatten wir leider nicht genug Teilnehmerinnen. Wir haben aber trotzdem eine Trauergruppe mit drei Frauen gestartet. Diese haben wir jetzt auch noch mal verlängert", berichtet Schäfer. Zudem sei es geplant, das Angebot ergänzt um die Rückbildung erneut auszuschreiben. "Ich denke, das ist ein sehr wichtiges Angebot und etwas Besonderes in Paderborn", unterstreicht Schäfer. Bei der Trauerbegleitung von Sternenkind-Mamas stünden viele Emotionen im Vordergrund. "Ärger, Wut, Schuldgefühle und Trauer müssen rausgelassen werden", so Schäfer. Zudem handele es sich ihrer Erfahrung nach um ein sehr spezielles Thema. Einerseits würden wenige Eltern über diese Erfahrung sprechen, andererseits seien viele betroffen. "Die Eltern betrauern ein Leben, das noch nicht richtig gelebt wurde", beschreibt Schäfer die Schwierigkeiten vieler Eltern. Kontakt zu Bauchwärts unter Tel. 0176 66847923 oder via E-Mail an hello@bauchwaerts-paderborn.de. Sozialdienst Trauerarbeit steht auch im Zentrum des Beratungsangebotes des Sozialdienstes katholischer Frauen (SKF). Mütter, Väter oder auch Paare können sich beim SKF begleiten lassen, wenn sie Fehl- oder Totgeburten hatten. "Aber auch Eltern von Kindern mit kurzer Lebenszeit bis zum beendeten dritten Lebensjahr finden beim SKF in Paderborn Beratung und Begleitung", berichtet Anke Beniers, Leiterin der Schwangerschaftsberatung beim SKF. Nachdem bereits von Januar bis März eine Trauergruppe vom SKF zu diesem Thema angeboten werden, soll bald eine weitere Trauergruppe ins Leben gerufen werden. Kontakt zum SKF bei Tot-, Fehlgeburt oder frühem Tod des Kindes unter Tel. 05251 12196-25 und -40 oder via E-Mail an ssb@skf-paderborn.de.

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